Bücher über Interreligiöse Spiritualität, Meditation und Universaler Sufismus Die Gathas - Weisheit der Sufis von Hazrat Inayat | Page 25
Sobald das Bewusstsein (mind) zu einem freien Empfänger wird,
strömt die Erkenntnis ungehindert ins Herz.
Eine gewisse Wahrheit ist in jedem Glaubensbekenntnis verborgen, ie oft von grösserem Wert ist, als es den Anschein hat. Etwas
glauben, ohne es zu verstehen, ist ein erster Schritt der Erkenntnis
entgegen, während das Zurückweisen eines dargebotenen Glaubens
einen Rückschritt bedeutet. Wenn jemand mit se inem Glauben
zufrieden ist, befindet er sich in einem angenehmen Seinszustand,
ideal ist es jedoch, den Glauben zu verstehen.
I. 3. Bräuche (1)
Von altersher gab es in verschiedenen Ländern viele Bräuche,
die eine psychologische Bedeutung haben, dennoch weiss kaum jemand etwas davon. Bräuche in der Art einander zu grüssen, nach
der gegenseitigen Gesundheit zu fragen, selbst Gewohnheiten wie
das Reden vom Wetter entspringen einem psychologischen Grund.
Dies zeigt, dass in früheren Zeiten das Leben der Menschen im
Osten wie im Westen mehr von Magie erfüllt war als heutzutage.
Infolge des überhandnehmenden materiellen Lebens und der Unkenntnis der jenseits des Materiellen liegenden Dinge hat die Welt
sozusagen jenen magischen Zauber verloren, der einst das Erbgut
der Menschheit war.
Neuerdings erst hat die Wissenschaft einige psychologische
Wahrheiten im menschlichen Leben entdeckt. Die Methode, der
die Wissenschaft bei der Ergründung dieser Wahrheiten folgt, ist
der des Mystikers entgegengesetzt. Der Forscher will den Berg vom
Tal aus besteigen. Der Mystiker versucht, auf dem Weg der Meditation den Gipfel zu erreichen und von dort her die ganze Schönheit
des Gebirges zu überblicken. Natürlich ist daher der Horizont vor
den Augen des Mystikers unvergleichlich viel weiter als der Horizont des Wissenschaftlers. Der Forscher vermag die Dinge, klar,
deutlich und in allen Einzelheiten zu sehen, während der Mystiker
eine allgemeine Vorstellung von den Dingen hat. Oft ist die Wahrnehmung des Mystikers vage verglichen mit der analytischen Untersuchung des Wissenschaftlers. Allein während der Mystiker die
Dinge durchschaut, kann der Wissenschaftler nur die Oberfläche
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