Bücher über Interreligiöse Spiritualität, Meditation und Universaler Sufismus Die Erleuchtung des Schattens - Leseprobe | Page 46
– Die Erleuchtung des Schattens –
nahm er an einem regnerischen Morgen die Lösung des Problems selbst
in die Hand.
Er zog Regenmantel und Gummistiefel an, ging zum
Werkzeugschuppen, holte eine Flachhacke und ging zu der Pfütze. Mit
Kraft und Einsatz fing er an, von der Pfütze aus einen Kanal in Richtung
der ein Stück entfernt liegenden Straße aufzuhacken. So machte er einige
Minuten lang weiter, während seine „getreuen“ Schüler (der Schreiber
eingeschlossen) durch das Fenster vom warmen Haus aus zuschauten.
Aber bevor Murshid mit dem Kanal drei Meter weit gekommen
war, versank die Hacke plötzlich in einem Erdhaufen und die
Wasserpfütze begann rasch und gründlich abzufließen. Er war auf eine
Erdhörnchenhöhle gestoßen, einen Hauptgang, wie es nach der Menge
des abfließenden Wassers schien. Nicht nur, dass Murshid intuitiv
genau das Richtige getan hatte (ob bewusst oder unbewusst, wer kann
das schon sagen?), sondern die Erdhörnchen, die monatelang unseren
Garten verwüstet hatten, waren auch verschwunden!
***
Im Sommer und Herbst des Jahres 1970 verbrachte ich wegen
einer schweren Nierenerkrankung sechs Monate in verschiedenen
Krankenhäusern. Am Tag nach Thanksgiving wurde ich aus dem
Moffitt-Hospital in San Francisco entlassen. Mein körperlicher Zustand
war zu der Zeit extrem schwach, deshalb ging ich, um meine Kraft
wieder aufzubauen, jeden Nachmittag eine Runde um den Block. Dies
war während der fünf Jahre, die wir im Garden of Inayat lebten.
An einem Spätsommernachmittag bemerkte ich auf meiner Runde
um den Block, dass Murshid und Rufus, der Hund von Hassan und
Jayanara hinter dem Garden of Inayat herumtollten und Luftsprünge
machten (auf dem Hügel, der mittlerweile von riesigen Bulldozern
abgetragen wurde, um Platz für die jetzige Autobahn zu schaffen).
Als ich genauer hinschaute, sah ich ganz klar nicht etwa einen alten
Murshid in seinen Siebzigern, sondern einen kleinen Jungen, der mit
seinem Lieblingshund herumtobte. Diese Wahrnehmung regte mich an,
meine eigenen Anstrengungen in Richtung Stärke und Gesundheit zu
vergrößern, denn bis zu diesem Moment hatte ich mich schon wie ein
alter Mann gefühlt. Dann setzte ich meinen Rundgang fort und ging
anschließend ins Haus, um auszuruhen.
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