BIG PICTURE digital 11/2015 | Page 13

Basierend auf wahren Ereignissen schickt Steven Spielberg seinen aufrechten Jedermann Tom Hanks in den Kalten Krieg. A merika in den Fünfzigern: Anwalt James Donovan (Paraderolle für Hanks) ist auf trockene Versicherungsfälle spezialisiert, die er seit vielen Jahren für seine grundsolide Kanzlei abwickelt. Entsprechend groß ist seine Verwunderung, als er aus heiterem Himmel gebeten wird, den russischen Spion Rudolf Abel zu vertreten, der kürzlich vom CIA dingfest gemacht wurde. Er als Strafverteidiger in einem Prozess, der landesweit Schlagzeilen machen wird? No way! Doch Donovan wird breitgeschlagen und ist zudem überzeugt davon, dass selbst ein feindlicher Agent Anrecht auf die bestmögliche Verteidigung hat. Mit seinem Gang bis vors Verfassungsgericht macht er sich im Land keine Freunde. Abel wird natürlich trotzdem verurteilt, aber Donovan kann ihm zumindest die Todesstrafe ersparen. Sein Engagement wird sich später für die Politik auszahlen: Als der US-Pilot Francis Gary Powers bei „Wir müssen bereden, worüber unsere Regierungen nicht reden können.“ Donovan einem Spionageflug über Russland abgeschossen wird und in Gefangenschaft gerät, soll Donovan nach Berlin reisen und einen Austausch der beiden Agenten verhandeln. Natürlich ohne offiziellen Auftrag der Regierung. In der winterlich kalten Metropole wird er frostig vom CIA empfangen. Der Anwalt ist mehr oder minder auf sich allein gestellt und irrt durch die verwirrenden Instanzen der Geheimdienste. Steven Spielberg hat über 40 Jahre Erfahrung im Filmbusiness und gilt (nach Einspielergebnis) bis heute als erfolgreichster Regisseur und Produzent. Seine Meisterschaft ist in „Bridge Of Spies“ deutlich zu spüren, wenn er über eine Laufzeit von knapp 2 1/2 Stunden die verschiedenen Fäden aus Spionagethriller, Nachkriegsdrama und Kalter-Krieg-Story zusammenführt, ohne seine Geschichte aus dem Blick zu verlieren. Hauptdarsteller Tom Hanks dient als großartige Identifikationsfigur, die wider Willen zum Spielball der Mächte wird, ohne ihren moralischen Kompass aus den Augen zu verlieren. Das ist Unterhaltungskino auf höchstem Niveau, das sich in seiner altmodischen Machart aber fragen muss, ob es sein Thema noch zeitgemäß präsentiert. In den Vierzigern hätte James Stewart diese Rolle nicht anders angelegt als Tom Hanks heute. [sr] Fazit: Spielberg lässt im Spionageduell am Ende Menschlichkeit triumphieren. Das ist ehrbar, aber oldschool OT: Bridge Of Spies, USA/D 2015 R: Steven Spielberg D: Tom Hanks, Amy Ryan, Mark Rylance, Scott Shepherd, Sebastian Koch Drehbuch: Matt Charman, Ethan Coen, Joel Coen L: 142 Minuten Verleih: Fox Ab 26. November 2015 im Kino Wertung ✪✪✪✪✪ big-picture-magazin.de 13