Armaturen Welt Mai 2025 | Page 39

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„ Mangelnde Dekarbonisierung gefährdet Wettbewerbsfähigkeit“

Energieintensive Industrien spielen eine entscheidende Rolle für die wirtschaftliche Stärke Deutschlands – aber auch für den Weg zur Netto-Null in der Bundesrepublik. Die anhaltenden hohen Energiepreise gefährden die Wettbewerbsfähigkeit der hiesigen Unternehmen – dennoch steht ohne eine Dekarbonisierung dieser Sektoren noch viel mehr auf dem Spiel. Der weltweit agierende Kreditversicherer Allianz Trade hat in einer aktuellen Studie Strategien zur Umgestaltung des Industriesektors in Europa analysiert. Dabei lag der Schwerpunkt auf den Sektoren Aluminium, Ammoniak, Stahl und Zement, in denen die Reduktion von Emissionen besonders herausfordernd ist, die aber für den grünen Wandel Europas von zentraler Bedeutung sind.
„ Es gibt kein ‚ Entweder- Oder‘: Die Dekarbonisierung und die globale Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie sind zwei Seiten derselben Medaille“, sagt Arne Holzhausen, Leiter Versicherung, Vermögen und ESG bei Allianz Research. „ Ein Fünftel der industriellen Wertschöpfung in Deutschland ist mittelfristig gefährdet – vor allem aufgrund der hohen Energiekosten. Und gleichzeitig ist die Dekarbonisierung dieser Branchen unerlässlich, um in Deutschland Klimaneutralität zu erreichen – und damit die Zukunft des hiesigen Wirtschaftsstandorts langfristig zu sichern.“
Ohne eine beschleunigte Ausweitung und Einführung innovativer klimaneutraler Technologien in energieintensiven Branchen ist es unmöglich, mittel- und langfristig wieder einen Wettbewerbsvorteil zu erlangen. Foto: Pixabay
Der größte Hebel Die Emissionsintensität der energieintensiven Industrien ist bemerkenswert hoch – sowohl bei den direkten als auch den indirekten Emissionen: Die direkten Emissionen im Jahr 2022 machen fast ein Fünftel( 19,7 %) der Emissionen des Wirtschaftssektors aus( 2010 waren es noch 18 %). Die indirekten Emissionen in den nachgelagerten Wertschöpfungsketten summieren sich auf fast die Hälfte( 49,8 %) der gesamten deutschen Wirtschaftsemissionen. Ohne eine beschleunigte Ausweitung und Einführung innovativer klimaneutraler Technologien in energieintensiven Branchen ist es unmöglich, klimaneutral zu werden und damit mittelund langfristig wieder einen Wettbewerbsvorteil zu erlangen.
Wandel nicht zum Nulltarif „ Der Übergang zu klimaneutralen Technologien ist anfänglich häufig mit höheren Kosten verbunden“, sagt Holzhausen. „ Langfristig führt es aber zu Kosteneinsparungen und Unternehmen können durch geringere Energiekosten und eine bessere Ressourcennutzung am Ende profitieren. Die notwendigen Investitionen jetzt zu verschieben, wäre zu kurz gedacht. Der Bumerang kommt irgendwann zurück. Zudem kann der Druck, Emissionen zu senken, auch ein Anreiz für Innovationen sein. Unternehmen, die heute in klimafreundliche Technologien investieren, haben langfristig eine bessere Positionierung – sowohl in bestehenden als auch in neuen Märkten. Deshalb sind Unternehmen und Politik jetzt gefragt.“ Allianz Trade ist Marktführer im Kreditversicherungsgeschäft und anerkannter Spezialist für Bürgschaften und Garantien, Inkasso sowie Schutz gegen Betrug oder politische Risiken. Allianz Trade verfügt über mehr als 100 Jahre Erfahrung und bietet seinen Kunden umfassende Finanzdienstleistungen an, um sie im Liquiditäts- und Forderungsmanagement zu unterstützen.
Das zweite verlorene Jahr für den Maschinenbau?
Die Lage des Maschinenbaus, eine der Schlüsselbranchen Deutschlands, ist durch sinkende Auftragseingänge und wachsende Unsicherheiten geprägt. „ Die Situation ist alarmierend: In den letzten 15 Jahren gab es keinen so starken und branchenübergreifenden Nachfragerückgang wie aktuell“, sagt Jens Stobbe, Manager Risk Services beim Kreditversicherer Atradius. Die Folge: Auch dieses Jahr wird kein Wachstum in der Branche erwartet. Bereits 2024 schrumpfte die deutsche Maschinenbauproduktion um 5,7 Prozent. Für 2025 wird ein weiterer Rückgang um 0,6 Prozent erwartet. „ Deutschlands wirtschaftliche Schwäche wird im globalen Vergleich deutlich. Weltweit wird für 2025 ein Wachstum von 3,6 Prozent erwartet“, erklärt Jens Stobbe. Die Erholung der Branche wird vor allem von den USA und der Region Asien-Pazifik getragen. Ausgebremst wird das globale Wachstum durch das erwartet schwache europäische Wachstum der Maschinenbauproduktion von 1,3 Prozent. Der Grund: Deutschland ist für mehr als 45 Prozent der Maschinenbauproduktion in der Eurozone verantwortlich. Im Unterschied zur Automobilindustrie beispielsweise verzeichnete die deutsche Maschinenbauindustrie im Jahr 2024 noch keinen drastischen Anstieg der Insolvenzen. Die Zunahme lag dennoch im niedrigen zweistelligen Prozentbereich. „ Wir erwarten dieses Jahr einen Anstieg der Insolvenzen, da die Maschinenbauindustrie stark von der Auftragslage aus der Automobil- und Baubranche abhängig ist“, erläutert Jens Stobbe. Angesichts der zahlreichen Ankündigungen von Werksschließungen fügt er hinzu: „ Jedes stillgelegte Werk braucht keine Maschinen mehr.“ Positive Einflüsse auf die deutschen Maschinenbauer könnten aus den Bereichen High-Tech, IT, Datacenter und Reinraumtechnik kommen – alles allerdings keine deutschen Vorzeigebranchen.
Armaturen Welt | Ausgabe 3 | Mai 2025 39