Armaturen Welt Mai 2025 | Page 16

Wasser & Abwasser

Interview mit dem GWP-Arbeitskreis Urbane Wasserresilienz „ Erheblicher Bedarf an aktiven Regelorganen“

Nur durch interdisziplinäre Zusammenarbeit von Stadtplanung, Wasserwirtschaft, IT und Katastrophenschutz lassen sich klimaresiliente, nachhaltige und wassersichere Städte realisieren, erklärt Angeli Büttner, Leiterin des GWP-Arbeitskreises Urbane Wasserresilienz und Geschäftsführerin von Klima. Connection, im Gespräch mit der „ Armaturen Welt“. Die Herausforderungen sind in der Tat groß. Digitale Lösungen werden laut Thorsten Schmitz, stellvertretender Leiter des GWP-Arbeitskreises Urbane Wasserresilienz und im Bereich Forschung und Entwicklung bei NIVUS GmbH tätig, „ eine entscheidende Rolle bei der Bewirtschaftung von multifunktionalen Systemen einnehmen“. Teil der Lösung sind auch Regelorgane, Messtechnik und Aktoren.
Erstellt mit ChatGPT / Quelle: German Water Partnership( GWP)
Bei German Water Partnership treffen sich Vertreterinnen und Vertreter von Unternehmen und der Wissenschaft und tauschen sich zu „ Urban Water Resilience“ aus. Was versteht man darunter? Angeli Büttner: German Water Partnership( GWP) unterstützt seine Mitglieder bei ihren geschäftlichen Aktivitäten im Ausland. Urbane Wasserresilienz ist im vergangenen Jahr zu einem zentralen Thema und damit auch der Aktivitäten des Verbandes geworden. Der Begriff an sich beschreibt die Anpassung urbaner Gebiete an die Herausforderungen des Klimawandels, des Bevölkerungswachstums und exogener Umweltveränderungen. Dabei geht es uns nicht nur um den Blick zurück, sondern vor allem um das Antizipieren von Veränderungen und vorbereitet zu sein. Wichtig bei der Betrachtung ist ein holistischer Ansatz nachhaltiger Lösungen unter gleichzeitiger Berücksichtigung ökologischer, sozialer und wirtschaftlicher Aspekte. Es reicht nicht mehr, in einzelnen Ressorts oder Silos zu denken, wenn wir wirkliche Nachhaltigkeit erreichen und Städte sowie Gemeinden an die Auswirkungen des Klimawandels anpassen wollen.
Die Ursachen für Extremereignisse wie Überflutungen und Dürren sind vielfältig: Die Wasseraufnahme- und Wasserhaltefähigkeit der Böden, der Grundwasserstand, Retentionsräume und globale klimatische Veränderungen spielen eine entscheidende Rolle. In den Städten führt dies zu Überhitzung, Wassermangel und damit zum Vegetationssterben – ein Teufelskreis, der dringend durch resiliente Maßnahmen durchbrochen werden muss. GWP setzt sich in dem neu gegründeten Arbeitskreis Urbane Wasserresilienz für innovative Konzepte und ganzheitliche Herangehensweisen ein. „ Sponge-Cities“ beispielsweise sind Städte, die sich durch großflächige Entsiegelung, Dach- und Fassadenbegrünung, Baumrigolen, Wasserparks und-gärten in Schwämme verwandeln, um Wasser besser zu speichern und natürliche Kühlungseffekte nutzen zu können. Auch die Wasserwiederverwendung( ReUse) spielt eine große Rolle. Die Technologien zur Nutzung von Grau- und Abwasser sind vorhanden – sie müssen nun durch politische Unterstützung und konkrete Projekte in die Gesellschaften gebracht und flächendeckend umgesetzt werden. Der dritte Schwerpunkt ist die interdisziplinäre Zusammenarbeit,
denn die Herausforderungen lassen sich nur durch das enge Zusammenwirken verschiedener Fachdisziplinen bewältigen – von Stadtplanung, Architektur und Hydrologie über Biologie und Gewässerkunde bis hin zu IT, KI und Katastrophenschutz. Als Netzwerk der deutschen Wasserwirtschaft mit rund 300 Mitgliedern aus Industrie, Betreibern und Wissenschaft bietet GWP einen tragfähigen Unterbau, um resiliente urbane Wassersysteme bekannt zu machen. Die Zeit zum Handeln ist jetzt – nur durch ganzheitliche Ansätze, technologische Innovation und interdisziplinäre Kooperation können wir nachhaltige Lösungen für die Städte der Zukunft schaffen.
Welche Art städtischer Wassersysteme werden verstärkt benötigt? Was soll sie auszeichnen? Angeli Büttner: Herkömmliche urbane Wassersysteme, die auf schnelle Ableitung von Regenwasser und Abwasser sowie Trinkwassergewinnung aus Grundwasser setzen, erfüllen angesichts von Klimawandel und Bevölkerungswachstum nicht mehr die Anforderungen an sichere und lebenswerte Räume. Stattdessen braucht es dezentrale, flexible und multifunktionale Lösungen, die Wasser als
wertvolle Ressource begreifen und effizient managen. Dafür müssen Synergieeffekte zwischen den verschiedenen Fachbereichen hergestellt werden. Abwasser kann als Energiequelle dienen, aufbereitetes Wasser zur Bewässerung der grünen Lungen der Städte. Nährstoffe aus Abwasser können landwirtschaftlich genutzt werden. Regenwasser muss stärker in die Stadtplanung integriert werden – durch blau-grüne Infrastruktur wie das Sponge-City-Konzept mit Entsiegelung, Begrünung und Wasserspeicherung. Naturbasierte Lösungen wie Wasserparks, Feuchtgebiete und begrünte Dächer verbessern das Mikroklima und reduzieren Hitzeinseln. Digitale Technologien ermöglichen eine intelligente Steuerung der Wassersysteme und erhöhen die Resilienz durch vorausschauende Wartung und Cybersecurity. Die Flächen sind begrenzt, entscheidend ist die Multifunktionalität: Infrastrukturen müssen mehrere Zwecke erfüllen, etwa Regenwasserspeicherung und Hochwasserschutz kombinieren. Nur durch interdisziplinäre Zusammenarbeit von Stadtplanung, Wasserwirtschaft, IT und Katastrophenschutz lassen sich klimaresiliente, nachhaltige und wassersichere Städte realisieren.
16 Armaturen Welt | Ausgabe 3 | Mai 2025