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PANDEMIEN // LEOPOLDINA / THEMA IM FOKUS 7
mie bestimmte Verhaltensregeln . Bei einem über die Atemwege verbreiteten Erreger sollen die Menschen Abstand halten . Zum Teil werden deshalb Veranstaltungen abgesagt und Einrichtungen wie Kitas und Schulen geschlossen . Damit soll die Dynamik der Pandemie abgeschwächt werden . Denn gegen ein neues Virus gibt es meist noch keine spezifischen Medikamente oder Impfstoffe .
Audio Helga Rübsamen-Schaeff über
die unterschiedliche Bedeutung von Tests
die Erforschung des HI-Virus
die Entwicklung von Impfstoffen
Herausforderungen bei der Entwicklung
das HI-Virus und Impfstoffe
Medikamente gegen COVID-19
Impfungen sind die wichtigsten Maßnahmen , um sich vor einer ansteckenden Krankheit zu schützen . Sie wirken auf zwei Ebenen : Da sie die weitere Verbreitung der Erreger verringern , schützen sie einerseits die geimpfte Person ( Individualschutz ) und andererseits die gesamte Gesellschaft ( Gemeinschaftsoder Herdenschutz ). Infektionskrankheiten wie Masern , Diphtherie und Poliomyelitis ( Kinderlähmung ) waren vor Jahrzehnten noch weit verbreitet , konnten aber durch Impfprogramme eingedämmt werden . Die Pocken wurden durch weltweite Impfprogramme über Jahre erfolgreich bekämpft . Seit 1979 gilt die Krankheit laut WHO als ausgerottet .
Lange Entwicklungszeit , hohe Kosten
Die Aufgabe der Forschung ist es , bei einer Verbreitung eines neuen Erregers möglichst schnell einen Impfstoff zu entwickeln . Die klinische Entwicklung bis zur Zulassung eines Impfstoffs kann bis zu 15 Jahre dauern und Milliarden Euro kosten . Deshalb erfolgen Forschung und Entwicklung sowohl in öffentlich geförderten Institutionen als auch durch die pharmazeutische Industrie . Im Rahmen der klinischen Entwicklung muss ein Kandidat drei zeit- und kostenintensive Phasen durchlaufen .
Nach der Entwicklungszeit im Labor werden in der ersten klinischen Phase zunächst nur wenige Menschen getestet . Es geht dabei vor allem darum zu untersuchen , ob der Impfstoff frei von schädlichen Nebenwirkungen ist . An Phase zwei sind bereits bis zu tausend Testpersonen beteiligt . Hier werden zusätzlich die erforderliche Dosis und die Schutzwirkung getestet . In der dritten Phase werden konkrete Impfschemata überprüft und untersucht , ob es unterschiedliche Wirkungen zwischen verschiedenen Altersgruppen oder zwischen Männern und Frauen gibt .
Bei Masern oder Influenza werden Lebend- oder Totimpfstoffe eingesetzt . Dabei wird das Virus in abgeschwächter oder toter Form gespritzt . Diese Stoffe trainieren das Immunsystem gegen die Erreger , damit es sie erfolgreich abwehren kann . Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler arbeiten inzwischen auch an neuen Impfstofftypen , die auf unterschiedliche Weise das Immunsystem aktivieren , damit es die Erreger bekämpft .
Nicht immer gelingt es , einen Impfstoff zu entwickeln . Gegen die Malaria- Erreger und HIV gibt es zum Beispiel keine Impfungen , obwohl Wissenschaft und Industrie weltweit intensiv danach gesucht und sehr viel Geld investiert haben . In einigen Fällen können Erkrankungen auch ohne Impfstoff recht gut kontrolliert werden . Gegen Malaria gibt es vorbeugende Medikamente . Auch gegen HIV gibt es heute verschiedene Medikamente , mit deren Hilfe Infizierte lange leben können . Einige dieser Medikamente werden auch zum Schutz vor Ansteckung eingesetzt .
Impfstoffe oder Medikamente , die in Deutschland verabreicht werden sollen , brauchen eine nationale Zulassung oder eine Zulassung der Europäischen Kommission . Erst dann steht ein Arzneimittel , eine Impfung der gesamten Bevölkerung zur Verfügung . In Deutschland ist das Paul-Ehrlich-Institut ( PEI ) für die Zulassung von biologischen Medikamenten und Impfstoffen verantwortlich .
Helga Rübsamen-Schaeff
Die Chemikerin und Biochemikerin ist Expertin für Infektionskrankheiten . In der Vergangenheit sowohl in der unternehmerischen als auch akademischen Forschung tätig , gilt Rübsamen- Schaeffs Interesse antiviralen Medikamenten gegen Herpes , Cytomegalievirus , HIV und Hepatitis B , sowie neuen Antibiotika gegen multiresistente Krankenhauskeime . Seit 2008 ist sie Mitglied der Leopoldina .
Foto : privat
Es überwacht deren Qualität , Wirksamkeit und Sicherheit . Am PEI gibt es auch ein WHO-Kooperationszentrum für die Standardisierung und Bewertung von Impfstoffen . Europäische Zulassungen koordiniert die Europäische Arzneimittelagentur ( EMA ).