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Törn von Nürnberg bis Aschaffenburg Es ist wissenschaftlich bewiesen, dass das «Rotkäppchen» in Lohr gelebt hat. Auch das Wirtshaus im Spessart ist nicht weit entfernt, und zum Hafen des Sportbootclub Lohr sind es nur wenige Schritte. Schweinfurt wieder länger. Immer grössere Rebberge begleiten unsere Fahrt. Wir lassen die bayrische Biergegend – in Bamberg gab’s das spezielle Rauchbier – hinter uns, vor uns liegt nun die fränkischen Weingegend. Rindshuft-Plätzli mit Gemüserisotto, welche die Bordküche heute Abend auf den Tisch zaubert, begleitet deshalb ein Volkacher-Dornfelder aus dem Bocksbeutel. In Schweinfurt besuchen wir am nächsten Morgen das Museum Georg Schäfer, welches die grösste Sammlung Spitzwegbilder besitzt, und fahren dann über 20 km und drei Schleusen nach Obereisenheim. Der idyllische, kleine Hafen ist mit dem Dorf durch eine motorisierte Seilfähre, welche einem jederzeit übersetzt, verbunden. Fränkischer Wein Am Samstag, 20. Juni wollen wir hier, im Zentrum des fränkischen Weines, die Rebberglandschaft auf einer Wanderung aus der Nähe kennenlernen. Bei schönstem Sonnenschein – im Radio hören wir immer wieder, dass es in der Schweiz in diesem Juni viel regnet – fahren wir mit dem Bus nach Escherndorf und wandern über Nordheim zur Hallburg. Dort ist im schattigen Burggarten ein Glas Riesling fällig, bevor es nach Volkach weitergeht. Soweit das Auge reicht sehen wir Rebberge. Städtchen und Dörfer machen einen wohlhabenden Eindruck. Offenbar ist der Weinbau ein gutes Geschäft. Nach einem kleinen Lunch und einem Viertele «VolkacherKirchberg» und einem Abstecher zur Kirche Maria im Weinberg, wo eine wunderschöne Madonna von Tilman Riemenschneider zu bewundern ist, führt uns der Rückweg wiederum durch Rebberge über die Vogelsburg zurück nach Escherndorf. Das wohlverdiente Nachtessen geniessen wir dann auf der Terrasse des Hotels Schiff in Obereisenheim, von wo uns die Fähre zum Hafen zurückbringt. Die folgende Etappe führt uns über 42 km und drei Schleusen nach Ochsenfurt. Da wir uns per Telefon bei den Schleusen anmelden, können wir in alle drei Schleusen ohne Wartezeit einfahren, und werden jeweils in 10 bis 15 Minuten hinuntergeschleust. Weil der Main hier zudem spürbare Strömung aufweist, erreichen wir Ochsenfurt bereits am frühen Nachmittag. Im malerischen Städtchen herrscht Sonntagsmarkt-Gedränge. Wir fühlen uns im gastfreundlichen Hafen so wohl, dass wir beschliessen, zwei Tage hier liegen zu bleiben. Von hier aus können wir Würzburg, das keinen gescheiten Hafen in Stadtnähe anbietet, per Bahn besuchen. Am Montag spannen wir aus und machen lediglich eine kleine Rebbergwanderung über das Weinstädtchen Frickenhausen nach Marktbreit, der Geburtsstadt des Hirnpathologen Alzheimer. Zum Nachtessen gibt’s – Freude herrscht – Spaghetti aus Sylvias Bordküche, begleitet von einem hiesigen Bocksbeutelwein. Während dem Nachtessen setzt ein sanfter Regen ein, dem wir in unserem warmen Häuschen andächtig lauschen. Der Dienstag, 23. Juni ist kühl und bedeckt, aber es bleibt den ganzen Tag trocken. Wir fahren mit der Bahn in 20 Minuten nach Würzburg, wo unser erster Besuch der Fürstbischöflichen Residenz gilt. Wir erleben eine interessante Führung. Das Schloss wurde vom genialen Barockbaumeister Balthasar Neumann gebaut. Das monumentale Treppenhaus wird von einer riesigen stützenfreien, 600 m2 (!) gros- sen Decke überwölbt, und wurde von Tiepolo mit Fresken, welche die damals bekannten vier Erdteile darstellen, ausgemalt. Bei der Bombardierung Würzburgs blieb wie durch ein Wunder genau dieser zentrale und wertvollste Teil der Residenz von der Zerstörung verschont. Nach einem gediegenen Lunch im Restaurant Stachel – es sei das älteste original erhaltene Lokal in Würzburg, ein Geheimtipp – steigen wir noch zur Festung Marienberg hinauf, von wo wir einen umfas- Am Fuss der Festung Marienberg befindet sich die Schleuse Würzburg. Gegenüber liegt die Stadt senden Blick auf die Stadt geniessen und uns im Museum die Sammlung von Riemenschneider-Skulpturen ansehen. Zurück in Ochsenfurt sinken wir nach einem einfachen Nachtessen bald todmüde in die Kojen. Am nächsten Tag nehmen wir’s gemütlich. Am Morgen absolviert Ernst eine Fototour durch das gut erhaltene Städtchen Ochsenfurt. Es präsentiert sich mit schönen Riegelhäusern, mit zahlreichen guten Geschäften, und weist eine rundum erhaltene Stadtmauer auf. Nach Lunch, Kaffee und Ausruhen fahren wir 9 km mainabwärts durch eine Schleuse nach Eibelstadt, wo wir den sonnigen Nachmittag in der schönen Marina Lewandowski verbummeln und abends im hafeneigenen Restaurant «Piccolo Mondo» ein feines, original italienisches Nachtessen geniessen. Bis Wertheim sind anderntags 41 km und drei Schleusen zurückzulegen. 9