Historische Schiffe – Der interessante Lebenslauf eines Motor-Fahrgastbootes
wurde professionelle Hilfe nötig.
Kollege Beat Kaufmann und seine
Jungs brachten Ihre Hydraulikpressen, Kompressoren, Schweissgeräte,
Plasmaschneider, Nadelhammer und
noch Diverses mehr, und schon bald
hämmerte, kreischte, lärmte und roch
es gewaltig. Ich hatte meine helle
Freude. Die Nachbarn und meine
Katzen auch! Aber was sein muss,
muss sein. Trotzdem war ich selber
auch froh, als die Jungs nach sechs
Wochen ihre Zelte abbrachen. Und
wie froh! Neues Metall fünf Millimeter dick glänzte an vielen Stellen. Ein
neues Stevenrohr mit neuer Schraubenwelle, ein neues Schott sowie ein
18 cm Bugstrahlrohr beschleunigten
meinen Puls. In Gedanken stand ich
bereits am Ruder und dirigierte die
Propellerumdrehungen. Aber es war
noch ein weiter Weg bis dahin. Mein
Part als Werftarbeiter begann wieder
von neuem. Das 200 Kilo schwere
Blech auf dem Achterdeck musste
noch weg um die Rumpf-Deck Verbindung zu erneuern. Bleibarren und
Teer mussten als neuer Ballast eingefüllt werden. Scheuerleisten, Reling,
Ankerwinde und Klüse waren die folgenden Metallarbeiten. Fenster wurden eingepasst, Installationen eingebaut, Technik, Mechanik und
Elektrik neu aufgebaut oder revidiert.
Die Holzarbeiten folgten: Böden
wurden gelegt, Wände gestellt, der
Innenausbau begonnen. Im Vorschiff,
welches früher offen war, konstruierte ich eine neue Kabine, das zukünftige Schlafzimmer. Der Motor,
welcher angehoben wurde um besseren Zugang zur Schale zu bekommen, musste wieder ausgerichtet und
befestigt werden. Danach folgte der
Aufbau des Motorenraumes inklusive
Schalldämmung. Die Küche wurde
eingebaut, das Bett im Vorschiff über
dem Brennstofftank konstruiert. Und
dann immer wieder diese Malerarbeiten! Unterwasser, Überwasser, Innen,
Aussen, putzen, schleifen, spachteln,
kleben, wieder schleifen, wieder
malen, trocknen lassen, malen etc.
etc. Was hier so schnell in einigen
Sätzen und Worten zusammengefasst
ist, dauerte insgesamt über zwei
Jahre. Wie jeder Held des Alltags,
hatte auch ich selbstverständlich
noch andere Verpflichtungen. Mein
Lottogewinn hat sich jedenfalls zum
x-ten male auf später verschoben und
65 bin ich auch noch nicht. Aber mit
jeder Farbschicht näherte sich langsam aber stetig das grosse Ziel. Als
der Motor endlich probeweise nach
mittlerweile drei Jahren wieder die
ersten Arbeitstakte von sich gab, jubelte mein Herz. Ich konnte endlich
den Telefonhörer in die Hand nehmen und die Stiftra anrufen. Am
20. Juli 2009 sollte endlich der ersehnte Tag sein. Der grosse Tag der
Wasserung! Bis dahin kam aber noch
der Endspurt. Vier Schichten Antifouling mussten noch aufgetragen,
die Elektrik und Maschine gecheckt
werden. Es durfte nichts schief
gehen. Alles musste funktionieren.
Alles! Und: Die Werfthalle welche
nun drei Jahre lang mein erweitertes
Zuhause war, musste abgebrochen
werden. Spätestens jetzt jubelten
auch meine Nachbarn mit. An dieser
Stelle sei nochmals ganz herzlich
allen Personen in meinem Umfeld für
ihr Verständnis gedankt! Endlich war
es soweit. Der rote Kran kam um die
Ecke gefahren und platzierte sich.
Der Tieflader folgte wenig später. In
zwei Stunden hatten wir die «San
Martino» aus dem Haus gezirkelt.
Wie die Messingbuchstaben im Sonnenlicht funkeln, ja das ganze Schiff
vor frischer Farbe glänzt. Eine Augenweide! Ich war schon lange nicht
mehr so nervös, und gleichzeitig so
stolz. Wenn alles gut geht, sollte ich
heute Abend der stolzeste Mensch
auf dem Zürichsee sein, wenn es
nicht gut gehen sollte…, daran
konnte ich nicht denken. Nun es ging
gut. Einige kleinere Kinderkrankheiten zwar, aber das ist schliesslich normal. Ich bin tatsächlich der stolzeste
Mensch auf dem Zürichsee, zumindest jetzt noch. Allerdings nicht mehr
lange! Wenn alles gut geht, und ich
hoffe das wird es erneut, wenn ich
also meinen nächsten Plan in Angriff
nehme und das habe ich fest vor, in
zwei Jahren, dann werde ich mich auf
jeden Besuch eines Schleusenschiffer-Kollegen freuen, irgendwo zwi