+3 Magazin Oktober 2020 | Page 4

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WIR FRAGEN :

WIE GELINGT DIE DIGITALE TRANSFORMATION ?

Neonfarbene animierte Gitternetzlandschaften verbreiten nicht umsonst 1980er-Charme : Der Look wurde für den Film „ Tron “ aus dem Jahr 1982 erfunden . Quelle : Wikipedia
© iStock ./ Дмитрий Ларичев
Stefan Tewes , Professor für digitale Transformation und Innovation , FOM Hochschule für Oekonomie und Management
Systemische Hebel
Der Erfolg der digitalen Transformation ist abhängig von drei Hebeln – Schlüsselfaktoren , welche auf das ganze Geschäftsmodell eines Unternehmens wirken und dieses verändern . Der wirksamste Schlüsselfaktor ist der Antriebshebel . Dieser ist gekennzeichnet durch den Unternehmenszweck ( Wofür müssen wir transformieren ?) und die Veränderungsbewegungen außerhalb des Unternehmens ( Was aktiviert den Wandel ?), beispielsweise Megatrends , technologische Enabler oder gesellschaftlicher Wandel . Aus dem Antrieb müssen die Potenzialhebel identifiziert werden . Diese sind menschenzentriert
– denn Transformation wird immer vom Menschen initiiert und durchgeführt . Dabei müssen die Bedürfnisse der Kunden sowie die vorhandenen Ressourcen und Fähigkeiten des Unternehmens und seiner externen Partner erkannt und miteinander verbunden werden . Anschließend gilt es , den Werthebel ganzheitlich zu nutzen . Ein reiner Fokus auf den Produktverkauf ist heutzutage nicht mehr ausreichend . Vielmehr muss eine Angebotskombination aus Produkt , Dienstleistung und Information kreiert werden , um die Kundenbedürfnisse zu befriedigen . Diese Angebote müssen auf den zuvor bestimmten Elementen des Antriebs- und des Potenzialhebels basieren , um wirklich umsetzbar zu sein . Zuletzt gilt es , die Angebote durch eine konsistente Botschaft und mittels der dazu passenden digitalen Kanäle zu kommunizieren . Das Ziel ist eine dialogorientierte Bindung der Menschen an das Unternehmen .
Jens Bukowski , Leser
Im Tandem lernen
Wenn man über die digitale Transformation nachdenkt , wird es unweigerlich auch diese zwei Gedanken geben : Die Definition wird sich nicht durch die Worterklärung des Dudens erschließen , sondern erst durch den gemeinsamen Gebrauch des Begriffes entstehen und sich dann danach verfestigen . Und : Der Begriff ist absichtlich neu und „ unverbraucht “ und verschreckt deswegen rund 50 Prozent der Bevölkerung – vielleicht die obere Hälfte der Alterspyramide . Sie sind verstört , weil es Kraft kostet , einen neuen Begriff zu lernen beziehungsweise ihn sich anzueignen . Digitale Transformation meint
meines Erachtens den unablässigen , stufenlosen und immerwährenden Umbau von Face-to-Face-Beziehungen und mechanischen Maschinen in Beziehungen und Maschinen , die auf IT beruhen , also mit Software arbeiten . Zwischen den beiden menschlichen Köpfen beim Face-to-Face schiebt sich die IT dazwischen . In der Herstellung passiert das gleiche : Zwischen dem Input-Material und dem Output steckt eine große Portion IT . Wie oben gesagt , verstehen es 50 Prozent der Menschen ohne Weiteres , die neue Welt als normal zu betrachten . Aber den anderen 50 Prozent ist es erstmal versperrt , in einer digitalen Transformation Vorteile zu sehen . Mein Vorschlag ist : Jedes Mitglied der einen Hälfte bekommt einen „ Buddy “ aus der anderen Hälfte . Im Endeffekt wünsche ich mir also Lernpaare , Tandems , die sehr individuell die Aufgaben der digitalen Transformation gemeinsam angehen .