+3 Magazin Oktober 2020 | Page 5

Susanne Nickel , Keynote-Speakerin und Management-Beraterin
Chefsache Kreativität
Die digitale Transformation beginnt mit Menschen , die neue , innovative Ideen einbringen . Genau das ist Chefsache , das Team zu ermutigen und zu inspirieren , kreativ zu sein . Das geht nur , wenn Vertrauen in die Mitarbeiter besteht , Diskurs erlaubt ist und Ideen auch scheitern dürfen . So geht Führung heute : Die eine Hand steuert das Kerngeschäft , die andere die Innovationskraft . Das nennt die Fachwelt Ambidextrie – beidhändiges Führen . Führungskräfte haben die Herausforderung , diesen Spagat zu meistern , um sicherzustellen , dass neue Chancen genutzt werden . Mit einem fixierten Mindset ist das nicht möglich . Wir kennen das zur Genüge : „ Das haben wir immer so gemacht “, „ Das geht bei uns nicht “.
Andreas Gladis , Geschäftsbereichsleiter Produktion INFORM
Masterplan für den Maschinenbau
Die von INFORM durchgeführte Studie „ Trendreport 2020 für den Maschinen- und Anlagenbau : Eine zukunftssichere Branche in Deutschland ?“ zeigt , dass das Bewusstsein für die Wichtigkeit der Digitalisierung im Maschinenbau zwar vorhanden ist , es hapert jedoch bei der Umsetzung in der Praxis . Für die Einbindung digitaler Tools fehlt häufig ein Masterplan . Digitalisierungsprojekte werden meist als Ad-hoc-Maßnahmen für singuläre , abteilungsspezifische Probleme aufgesetzt , ohne Bezug zu einer koordinierten , übergeordneten Strategie . Als Vorgabe
Wir brauchen ein flexibles Mindset , das neue Möglichkeiten und Ideen zulässt . Regeln sind starr und Kreativität ruft nach Flexibilität . Fragt der kleine Leo : „ Mama , gibst du mir einen Euro für den alten Mann da drüben ?“ Seine Mutter darauf : „ Das ist aber nett , dass du dem alten Mann einen Euro geben willst . Wo ist er denn genau ?“ Leo : „ Da hinten vor dem Supermarkt , er verkauft Softeis .“ Was haben Sie gedacht , Bettler oder Eisverkäufer ? Wir haben sofort eine Hypothese . Kreativität entsteht dann , wenn wir bereit sind , unsere Hypothesen auch wieder zu verwerfen . Dann öffnet sich der Raum für neue Möglichkeiten und Innovation . Chefaufgabe ist , diese Spielräume zu schaffen , denn : Spielplätze sind Startbahnen für Innovationen .
Jessica Silberstein , Leserin
Für eine gelungene Transformation braucht es Investitionen . Zuallererst muss das Netz so ausgebaut werden , dass es überall schnelles Internet gibt .
DIGITALE TRANSFORMATION Was Mitarbeiter darunter verstehen
24 %
21 %
15 %
IT-Automatisierung , das heißt Automatisierung manueller Prozesse , Ausfüllen von Formularen und Ähnliches
Entwicklung hin zu einem papierfreien Büro
12 % Nutzung von Robotern oder KI 10 %
10 %
10 %
5 %
3 %
Einsatz von Technologien zur Verbesserung von Produkten und Dienstleistungen
IT und / oder Daten in die Cloud oder auf mobile Geräte auslagern
Ich weiß es nicht
Nichts davon
Einen Webauftritt für das Unternehmen erstellen
12 %
10 %
15 %
U m f ra g e u n te r 555 A r b e i t n e h m e r n a u s U n te r n e h m e n m i t ü b e r 5 0 M i ta r b e i te r n , 20 19
5 %
DIES IST EINE GESPONSERTE ANTWORT , ALSO EINE ANZEIGE
3 % 24 %
21 %
Quelle : Cherwell Software
sollte aber gelten : Alle Digitalisierungsmaßnahmen müssen in erster Linie die Produktionsplanung optimieren – also die Termintreue , die Durchlaufzeiten sowie die Bereitstellung von Materialien für das gesamte Unternehmen verbessern . Hochkomplexe Produktionsumgebungen können mittlerweile mit mathematischen Algorithmen durch Zugriff auf die ERP-Daten digitalisiert werden . Statt also nur Teilbereiche des Fertigungsprozesses zu digitalisieren , kann eine zentralisierte Planung den gesamten Wertschöpfungsprozess vom Einkauf über Fertigung und Montage bis hin zur Auslieferung steuern , optimieren und kontrollieren . Mit dieser strategischen , digital umgesetzten Herangehensweise ist es im Zusammenspiel mit entsprechend geschulten Mitarbeitern gelungen , unternehmenskritische KPIs wie die Termintreue , die oft jahrelang bei unbefriedigenden 50 bis 60 Prozent lag , auf 80 oder 90 Prozent zu steigern .

MUT ZU MEHR PRAGMATISMUS

„ Unsere Vision ist die Erleichterung von wiederkehrenden Aufgaben , um Freiraum fürs Wesentliche zu schaffen .“
Der Wirtschaftsminister von Schleswig-Holstein war sehr angetan , als er Ihr Unternehmen kürzlich besucht hat . Worum ging es bei dem Treffen ?
Da ging es konkret um bessere Vernetzung von Politik , Bildung und Wirtschaft . Das Problem ist , dass Digitalisierung und IT in Deutschland lange , lange vernachlässigt worden sind – und immer noch werden : Verglichen mit den klassischen Exportindustrien wird das Thema nach wie vor stiefmütterlich behandelt .
Wird zu wenig investiert ?
Das sagt Matthias Lemenkühler , Geschäftsführer von xSuite , einem global operierenden Softwarehersteller und Lösungsanbieter für digitale Geschäftsprozesse . Ein Gespräch über Pragmatismus , Mut und zweite Chancen .
Ja , unter anderem ist auch mehr Investitionsbereitschaft gefragt : Joint- Venture-Kapital , um Startups und IT-Unternehmen wirklich nach vorne zu bringen . Momentan investieren viele Banken vorwiegend in Dinge , die man anfassen kann .
Wie müssten die verschiedenen Player idealerweise zusammenarbeiten ?
Da sehe ich ganz klar drei Säulen : Zunächst die Politik als Initiator , als Impulsgeber . Dann die Förderprogramme , wo noch viel zu wenig passiert . Und das wichtigste Thema ist Ausbildung : Die Ausbildung geht hierzulande einfach noch nicht genug in diese neuen Bereiche rein . Was fehlt , ist eine wirkliche Offensive , die endlich sichtbar macht , dass die Digitalisierung die Zukunft ist – und dass genau da auch Investitionen richtig aufgehoben sind .
Dabei hat das Pandemiegeschehen zuletzt ja durchaus eine neue Dynamik ausgelöst – zu erkennen an der Homeoffice-Debatte .
Sicher hat Corona gezeigt , dass Digitalisierung überlebenswichtig ist in so einer Situation . Viele unserer Kunden waren nur deshalb weiterhin arbeitsfähig , weil sie schon vorher zahlreiche Geschäftsprozesse digitalisiert hatten .
Sehen Sie die Gefahr , dass in der Eile auch suboptimale Lösungen gewählt worden sind ?
Ich sehe das im Gegenteil eher als Chance . Es ist viel besser , auch mal pragmatisch an diese Sachen ranzugehen und die Digitalisierung voranzutreiben , anstatt – typisch deutsch – erstmal alles zu klären , bevor man dann den ersten Schritt macht . Da braucht es einfach mehr Mut , und man muss sich auch mal einen zweiten Versuch erlauben dürfen . In den USA gibt ’ s immer den „ first try “ und den „ second try “, während bei uns immer der erste Versuch sofort sitzen muss . Vielleicht muss man einfach mal den zweitbesten Weg gehen , um daraus zu lernen und so den besten zu finden .
Mehr Informationen unter : xsuite . com
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