+3 Magazin Oktober 2018 | Page 22

+3 22 › Frank Küchlin, Obstbauer und Betreiber einer Brennerei Traditionelles neu interpretiert Das Brennerhandwerk ist für mich zugleich Beruf und Leidenschaft. Seit über 30 Jahren destilliere ich über 40 verschiedene Brände und seit einem Jahrzehnt Whisky, Gin und Rum. Meine Erfahrung als Brenner brachte mich 2013 nach Namibia. Dort galt es eine Brennerei einzurichten und die Menschen vor Ort in die Bedienung der Brennerei einzuweisen und auf dem Gebiet der Brennerei zu schulen. Durch die Brennerei sind zahlreiche Arbeitsplätze in der Früchtevorberei- tung und in Abfüllung, Etikettierung und Verkauf der Destillate entstan- den. Bei meinem zweiten Besuch in Namibia reiste ich mit der Idee an, den ersten Gin des Landes zu destil- lieren – im Gepäck die Rezeptur und das notwendige Equipment. Außer der traditionellen Ingredienzen für die Destillierung von Gin verwendeten wir auch die namibische Teufelskralle – eine Heilpflanze, die in den Steppen des Landes wächst. Ziel war es, dem Gin dadurch eine individuelle Note Elisabeth Winter, Leserin Getrieben und frei Die größte Leistung, die Bauern in meinen Augen vollbringen, ist zwei- fellos das frühe Aufstehen. Ich habe in meiner Verwandtschaft zwei Bau- ernfamilien. Hier beginnt der Tag meistens schon um fünf Uhr, wäh- rend der Ernte teilweise noch früher. Weitverbreitet ist hier aber offenbar noch das ausgestorben geglaubte Phänomen des Mittagsschlafs. Das scheint sowieso einer der größten Vorteile des Berufs zu sein: sein ei- gener Herr zu sein, sich die Arbeit selbst einteilen zu können und am Abend zu wissen, was man geschafft zu geben. Mittlerweile ist der „Nam- gin“ ein Topseller und wird in vielen Bars im südlichen Afrika getrunken. Gin-Tonic hat dort zwölf Monate im Jahr Saison. Mit dem Leiter der Bren- nerei in Namibia stehen wir nun seit mehr als fünf Jahren in engem Kon- takt und tauschen unser Wissen über die Destillation edler Brände aus. Es ist sehr schön, wenn man mit seinem Fachwissen in fernen Ländern etwas bewirken kann. Mitzuerleben, wie sich ein Projekt weiterentwickelt, ist die höchste Entlohnung für sein Schaffen. Andrea Knierim, Leserin Falsch gefragt „Unsere Bauern“, die gibt es nicht. Tatsächlich suggeriert diese For- mulierung: Wir und die Bauern sit- zen alle in einem Boot. Oder anders ausgedrückt: Wir „haben“ Bauern. Wer sind wir, dass wir beurteilen, was Bauern leisten? Warum sollten wir uns etwas von ihnen wünschen? Ja, es ist wichtig, dass wir uns in der Gesellschaft darüber austauschen, SCHLECHTES GESCHÄFT Was den Landwirten vom Endverkaufspreis bleibt 22,2% Gesamt 35,4% Kartoffeln 38,2% Milch und Milcherzeugnisse Fleisch und Wurst 41,9% Eier 18,1% 4,6% Brotgetreideerzeugnisse Verkaufserlöse der Landwirtschaft in Prozent der Verbraucherausgaben bei ausgewählten Produkten, 2015 Quelle: DBV Margarete Bause, Bundestagsabgeordnete Bündnis 90/Die Grünen Für den Wandel Ich bin auf einem niederbayerischen Bauernhof mit Kühen, Schweinen, Hühnern, Hund und Katze aufge- wachsen und weiß aus eigener Er- fahrung, welche Leistungen Bauerin- nen und Bauern erbringen: Sieben Tage die Woche rund um die Uhr verfügbar sein, kaum Urlaub, häufig schwere Arbeit für zu geringen Lohn. Und das, obwohl sie es sind, denen wir unsere Lebensmittel verdanken. Doch der Wert der Nahrung ist vielen heute kaum mehr bewusst. Und die Landwirte sind einem Agrarsystem ausgesetzt, das sie zwingt, so viel und so billig wie möglich zu produzieren. Das ist schlecht für Wasser und Bö- den, schlecht für die Tiere, schlecht für die Artenvielfalt und letztlich auch schlecht für die Verbraucherinnen und Verbraucher. Übrigens: Auch die Bauern profitieren nicht davon. Denn trotz der Milliardensubventionen müssen immer mehr Höfe aufgeben und die Liste der Lebensmittelskan- dale wird immer länger. Dieses Sys- tem hat keine Zukunft. Deshalb muss als erstes eine Reform der Agrarförde- rung her. Weg von der Förderung von Masse und industriellen Strukturen hin zur Unterstützung bäuerlicher Be- triebe, die ökologisch nachhaltig und tiergerecht wirtschaften, ohne Gen- technik, Glyphosat und Antibiotika. Gerade der diesjährige Dürresommer führt uns vor Augen, dass wir auch in der Landwirtschaft nicht weiterma- chen können wie bisher. Eine gute Zukunft wird es nur geben, wenn wir erhalten, was uns erhält – erst recht in Zeiten der Klimaerhitzung. DIES IST EINE GESPONSERTE ANTWORT, ALSO EINE ANZEIGE Eva Piepenbrock, Redaktion f3 farm.food.future Landwirtschaft loading Rund um die Landwirtschaft for- miert sich gerade eine Startup-Szene, die bewährte Geschäftsmodelle infra- ge stellt und nach Lösungen abseits der ausgetrampelten Pfade sucht. Denn mehr als je zuvor hängt die Zu- kunft eines Betriebes an der Fähig- keit, neue Chancen zu erkennen. Die welche Formen der Landwirtschaft wir möchten, wofür wir bereit sind (mehr) zu bezahlen oder wie sich unsere Wünsche als Konsumenten mit unseren Werten als Bürger ver- einbaren lassen. Bauern und Bau- erinnen sind Unternehmer. Mit ih- ren Tätigkeiten verfolgen sie (auch) wirtschaftliche Ziele. Sie möchten ihre Existenz und die ihrer Famili- en und Mitarbeiter sichern. Welche Ziele, Interessen und Zwänge lei- ten Landwirte, wenn sie mit Boden, Pflanzen, Tieren und Maschinen umgehen? Und wie sind landwirt- schaftliche Praktiken und die Land- schaften, die Dörfer und Städte, die Ökosysteme und die natürlichen Ressourcen Wasser, Boden und Luft miteinander verwoben? Diese Fragen berühren essenziell die in der Gesellschaft wahrgenommenen Leistungen von landwirtschaftli- chen Akteuren. Da sie nicht allge- mein, sondern immer nur für den konkreten Fall beantwortet werden können, brauchen wir den Dialog auf Augenhöhe zwischen Landwir- ten und anderen engagierten Akteu- ren über die Erbringung und Aner- kennung bäuerlicher Leistungen für die Gesellschaft. Hierzu kann auch Ihr Magazin beitragen. Dafür möch- te ich werben. Leistung der Landwirte besteht heu- te darin, Produkte zu erzeugen, die auf eine wachsende Nachfrage in der Gesellschaft abzielen. Dabei müssen sie effizient mit knappen Ressour- cen umgehen und die Chancen, aber auch die Risiken neuer Technologien richtig einordnen. Sei es der Neben- erwerbslandwirt, der Deutschlands erste Gänsebratwurst bis in die Golf- staaten exportieren will, oder die beiden Gründer, die in Eigenregie eine neuartige Saatgutbeschichtung entwickeln. Sie eint die Offenheit für Neues und die Verantwortung gegen- über einer einfachen Gleichung: Bis zum Jahr 2050 wird die Weltbevölke- rung auf über neun Milliarden wach- sen. Immer mehr Menschen müssen mit Nahrung und nachwachsenden Rohstoffen versorgt werden – und das auch noch auf weniger Ackerflä- che. Dadurch wird das nächste gro- ße Ding in der Landwirtschaft nicht „höher, schneller, weiter“ – sondern „smarter, effizienter und ressour- censchonender“. Nicht zusätzliche Pferdestärken und größere Getriebe werden den Wandel antreiben, son- dern das Heben von Datenschätzen, Künstliche Intelligenzen und Fragen der Robotik. Wer mehr über die In- novationen der grünen Branche lesen und sich vernetzen will: www.f3.de Josef Haber, Leser Vorstellung trifft Realität Landwirte haben einen sehr wichti- gen Beruf und stellen den Bürgern hochwertige und kostengünstige Nahrungsmittel bereit. Die Aus- gaben der Konsumenten für Er- nährung sind sehr niedrig und ge- sundheitlich gibt es nach Meinung der Fachleute keine Risiken, es sie denn, man isst und trinkt ein- fach zu viel. Welch ein Unterschied zum Mangel in historischen Zeiten oder anderen Regionen der Welt. Dennoch erfährt der Landwirt we- nig Wertschätzung – weder in der öffentlichen Diskussion noch in Form von fairen Preisen. Dabei er- warten wir noch viel mehr: schöne Landschaften, glückliche Tiere und nachhaltiges Wirtschaften. Vieles ist möglich und Landwirtschaft war immer ein Spiegel der Gesellschaft. Um junge Leute für die Landwirt- schaft zu begeistern, bedarf es ech- ter Wertschätzung und Planungssi- cherheit für ihre Betriebe. Unsere Landwirte sind begeisterungsfähig für Neues und offen für den Dialog mit der Gesellschaft. Es ist an der Zeit, sich selbst ein Bild zu machen und Landwirtschaft zu erleben. Jen- seits der Klischees. Landwirte leis- ten auch einen Beitrag zur Erfah- rung der nächsten Generation über Natur und Ernährung. Es gibt jede Menge Foren und „offene Hoftage“.