+3 Magazin Oktober 2018 | Page 18
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WIR FRAGEN:
WAS LEISTEN UNSERE
BAUERN?
... und was ist
Ihre Meinung?
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Ein Landwirt ernährt heutzutage 155 Menschen – im Jahr 1900
waren es gerade einmal vier.
Quelle: Rheinischer Landwirtschafts-Verband
Sonja Moor,
Bio-Bauerin
Säule der Gesellschaft
Es gibt meines Erachtens kaum Be-
reiche, in denen die Bauern nicht dem
allgemeinen Wohl zuträglich sind – vo-
rausgesetzt, sie wirtschaften ethisch.
Deshalb ist für mich auch der Begriff
der Agrikultur so wichtig. Wir müssen
von der Agrarwirtschaft wieder zur Ag-
rikultur kommen. Der Mensch prägt
die Kultur und die Kultur prägt den
Menschen. Was wären wir ohne funk-
tionierende Landwirtschaft? Die Land-
wirte sichern die Lebensmittelproduk-
tion und pflegen die Kulturlandschaft.
Dafür braucht man geschlossene
Kreisläufe. So wie einst Bewirtschaf-
tung und Nutztierhaltung mit der
Landschaftspflege verzahnt waren, so
bestand auch zwischen Stadt und Land
eine enge Verbindung. Das waren
funktionierende Kreisläufe. Man hat
früher mit dem gewirtschaftet, was das
Land an Ort und Stelle hergab. Das ist
auch für die Erhaltung der ländlichen
Strukturen enorm wichtig. Wenn in
Brandenburg riesige Ackerflächen von
Unternehmen bewirtschaftet werden,
die man auch nicht mehr als Nachbarn
kennt, brechen die dörflichen Struktu-
ren weg. Schulen, Kindergärten und
der öffentliche Nahverkehr verschwin-
den, Familien wandern ab. Für uns
Bauern fallen wiederum die Schlacht-
betriebe und Landmaschinenmecha-
niker weg und noch vieles mehr. Über
diesen Fakt wird zu wenig gesprochen.
Die Zusammenarbeit mit den Bauern
ist lebensnotwendig und alternativlos,
denn Landwirtschaft ist existenziell für
die Gesellschaft. Sie hat unmittelbar
mit dem Leben zu tun und geht alle
etwas an.
© iStock./SolStock
Sabine Asum,
Leserin
Was ist es uns wert
Vielen Menschen ist die Bedeutung
der heimischen Landwirtschaft heu-
te nicht mehr bewusst. Manch einer
fragt sich, was die Bauern hier über-
haupt noch machen. Dafür tragen
wir selbst ein Stück weit die Verant-
wortung. Denn wir Bauernfamilien
haben uns immer angepasst: an die
Bedürfnisse des Handels, der Ver-
braucher oder der Politik. Gleich-
zeitig werden Flächen zunehmend
versiegelt, die Bodenpreise steigen.
Viele Bauern können es sich nicht
mehr leisten, Ackerland zu pachten
oder gar zu kaufen, sondern sehen
sich gezwungen, ihre Felder intensi-
ver zu nutzen. Aber die Öffentlichkeit
wünscht sich einen heimeligen Bau-
ernhof. Davon freilich kann keine Fa-
milie leben. Folglich sind wir Land-
wirte gefordert, den Menschen besser
zu verdeutlichen, was Landwirtschaft
heute bedeutet. Wir produzieren her-
vorragende Erzeugnisse, aber können
mit dem enormen Preiswettbewerb
aus Osteuropa, China und Südameri-
ka nicht mithalten. Dort wird billigst
produziert – unter erheblich niedrige-
ren Qualitäts-, Sicherheits- und Tier-
wohlstandards. Die Landwirtschaft
in Deutschland wird nur eine Chance
haben, wenn die Politik sie stützt, der
Handel die ruinöse Preisspirale nach
unten stoppt, die Verbraucher mehr
auf regional erzeugte Lebensmittel
achten und alle bereit sind, für Nah-
rungsmittel ein paar Cent mehr zu
investieren. Das geht nur mit einem
Bewusstsein für den Wert des Essens.
Wir Landwirte alleine schaffen das
nicht, wir brauchen alle Bürger dazu.