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Gero von Boehm,
Regisseur und
Fernsehproduzent
Mit allen Sinnen
Es wird vielleicht überraschen – aber
für mich ist Arbeit der höchste Ge-
nuss. Je größer und schwieriger ein
Projekt, desto mehr bringt es in mir
die Endorphine zum Tanzen. Filme
zu konzipieren, zu drehen, zu schnei-
den hat etwas höchst Sinnliches. Mu-
sik spielt für mich auch eine wichti-
ge Rolle. Während ich sie höre, gehe
ich in unserer Bibliothek spazieren,
der Duft des Lilienstraußes wettei-
fert mit dem alter Bücher, ich nehme
Kunstbände in die Hand – und schon
kommt die nächste Inspiration. Ich
versuche, jeden Tag so bewusst wie
möglich zu leben. Absolute Grundbe-
dingung: Einmal am Tag etwas Gutes
essen und trinken. Ich liebe Restau-
rants, bin ständig auf der Suche nach
neuen Entdeckungen. Belohnungen
nach langen Drehtagen, am liebsten
in größerer Runde, müssen sein. In
Südfrankreich verbringen wir so viel
Zeit wie möglich – ein göttlicher Ort,
um Drehbücher zu schreiben oder
neue Ideen zu entwickeln. Dort wird
dann viel gekocht. Weil man einfach
Produkte findet, die ein reiner Ge-
nuss sind. Ein frischer Fisch aus dem
Mittelmeer, mit eigenem Olivenöl
zubereitetes Gemüse und Früchte
aus dem Garten, dazu ein Weißwein
aus der Region – da bleibt kein Auge
trocken. Ein besonderer Genuss liegt
für mich aber auch in der Stille, die in
unserem provenzalischen Tal herrscht
und nur von manchmal geheimnisvol-
len Naturgeräuschen unterbrochen
wird. Man kann in diese Stille minu-
tenlang „hineinhören“ und sie bewegt
einen auf merkwürdige Weise.
Juliana Schanze, Leserin
Genuss braucht Zeit
Eine Grundvoraussetzung für Genuss
ist Zeit. Man kann das beste Glas
Wein, die edelste Zigarre oder das
delikateste Stück Käse nur mit der
entsprechenden Zeit genießen. Dann
lässt sich Genuss zelebrieren und
verkommt nicht zu einem flüchtigen
Eindruck, der seinen negativen Höhe-
punkt im vermeintlichen Genuss von
Fastfood findet. Mit genug Zeit lassen
sich auch ganz alltägliche Sachen ge-
nießen. Wenn man zum Beispiel an
einem kühlen, aber sonnigen Morgen
vor die Tür tritt und die würzige Luft
einatmet, sich dabei ein bisschen Zeit
nimmt und die Augen schließt, tau-
chen vor dem inneren Auge Bilder
von goldenen Herbstwäldern, Nebel
über Stoppelfeldern und aromatisch
riechenden Lagerfeuern auf.
KUNDE IST KÖNIG Wie bestimmte Kriterien unsere Entscheidung, wo wir einkaufen, beeinflussen
Saubere Ladengestaltung
65% 57% 61%
Hat preisgünstige
Produkte
70% 70% 70%
Angenehme
Hintergrundmusik
2% 3% 3%
Angenehm helle Beleuchtung
14% 15% 15%
Hat kompetente
Mitarbeiter
37% 36% 36%
Hat freundliche
Mitarbeiter
57% 54% 55%
Hat eine große Auswahl
an frischen Lebensmi eln
69% 58% 63%
Frauen
Männer
Hat Lebensmi el
von hoher Qualität
56% 63% 60%
Kurze Wartezeiten
an der Kasse
51% 53% 52%
Gesamt
Quellen: K&A BrandResearch, Statista
Mechthild Schindelmeiser, Leserin
Ausgleich im Alltag
Genuss ist genauso wie auch Ekel eine
ganz normale menschliche Sinnes-
empfindung. Leider steht die Lebens-
haltung vieler Menschen dieser posi-
tiven Empfindung, der puren Freude
am Genuss, skeptisch bis feindlich
gegenüber. Wer genießt sündigt, weil
er faul oder unproduktiv ist. Dabei ist
es der gelegentliche Genuss, der uns
den Alltagsstress überhaupt aushalten
lässt und unser seelisches Gleichge-
wicht wiederherstellt. Ab und zu inne-
halten, die Zeit stillstehen lassen und
einfach genießen – ja, das muss sein.
DIES IST EINE GESPONSERTE ANTWORT, ALSO EINE ANZEIGE
John-Philip Kautsch,
Önologe und
Geschäftsführer
Silkes Weinkeller GmbH
Genuss ist ein Wort mit vielen Be-
deutungen. Schließlich genießen wir
nicht nur gutes Essen oder hoch-
wertigen Wein, sondern auch Zeit
mit der Familie, mit Freunden und
manchmal auch uns selbst. Was aber
ist es, das Genuss entstehen lässt?
Wer genießen will,
muss fühlen
In der Welt des Weines scheint Ge-
nuss ganz einfach. Hochwertige Reb-
sorten, sorgfältige Vinifikation und
schon befinden wir uns mitten in ei-
nem Erlebnis, das die Sinne anregt.
Wer so denkt, liegt nicht falsch, ver-
gisst jedoch wichtige Aspekte. Denn
Genuss bedeutet auch Freundschaft,
Entwicklung und das Gehen gemein-
samer Wege.
Wenn wir uns mit Winzern treffen,
die die Seele ihrer Heimat schon vie-
le Jahre lang ehren, beginnt Genuss
schon in der zwischenmenschlichen
Begegnung. Dann weckt der Duft von
dunkler Johannisbeere oder Eichen-
holz auch später noch Erinnerungen
an diese starke Verbindung und lässt
uns für die Dauer eines Glases ge-
danklich in der Toskana, dem Priorat
oder Stellenbosch wandeln.
Echter Genuss gelingt
nur ganzheitlich
Wirklich genießen lassen uns also
nicht nur Zunge, Gaumen oder Nase,
sondern auch das Herz. Emotionen
sorgen für die Verschmelzung echter
Sinneseindrücke mit Erfahrungen
und Erinnerungen. Die Frage nach
der Entstehung großer Genussmo-
mente kennt daher mehr als nur eine
Antwort. Auch für mich bedeutet sie
eine lebenslange Reise, deren Ziel
manchmal eine Traube und manch-
mal auch ein freundliches Lächeln ist.
Alfons Schuhbeck,
Sternekoch
und Gastronom
Ein Fest für die Seele
Am meisten genießen kann ich das
ebenso gute wie seltene Gefühl, Zeit
zu haben. Da geht es mir wie vielen,
die mit ihrem Berufs- und Privatleben
im Reinen sind. Den zweitgrößten Ge-
nuss empfinde ich bei der Kochkunst
– nicht nur weil ich Koch bin, sondern
weil sie die einzige Kunst ist, die alle
Sinne befriedigt. Man kann sie sehen,
wenn der schön angerichtete Teller
serviert wird. Man kann sie riechen,
wenn der duftende Sonntagsbraten
aufgetragen wird. Man kann sie hö-
ren, wenn es in der Pfanne verlockend
brutzelt und schmurgelt. Man kann
Marc Rössner, Leser
Glück des Seemanns
Für mich ist einer der größten Ge-
nüsse das Segeln auf alten Wind-
jammern. Es ist eine kleine Zeit-
reise und eine Begegnung mit den
Naturgewalten, wenn man ohne
Motorkraft nur durch die Kraft der
Elemente sein Ziel erreicht. Aber
auch das Drumherum regt alle Sin-
ne an und ist ein Genuss. Das Knar-
ren des Rumpfes, die rauen Seile
sie im Mund fühlen, zum Beispiel als
knackig beim Zubeißen oder schmel-
zend am Gaumen. Und, vor allem,
man kann sie schmecken. Wie sehr
sich ein Essen genießen lässt, ent-
scheiden die Güte und die Frische der
Produkte und insbesondere die rechte
Würze. Die ist auch das gewisse Etwas
in unserem Privatleben, im Zwischen-
menschlichen. Denn als fade, feurig,
aufdringlich, herzhaft, herb oder wär-
mend können wir genauso gut Speisen
wie Menschen und Gefühle charakte-
risieren. Gewürze erheben unser Essen
von der schlichten Notwendigkeit zum
köstlichen Vergnügen. Genuss hat für
mich nichts mit Geld oder Luxus zu
tun, sondern mit der hoffentlich das
ganze Leben lang bewahrten Fähigkeit,
sich über etwas freuen zu können. Ich
genieße es, mal ein paar Momente still
in einer Kirche zu sitzen – und wenn
ich dann nichts von Gott will, weiß ich:
Ich kann mein Leben genießen.
und die weißen Segel, gepaart mit
der unvergleichlichen Luft auf See
und dem speziellen Geruch unter
Deck – einer Mischung aus Salz und
Holz, veredelt mit einem Hauch
Moder, der die Geschichte des Schif-
fes und seiner Passagiere zu erzäh-
len scheint. Wenn dann abends im
Hafen oder vor Anker in einsamer
Bucht in der Messe der Ofen brennt,
der Rum im Glas schwappt und die
Geschichten immer interessanter
und unglaubwürdiger werden, ist
der Genuss perfekt.