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WIE LEBT MAN MIT
DIABETES?
WIR FRAGEN:
... und was ist
Ihre Meinung?
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Obst ist zwar gesünder als Schokolade, enthält aber natürlich ebenfalls Zucker. Ein Glück, dass
das Zuckerverbot für Diabetiker wissenschaftlich nicht mehr haltbar ist.
Quelle: Apotheken-Umschau
© iStock./Rawpixel Ltd
Barbara Bitzer,
Geschäftsführerin
Deutsche Diabetes-
Gesellschaft
Das Versorgungsnetz
muss stimmen
Bei Diabetes Typ 2 ist ein gesunder Le-
bensstil die erste Maßnahme, um die
Erkrankung hinauszuzögern. Betrof-
fene sollten zunächst ihre Ernährung
umstellen und sich mehr bewegen. Die-
se eigenverantwortliche Basistherapie
trägt schon viel dazu bei, den Blutzu-
ckerspiegel zu senken. Doch eine diszi-
plinierte Umsetzung im Alltag ist nicht
leicht und reicht allein oft nicht aus.
Vor allem bei einem Typ-1-Diabetes,
der meist bereits im Kindes- und Ju-
gendalter diagnostiziert wird, kommt
hinzu, dass die chronische Erkrankung
lebenslang in allen Lebenslagen ge-
meistert werden muss. Hierzu gehören
tägliche Blutzuckermessungen, die In-
sulintherapie, regelmäßige Arztbesu-
che, vorausschauende Planung von Ta-
gesablauf, Mahlzeiten und sportlichen
Aktivitäten, Einschränkungen bei der
Berufswahl und vieles mehr. Die täg-
lichen Herausforderungen, die Diabe-
tes mit sich bringt, rufen oft Ängste
und Unsicherheiten hervor. Betroffene
sollten uneingeschränkt vom Zusam-
menspiel ambulanter und stationärer
medizinischer und psychologischer
Hilfe profitieren können. Dazu ge-
hört, dass Diabetesabteilungen nicht
aus ökonomischen Gründen wegrati-
onalisiert werden dürfen. Es gilt auch,
Forschung und Lehre zu stärken. Die
Politik ist gefragt, endlich die im Ko-
alitionsvertrag verankerte „Nationale
Diabetesstrategie“ zu verabschieden,
um den Betroffenen flächendeckende
und bestmögliche Versorgung und Le-
bensqualität zu ermöglichen.
Hellmut Mehnert,
Ehrenpräsident
Deutsche Diabetes Union
und Deutscher Dachver-
band Endokrinologie/
Diabetologie
Besser beherrschbar
In der wechselvollen Geschichte des
Diabetes spielt das Jahr 1921 eine ent-
scheidende Rolle. Hier wurde das Insu-
lin in eine injizierbare Form gebracht,
wodurch Hunderttausenden Diabeti-
kern ein Überleben ermöglicht wurde.
Die Insuline wurden dann weiterent-
wickelt – bis hin zu den Analog-Insu-
linen, die jetzt vorwiegend in Gebrauch
sind. Diabetiker leben heutzutage in
vielen Bereichen anders als früher.
Dazu beigetragen haben auch orale
Antidiabetika. Hier hat es bedeutsame
Fortschritte gegeben. Während die so-
genannten Gliptine die körpereigene
Insulinsekretion ohne Unterzucker-
gefahr anregen, wirken die Gliflozine
durch eine vermehrte Zuckerausschei-
dung im Harn blutzuckersenkend
und gewichtsreduzierend sowie güns-
tig auf die Herz-Kreislauf-Situation.
Diese Substanzen können zusammen
mit Metformin sogar zu einer Triple-
Therapie zusammengeführt werden,
wodurch die sonst fällige Insulinbe-
handlung hinausgeschoben werden
kann. Unentbehrlich ist inzwischen die
Blut- oder Gewebezuckerselbstmes-
sung. Hier wird auf dem Oberarm ein
Sensor angebracht, von dem man mit
einem Scanner die Gewebezuckerwer-
te unblutig messen kann. Bei Behand-
lung der diabetischen Netzhauterkran-
kung hat sich im Laufe der Jahre eine
Lasertherapie durchgesetzt, mit der
krankhaft veränderte Areale verödet
werden. Sonst gilt, dass neben der gu-
ten Einstellung des Blutzuckers ohne
Über- und Unterzuckerungen auch die
Blutfette und der Blutdruck annähernd
normalisiert werden sollten.