+3 Magazin Mai 2022 | Page 18

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Doppelt genutzt
Die Energiewende erfordert einen massiven Ausbau der Solarstromproduktion . Das Problem für Freiflächenanlagen : Landwirtschaftliche Flächen sind eine begrenzte und wertvolle Ressource . Einen vielversprechenden Ansatz bietet hierbei die Agri-Photovoltaik : Sie löst diesen Konflikt , indem sie Lebensmittel- und Stromproduktion auf derselben Fläche ermöglicht . Solarzellen produzieren Strom über dem Feld , darunter wächst weiter Getreide , Gemüse oder Obst . Somit können erneuerbare Energien weiter ausgebaut werden , ohne der Landwirtschaft wertvolle Flächen zu entziehen . Mehr noch : Über gezieltes Lichtmanagement wird auch die Resilienz der landwirtschaftlichen Produktion gesteigert . Denn in kaum einem anderen Sektor wirken sich die zunehmenden Wetterextreme so massiv aus wie in der Landwirtschaft : Mal ist es zu heiß , mal bedroht plötzlicher Hagel die Ernte . Genau hier können die Photovoltaik-Anlagen helfen . Zudem verschaffen sie landwirtschaftlichen Betrieben ein zusätzliches Einkommen und fördern die wirtschaftliche Entwicklung ländlicher Gebiete . Eines unserer Forschungsprojekte hat diese positiven Effekte bereits nachgewiesen . Doch natürlich geht eine doppelte Landnutzung für Landwirtschaft und Photovoltaik mit hohen Anforderungen einher . Ein wichtiger Schritt ist daher neben der Anpassung rechtlicher Rahmenbedingungen der Dialog zwischen dem Agrar- und Energiesektor sowie eine Sichtbarmachung dieser Vorteile für die Gesellschaft .
Claas Pieper , Leser
Unerschlossene Potenziale
Max Trommsdorf , Gruppenleiter Photovoltaik , Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ( ISE )
Wenn man sich bewusst wird , dass unsere Welt zu über 70 Prozent aus Wasser besteht , ist es vielleicht doch einen Gedanken wert , die Potenziale der Weltmeere für die Welternährung zu erforschen . Es geht nicht um den klassischen Fischfang , sondern um kreative Ideen maritimer Agrarwirtschaft . Wenn man sieht , welche Rolle Algen in der Ernährung vieler Gesellschaften haben , die in den Küstengebieten dieser Erde leben , wird die Neugier geweckt dafür , was man alles für Produkte aus Seepflanzen machen könnte . Umso dramatischer ist es , was die Menschen dem Lebensraum Meer antun . Neben vielen anderen Problemen ist es vor allem das Mikroplastik , das die Gefahr birgt , eine Biosphäre dauerhaft zu schädigen und ein Ernährungspotenzial zu zerstören , bevor es überhaupt erst
Gemüseanbaufläche insgesamt Bio ( Bio-Anteil )
Spargel
Salate
Möhren
Zwiebeln
Weißkohl
Kürbisse
Erbsen
i n H e k ta r , 2020
GEMÜSEANBAU Wo Bio in Deutschland noch Nische ist
Saskia Kröber , Leserin
Gelebte Beziehung
4,9 14 . 595 983 ( 6,7 %)
2,7
2,7
13.792 2.799 ( 20,3 %)
12.301 1.111 ( 9,0 %)
5.946
421 ( 7,1 %)
Die Landwirtschaft von morgen sollte in all ihren Facetten vor allem nachhaltig sein . Konkret bedeutet doch nachhaltige Landwirtschaft ein Wirtschaften im Einklang mit Mensch und Umwelt , das Ressourcen schont und das Klima schützt . Leider lassen sich oft nicht alle Komponenten integrieren , um die Landwirtschaft der Zukunft genau so abzubilden . Vielleicht werden sich die Formen der Felder verändern und wir haben runde , statt rechteckige gelb strahlende Rapsfelder . Vielleicht gibt es mobile Stadtbäume , die als temporäre Filteranlagen in kritisch verschmutzen Großstädten eingesetzt werden können . Vielleicht nutzen wir unsere erneuerbaren Energiequellen und können
16.378 ( 12,9 %)
25.880 1.665 ( 6,4 %)
4.673 1.497 ( 32,0 %)
4.547 1.581 ( 34,8 %)
Quellen : Statistisches Bundesamt , BLE
Heide Faassen , Leserin
Besitz verpflichtet
126.507 dank dieser unerschöpflichen Ressourcen zwischen Mini-Windrädern und solarbetriebenen Mähdreschern autark arbeiten . Am Ende geht es doch um Entwicklung , Heimat und Horizont . Nach der Einteilung in Wirtschaftssektoren gehört die Landwirtschaft zum primären Sektor . Und im Bereich der Digitalisierung ist dieses Segment schon lange Vorreiter . Es wird daher Zeit , die Landwirtschaft der Zukunft wieder primär zu behandeln .
Wenn wir so weitermachen wie bisher , sieht es schlecht aus für unsere Landwirtschaft . Kapitalkräftige Großkonzerne kaufen große Ländereien überall auf , sodass Kleinbauern verdrängt werden . Diese Großkonzerne verpachten dann Teile dieser Flächen zu unverschämt hohen Preisen , sodass sie für unsere Bauern nicht mehr bezahlbar sind . Hier muss unbedingt die Gesetzeslage verändert werden . Wir dürfen nicht zulassen , dass unsere Kleinbauern zugrunde gerichtet werden . Nur wer sein Land selbst bearbeitet , sollte es auch besitzen , sonst keiner .
Clemens Schröder , Leser
Anpassungsfähigkeit ist gefragt
Ich glaube , dass sich die Landwirtschaft der Zukunft stark von der jetzigen unterscheidet . Der Klimawandel wird uns unweigerlich dazu zwingen . Die Sommer werden zunehmend trockener und heißer , die Vegetationszonen verschieben sich . Unsere Bauern müssen sich an diese Situation anpassen und schon jetzt überlegen , welche Feldfrüchte geeignet sind , sowohl den klimatischen Verhältnissen gerecht zu werden als auch den Bedürfnissen des Marktes . Zukünftig wird der Wasserverbrauch das entscheidende Kriterium sein , ob Landwirte ein Produkt anbauen können oder nicht . Vielleicht ist es aber auch eine Chance , da dann auch Sorten angebaut werden können , die bis jetzt in Deutschland klimatisch nicht zu Hause sind .
Eva Imrecke , Junglandwirtin
Regional statt global
Globalisierung und Strukturwandel sind mir als Tochter eines klassischen bäuerlichen Familienbetriebs mit Direktvermarktung im Osnabrücker Land sehr geläufige Schlagworte . Die Herausforderung , zu überleben , wird für solche Betriebe zunehmend größer : Sowohl die Strukturen im vorgelagerten Bereich , wie die Verfügbarkeit passender Technik zu erschwinglichen Preisen , als auch die Infrastruktur der Vermarktungswege passen sich immer stärker an Betriebe mit größeren Produktionseinheiten an . Die Verarbeitung landwirtschaftlicher Produkte erfolgt zunehmend zentral , weit weg vom Erzeuger und Verbraucher . Kleine Verarbeiter vor Ort für Getreide oder Fleisch gibt es kaum noch . Dies hat zur Folge , dass Betriebe mit kleinen Produktionseinheiten anteilig deutlich höhere Transportkosten tragen müssen – wenn sie überhaupt einen Platz an diesem Markt finden . Wer hier beständig bleiben möchte , muss sich Nischen in der Vermarktung suchen , zum Beispiel einen Hofladen , den Wochenmarkt oder eine Abokiste , um die Wertschöpfung in Betrieb zu halten . Das bedeutet einen wesentlichen Anteil an oft unbezahlter Mehrarbeit : Neben der Arbeit auf dem Acker oder im Stall sind Landwirte auch Fachleute für Büromanagement , Marketing und Finanzen . Mit dem Kauf regionaler Ware beim Erzeuger vor Ort schaffen wir also Arbeitsplätze im ländlichen Raum , stärken soziale Strukturen vor Ort und geben vielen kleinen Existenzen in der bäuerlichen Landwirtschaft wieder eine Zukunft . erschlossen ist . Wenn nur ein kleiner Teil der Agrarsubventionen der EU in die Erforschung dieses Potenzials gesteckt wird , ist schon viel erreicht . ›