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Willi Kremer-Schillings,
Bauer, Blogger
und Buchautor
Der nächste Schritt
Die Landwirtschaft wird sich in drei
Richtungen entwickeln. Die erste
Richtung: Der überwiegende Teil
ist einfach groß. Viele Hektar, vie-
le Tiere, viel Elektronik, digital. Der
Bauer als Manager, der überwacht,
analysiert, steuert. Menschen werden
Niels Grüne,
Vorstand Gesellschaft
für Agrargeschichte
Zurück in die Zukunft?
Die Agrargeschichte liefert keine Pa-
tentrezepte für die Zukunft. Sie bie-
tet aber Anregungen – speziell dazu,
wie ökonomische Umbrüche gesell-
schaftliche Akzeptanz finden können.
Bis vor 200 Jahren lebten in Europa
noch drei viertel der Menschen von
der Landwirtschaft. Man darf sich
die vorindustrielle Welt zwar nicht
harmonisch vorstellen, denn Vertei-
lungskämpfe waren allgegenwärtig.
Was sich seitdem mit der Mechani-
sierung und Chemisierung jedoch
gewandelt hat, ist das Faktum, dass
die agrarische Wertschöpfung von
einem immer kleineren Prozent-
satz der Bevölkerung getragen wird.
Paradoxerweise führte dieser steile
Leistungsanstieg zu einer Marginali-
sierung des Primärsektors und einer
soziokulturellen
Entbäuerlichung
ländlicher Räume. Parallel sind indes
jene Ansprüche enorm gewachsen,
die sich aus dem Verbraucher-, Tier-
und Artenschutz, aus ökologischen
durch Maschinen ersetzt, wie überall.
Bio und konventionell gleichen sich
immer mehr an. Sie liefern normierte
Ware, für jedermann erschwinglich.
Die zweite Richtung: Individuell.
Dieser Markt ist deutlich kleiner. Seit
jeher gibt es eine Käuferklientel, die
das Besondere liebt. Sie wollen regio-
nale Süßkartoffeln oder Auberginen?
Bekommen Sie. Das Schnitzel vom
Weideschwein, von einer alten Ras-
se? Kein Problem. Ist etwas teurer
und hat nicht jeder. Die dritte Rich-
tung: Global Player. Impossible Bur-
ger, Innocent Meat. In zehn Jahren
werden die Alternativen „ohne Tiere“
aus dem Labor ein Drittel des heuti-
gen Fleischverzehrs ersetzen. Die In-
vestoren sind multinationale Konzer-
ne wie Apple, Google und Amazon,
die groß bei Lebensmitteln einstei-
gen. Gleiches gilt für die pflanzliche
Form des Fleisches. Erbsen, Bohnen
und andere Eiweißquellen werden
in den unternehmenseigenen Fer-
mentern veredelt. Die Argumente:
Es ist gut für die Umwelt und kein
Tier musste sterben. Essen als mo-
ralisches Glaubensbekenntnis. „Wir
sollten alle weniger Fleisch essen.“
Diese Botschaft wird marketingmä-
ßig so weit verstärkt, bis das Fleisch
von Tieren einen ähnlichen Ruf hat
wie die Zigarette oder das Dieselauto.
Bedenken und aus exportbedingten
Marktverzerrungen außerhalb Euro-
pas ergeben. Kurzum: Das Spektrum
der landwirtschaftlichen Stakeholder
hat sich stark diversifiziert und geht
längst weit über den Kreis der Produ-
zenten hinaus. In historischer Sicht
lautet die zentrale Herausforderung
an eine moderne Agrarpolitik daher:
Das alte und stets aktuelle Thema des
Interessenausgleichs darf nicht mehr
nur als das Problem einer bestimmten
Wirtschaftsbranche, sondern muss als
eine gesellschaftlich breit abgestützte,
demokratisch zu moderierende Quer-
schnittsaufgabe begriffen werden.
DIES IST EINE GESPONSERTE ANTWORT, ALSO EINE ANZEIGE
David Traub,
NETAFIM-Berater
und Bio-Landwirt
Jeder Tropfen zählt
Die Landwirtschaft wird sich wegen
des sich verändernden Klimas kurz-
fristig auf neue Bedingungen ein-
stellen müssen: Verschiebungen der
Niederschlagszeitpunkte, zunehmend
längere Trockenperioden, veränderte
Vegetationszeiten und dadurch Schä-
den durch Spätfröste. Wasserverfüg-
barkeit und Wirtschaftlichkeitsaspekte
führen zu Verschiebungen bei den An-
baukulturen in den Regionen, Anbau
von alternativen Kulturen und neuen
Anbausystemen. Die Digitalisierung
schafft Raum für neue Technologien.
Bewässerung stellt die Ernte sicher
und beeinflusst die Qualität der Er-
zeugnisse maßgeblich. Ein Aspekt ist
die Verfügbarkeit von Wasser. Voraus-
setzung dafür sind unter anderem die
Speicherung von Niederschlagswasser,
der Bau von Zuleitungen oder die Nut-
zung von Brauchwasser. Das Wasser
wird nicht verunreinigt und verbleibt
im natürlichen Kreislauf. Die Land-
wirtschaft nimmt ihre Verantwortung
wahr und sucht nach Wegen, effizient
und nachhaltig zu produzieren. Die
Tropfbewässerung bringt das Wasser
dorthin, wo es gebraucht wird: näm-
lich an die Wurzel der Pflanze. Mehr
Ertrag mit geringem Einsatz. Das
Transportsystem ist auch zur Dün-
gung nutzbar. Die Pflanze wird zum
richtigen Zeitpunkt mit Nährstoffen
versorgt. Die Auswaschung von Nitrat
ins Grundwasser wird verhindert. Für
diese Herausforderungen wurden in
Israel Lösungen entwickelt und erfolg-
reich umgesetzt. Diese Erfahrungen
werden ein Vorteil für die Zukunft der
deutschen Landwirtschaft sein.
BIG BROTHER IS
WATCHING KUH
Die Digitalisierung kann die Landwirtschaft effizienter machen und neue
Chancen bieten. Die Branche ist aber selbst gefragt, die Weichen richtig zu stellen.
Was stimmt denn nun? Steigern Sensoren und smarte Anwendungen im
Stall die Leistung und das Wohlbefinden der Tiere? Oder treiben sie die
Entfremdung von Mensch und Nutztier, Landwirten und Kunden vor-
an? Weist die Blockchain-Technologie in der Wertschöpfungskette für
Lebensmittel den Weg zur überfälligen Transparenz – oder in die tota-
le Überwachung? Wenn künstliche Intelligenz stärker zwischen Acker
und Stall in die Speichen greift, was wird aus dem Erfahrungsschatz
der Landwirte?
Zukunft gestalten, Chancen nutzen
Mit diesen Fragen zur Zukunft der Landwirtschaft beschäftigt sich das
Magazin für grüne Innovationen: f3 – farm. food. future. Es verfestigt
sich der Eindruck, dass die Branche selbst gefordert ist, die Weichen rich-
tig zu stellen: Läuft es gut, rücken das Einzeltier und das Tierwohl stärker
in den Fokus. Die Landwirte profitieren, können effizienter, ressourcen-
schonender und gewinnbringender arbeiten. Läuft es dagegen schlecht,
erinnert vieles eher an George Orwell. Die Hoheit über Daten und Ge-
winne geht an alle möglichen Akteure, nur nicht an die Menschen, die in
den vergangenen Jahrzehnten die Voraussetzungen für den Fortschritt in
der Tierhaltung geschaffen haben. Wer heute in den Bereichen Landwirt-
schaft und Ernährung seine Zukunft sieht, der kann erschlagen werden
von Negativdiskussionen um Glyphosat und die Grenzen des Wachstums.
Er kann aber auch von den Chancen digitaler Kanäle profitieren und neue
Konsumtrends in Geschäftsmodelle verwandeln.
Nicht mehr „höher, schneller, weiter“
Die Zukunft eines Betriebes hängt nicht mehr an der Baugenehmigung
für einen Stall oder einer guten Lage – sondern an der Fähigkeit, Chan-
cen zu erkennen und Spielregeln zu hinterfragen. Zukunft bedeutet im
Jahr 2019, Produkte zu erzeugen, die auf eine wachsende Nachfrage in
der Gesellschaft abzielen, sorgsamer mit Ressourcen umzugehen und die
Chancen, aber auch die Risiken digitaler Technologien für den eigenen
Betrieb einzuordnen. Dadurch wird das nächste große Ding in der Land-
wirtschaft nicht „höher, schneller, weiter“– sondern „smarter, effizienter
und ressourcenschonender“.
Mehr dazu unter: www.f3.de
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