+3 Magazin Juli 2019 | Page 6

+1 6 › Sonja Wlcek, Bioberaterin und Agrarjournalistin NEUER STANDARD 5G weckt hohe Erwartungen, aber nicht unbedingt die Zahlungsbereitschaft Erwartungen an 5G Bessere Netzabdeckung / Keine Funklöcher 3% 76% Rob, der Baumeister Natürlich wird die Welt von morgen von Rob, dem Regenwurm, und seinen Freunden gebaut werden. Wer sollte es sonst tun? Wir Menschen können nur „Unbelebtes“ wie Computer, Häuser oder Maschinen herstellen. Das Eda- phon – zu Deutsch Bodenleben – dage- gen zersetzt organisches Material wie Pflanzenreste, Aas, Pilze und Bakterien in kleinste Bestandteile und baut diese wieder zu komplizierten Verbindun- gen, dem Humus, zusammen. Etwa zwölf Prozent des Edaphons bestehen aus Regenwürmern: Ihre Grabetätig- keit bringt Luft in den Boden, durch- mischt die Schichten und verbindet Huminstoffe zu Dauerhumus. Das Bodenleben ist weltweit gefährdet. Bo- denversiegelung bringt Rob und seine Freunde ebenso um wie Agrochemika- lien. Offener, unbewachsener Boden wird durch Licht, Regen und Wind geschädigt, weggewaschen und ver- weht. Je weniger Bodenlebewesen ihn zusammenhalten, umso mehr geht ver- loren. Weltweit droht ein zusätzliches Drittel der Landfläche zu Wüste zu werden. Wir Menschen benötigen für unsere Nahrung aber Boden(leben). Sonja Mauerhoff, Leserin Selbst ist der Mensch Ich denke, dass es zunächst immer mehr in Richtung Automatisierung von Produktion, Dienstleistungen und Services gehen wird. Doch ich hoffe sehr, dass es eines Tages eine Rückbe- sinnung darauf geben wird, auch mal selbst wieder das Gehirn einzuschal- Harry Wagner, Professor für Automotive und Mobility Management, Technische Hochschule Ingolstadt Urbane Drehkreuze Wir können es alle nicht mehr hören. Elektromobilität hier, neue Scooter da, autonome Fahrzeuge dort. Und klar ist mittlerweile auch: Die Urbani- sierung wird uns noch allen zum Ver- hängnis werden und wir müssen uns zwangläufig nach neuen Mobilitäts- lösungen umschauen. Da stellt sich einem die Frage nach dem Allheilmit- tel für die Mobilität von morgen. Die Antwort hierauf ist nicht trivial, aber trotzdem müssen wir das Rad nicht neu erfinden. Wir müssen es schaffen, bisherige Infrastrukturen effizienter zu nutzen, anstatt neue Straßen zu bauen. In der modernen Städtepla- 25% Höhere Geschwindigkeiten 65% 39% Weniger Netzausfälle 63% Zahlungsbereitschaft für 5G Kurze Reaktionszeiten 47% 2% Längere Baƒerielaufzeiten 31% 25% 20 bis weniger als 30 Euro 10 bis weniger als 20 Euro Weniger als 10 Euro Nichts Weiß nicht / Keine Angaben Mir reicht auch 4G/LTE 12% Umfrage unter 782 Smartphone-Nutzern, Februar 2019 Quellen: Bitkom Research, Statista Zum Glück lässt es sich auf den meis- ten Standorten wieder ansiedeln, selbst in der Wüste. Das Edaphon benötigt allerdings Unterstützung: Viel organi- sches Material, Fruchtfolge, Bewuchs und Verzicht auf Agrochemie. Also Bio- Landbau. Sollten wir es nicht schaffen, gemeinsam mit dem Edaphon frucht- baren Boden zu erhalten, werden zwar Rob und seine Freunde irgendwann wieder Boden aufgebaut haben, dann aber ohne uns Menschen. ten und wieder verstärkt auf Kreati- vität, Gefühle und Menschlichkeit zu setzen. Hoffentlich ist es dann dafür nicht schon zu spät. Insbesondere wünsche ich mir, dass die Menschen ihre Fähigkeiten nicht verlieren und wertvolles Wissen, das über Genera- tionen weitergegeben wurde, nicht in Vergessenheit gerät. Wer kann heu- te noch eine Karte lesen und kommt ohne Navigationssystem ans Ziel? nung sollte der Mensch im Mittel- punkt stehen. Die Idee des Bahnhofs als eine Art Mobility Hub muss neu gedacht werden. Ein Drehkreuz, an dem alle Mobilitätskonzepte gebün- delt zusammenlaufen und je nach Mobilitätszweck genutzt werden kön- nen. So entstehen Angebote um den Nutzer herum, der nach seinen Be- dürfnissen Mobilität individuell kon- sumieren kann. Die Herausforderung besteht darin, zunächst einmal einen physischen Zugangspunkt als Basis für kollaborative Mobilitätskonzepte zu gewährleisten. Der Mehrwert für den Nutzer wird erst danach durch die digitalen Schnittstellen und Dienste geschaffen. Zudem dienen derartige Mobility Hubs in der Zukunft nicht allein nur als Zugangspunkte für Mo- bilität. Sie werden auch ein Ort sein, an dem neue Konzepte erprobt wer- den, aber auch Raum für Kreativität schaffen, indem Möglichkeiten des Co-Workings angeboten werden. Juliane Bublitz und Lukas Bosch, Unternehmer, Speaker und Innovationsberater Von der Plage zum Potenzial Vor einigen Jahren gab es einen in- teressanten Management-Trend. Führungskräften wurde eingebläut, sie sollten nicht von Problemen spre- chen, besser sei: Herausforderung. Wenn wir die Welt gestalten wollen, müssen wir noch weitergehen. Denn die Probleme sind da: Klimawan- del, Politikkrise, Flüchtlingsströme. Wenn wir uns diesen Herausforde- rungen stellen, arbeiten wir gegen sie an, aber lösen sie nicht. Was tun? Oft Yvonne Hofstetter, Publizistin und Essayistin Sprung ins Ungewisse Künstliche Intelligenz (KI) ist en vogue. Technologieriesen, ihre In- vestoren und globale Beraterfirmen drängen zur Eile: Wer heute nicht KI einrüstet, ist morgen der Verlie- rer im globalen Wettbewerb. Aber sind Vorstöße wie „KI überall! KI für jedermann!“ vernünftig? KI kann Vorteile haben, etwa als potenzielles Gegenmittel zum Arbeitskräfteman- gel. Aber beim autonomen maschi- nellen Ersatz für den Menschen steht die Wirtschaft noch ganz am Anfang. Wer mehr KI baut, verlässt sich auf das Internet of Everything. Denn KI braucht Lagebewusstsein, also jede Menge Daten, um die Umwelt zu verstehen und algorithmische Ent- scheidungen zu treffen. Selbst wenn wir akzeptieren, dass KI eine gefähr- hilft ein Blick über den Tellerrand. Im Aikido besteht die Kunst darin, den Angriff nicht nur abzuwehren, sondern in eine Verteidigungsbewe- gung umzulenken, die dadurch dop- pelt so stark wird. Genauso stecken auch in jedem Problem Ansatzpunk- te für die Umkehrung in ein Poten- zial. Als Unternehmer haben wir so einen beim Thema biologische Inva- soren gefunden. Es handelt sich um Tiere, die durch globalen Handel in fremde Ökosysteme gelangt sind. Sie verdrängen heimische Arten, denn sie haben keine Fressfeinde. Einige gelten in ihren Herkunftsländern als Delikatessen, darunter der Ame- rikanische Sumpfkrebs, der sich seit einigen Jahren in Berlin wohlfühlt. Aber Moment mal: keine Fressfein- de? Hier liegt das Potenzial: Die Ber- liner retten mit Genuss ihr eigenes Ökosystem. Schädliche Tiere wer- den nicht nur beseitigt, sondern die Menschen tun bewusst etwas für ihre Umwelt, ernähren sich gesund und verhalten sich ohne Verzicht nach- haltig. Kleine Schritte können Prob- leme in Potenziale verwandeln. Das Wichtigste ist: anfangen! liche Technologie ist, weil sie stän- dig Fehler macht – so wie Menschen auch –, ist die Infrastruktur für KI höchst verwundbar. Die Folgen einer schweren Störung unserer Netzwer- ke, die manche Staaten vorbereiten, um anderen Staaten ihren Willen aufzuzwingen, können wir uns noch gar nicht ausmalen, weil sie noch nie eingetreten ist. Und wo Staaten radi- kal neue KI-Lösungen für Waffensys- teme ausschreiben, sollte uns allen mulmig sein. Denn KI ist nicht nur Hoffnungsträger. Auch die Kohleför- derung war einst als Heilsbringer der deutschen Wirtschaft gepriesen. Erst heute, Jahrzehnte später, wissen wir: Kohleabbau und -verbrennung sind Umweltschädling und Klimakiller sondergleichen. Abwarten, ob sich die KI irgendwann nicht als ähnlich riskant erweist.