+3 Magazin Juli 2019 | Page 4
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WER BAUT DIE WELT
VON MORGEN?
WIR FRAGEN:
... und was ist
Ihre Meinung?
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Ob technisches Spielzeug die Kreativität von Kindern fördert, muss jeder für
sich selbst entscheiden: Zwischen Befürwortern und Zweiflern herrscht ein
regelrechter Glaubenskrieg.
Quellen: ingenieur.de, baby-und-familie.de
© iStock./slavemotion
Wolfgang Streit,
Professor für
Mikrobiologie und
Biotechnologie,
Universität Hamburg
Hungrig auf Plastik
Wie cool wäre es, in einer Welt zu le-
ben, in der es keinen Plastikmüll gibt.
Das ist nach meiner Ansicht ein Traum,
der zumindest zum Teil wahr werden
kann, wenn wir auf Einwegmaterialien
aus Kunststoff weitestgehend verzich-
ten, prinzipiell eine hohe Recyclingrate
anstreben und nach Möglichkeit syn-
thetische Polymere durch mikrobio-
logisch abbaubare Materialien erset-
zen. Für die Welt von morgen ist das
jedoch nicht ausreichend: Wir müssen
Materialien entwickeln, die durch Mi-
kroorganismen besser abbaubar sind,
aber auch den hohen Ansprüchen, die
wir an synthetische Polymere stellen,
gerecht werden. Doch das ist nur der
erste Schritt. Wirklich nachhaltig wird
es erst dann, wenn wir es auch schaf-
fen, machbare Konzepte zu erarbeiten,
um Kunststoffe mit Hilfe von Mikroor-
ganismen wieder in Wertschöpfungs-
ketten zu integrieren. Dabei könnten
gerade plastikfressende Bakterien eine
echte Alternative und ein Schlüssel
für innovative Zukunftstechnologi-
en darstellen. Realistische Beispiele
wären der Einsatz von plastikabbau-
enden Mikroorganismen oder deren
Enzyme, um den Eintrag von Kunst-
stoffen in Form von Mikroplastik im
Abwasser oder in Kompostanlagen zu
verringern. Darüber hinaus könnten
wir Bakterien mit Werkzeugen der
synthetischen Biologie beibringen, aus
PET-Flaschen Arzneimittel oder den
Treibstoff von morgen zu produzieren.
Dank der mikroskopisch kleinen Hel-
fer könnte er wahrwerden, der Traum
von einer Zukunft ohne Plastikmüll.
Otto Ulrich,
Leser
Agrarwende jetzt
Die weltweit wachsende Ernährungs-
krise sollte nicht mit noch mehr Pes-
tiziden, mehr Glyphosat, mit einem
agrarindustriellen Ansatz angegan-
gen werden müssen. Die Zukunft ge-
hört einer Agrarwende, die etwa eine
bienenfreundliche Landwirtschaft als
Teil einer biodynamischen Landwirt-
schaft zu entfalten versteht, in der da-
rauf geachtet wird, die Wiesen nicht
vor der Blütezeit abzumähen – das
mögen die Bienen überhaupt nicht.
Ein Bienenvolk stellt einen Organis-
mus dar, dessen Integrität zu wahren
zum Geheimnis einer Landwirtschaft
gehört, die das Geistige darin erkennt,
es nutzt und darum weiß, wie diese
in Einklang mit der Natur und zum
Nutzen der Gemeinschaft entfaltet
werden kann. Und das kommt an: Er-
weiterte Anschauungen zum materi-
ellen Weltbild werden heute verstärkt
gesucht, auch weil die konventionel-
le Landwirtschaft sich mit all ihren
nicht-naturgemäßen Auswüchsen als
wenig nachhaltigkeitsfähig erweist.
Die weltweit wachsende biodyna-
mische Landwirtschaft zeigt im wis-
senschaftlichen Studienvergleich mit
konventioneller Landwirtschaft – was
etwa Bodenfruchtbarkeit, Biodiversi-
tät, Wasserverbrauch, Ressourceneffi-
zienz und Tierwohl anbelangt – mar-
kante, empirisch ermittelte Vorteile.
Sicherlich wird eine zukünftige Land-
wirtschaft auch ein Lernort sein, um
der aktuellen Konfrontation mit der
zunehmend virtuellen und digitalen
Welt mit einem erweiterten Verständ-
nis des bäuerlichen Umgangs mit den
Ressourcen der Natur zu begegnen.