+3 Magazin Dezember 2015 | Page 5

+1 Jonas Burgert, Künstler Form folgt Inhalt In der bildenden Kunst sind im besten Fall Stil und Inhalt nicht voneinander zu trennen. Stil ohne Inhalt kann Mode sein oder auch Dekoration, beides hat seine Berechtigung. Für die Kunst wäre diese Loslösung jedoch negativ besetzt. Wenn Stil als Sprachklang zu verstehen ist, so muss dieser den Inhalt als Empfindung in ein formales Gebilde transformieren. Gelingt dies, kann Zeitlosigkeit entstehen. Wenn man jedoch versucht, den Weg abzukürzen, nur die Form zu wählen, die Stilelemente, dann funktioniert es nicht mehr in einem künstlerischen Sinne. Stellen wir uns Michael Gläser, Leser Ein Bartleben Stil kann mehreres bedeuten: mein Aussehen, mein Verhalten, meine Art zu schreiben und vielleicht noch anderes. Nehmen wir mal mein Aussehen, wenn ich meine Wohnung verlasse oder zu Hause Gäste habe. Im Laufe meines Lebens hat es sich natürlich geändert. Je älter ich wurde, desto bewusster habe ich auf mein Aussehen geachtet. Das heißt aber nicht, dass ich mich immer raffinierter gestylt habe. In den 1960er-Jahren fühlte ich mich mit den Anhängern der Studentenrevolte verbunden und ließ mir einen Bart wachsen. Meinem Vater gefiel etwa vor, heute nutzt jemand einfach nur die Formensprache von Gauguin, dann fehlt der Kampf um die Inhalte, es fehlt das Authentische. Ein Künstler muss privat, ehrlich und echt sein. Gleichzeitig gilt es, einen Spagat zu schaffen: Jeder ist eine eigene Persönlichkeit und damit kann auch jeder seinen eigenen Stil schaffen, aber nicht jeder ist in der Lage, andere Menschen abzuholen. Bleibt der Künstler zu privat, ist er in seinen Empfindungen für andere nicht nachvollziehbar. Eine Brücke kann über das Symbolische gebaut werden. Wir merken uns Empfindungen und können diese beim Ansehen einer symbolischen Darstellung wieder hervorrufen. Unsere Sehnsüchte nach einer inhaltlichen Verknüpfung werden bedient. Kunst versucht, Denken zu empfinden, autark und radikal. Der Stil des Malers ist dabei das Orchester der Pinsel und Farben. Kunst ohne Stil gibt es nicht. das überhaupt nicht, also musste der Bart wieder runter. Erst als ich dann mein erstes Geld verdiente und von ihm unabhängig war, ließ ich ihn wieder wachsen. Zuerst war es ein mittellanger Vollbart. Für kurze Zeit habe ich die Backen frei rasiert, es dann aber wieder wachsen lassen. Dahinter stand auch eine gewisse Bequemlichkeit, die mich vom täglichen Rasieren befreite. Dagegen stand allerdings die Pflicht, den Bart sauber zu halten. In den 1980er-Jahren – ich lebte damals in Frankreich – sah ich einen französischen Minister mit einem sehr kurz gehaltenen Vollbart, höchstens zehn Millimeter. Er sah damit verdammt gut aus. Das war für mich der Anlass, mir einen elektrischen Bartschneider zu kaufen und meinen Bart einmal wöchentlich auf eben diese Länge zu stutzen – bis heute. Erst wenige Jahre später kam die Mode des Drei-Tage-Barts auf, die ich jedoch nicht kopieren wollte. 5 Sabine Pech, Leserin Matthias Buschmann, Leser Cool in Berlin Es ist ein fauler, herbstlicher Samstag. Um die Mittagszeit beschließen wir, auf dem Markt am Boxhagener Platz schnell ein paar Einkäufe zu machen. Vorher noch duschen, stylen oder vielleicht Haare waschen? Mein Freund könnte sich eigentlich noch rasieren. Nein, dafür bleibt keine Zeit. Schließlich wollen wir die Marktleute nicht beim Abbauen antreffen. Macht auch nichts, denn wir ziehen unsere dicken Parkas über den Schlunz-Look und setzen Wollmützen auf. Nach dem Einkaufen kehren wir noch in unser portugiesisches Lieblingscafé ein und fläzen uns zum Teetrinken auf eines der gemütlichen Sofas. Ich schaue über meine Zeitung hinweg zum Eingang und sehe eine Crew von Fotografen und Lichtassistenten hereinkommen. Prompt werde ich angesprochen, ob sie uns nicht für die „Elle Italy“ fotografieren dürften. Sie machen gerade ein Special: „Cool in Berlin.“ Franziska Knuppe, Model Stil ist immer in Stil ist Aussehen, der Habitus, die Art zu reden oder wie man sich bewegt, und am Ende ist es die gesamte Person. Stil ist nicht abhängig davon, ob man jedem Modetrend hinterherläuft, sondern davon, ob man erkannt hat, wer man wirklich ist. Zwischen Mode und Stil gibt es einen großen Unterschied. Coco Chanel sagte einmal: „Mode ist vergänglich, Stil bleibt.“ Mit unserem Äußeren stellen wir dar, wer wir sind. Zum Viele Facetten Stil heißt für mich: Meine Leidenschaften, Stimmungen, Gelüste und Neugierde auszuleben, wo und wie lange ich will. Meine Energie mit vielen interessanten Menschen zu teilen und weiterzugeben. Leichtigkeit und Spaß jeden Tag zu genießen. So oft ich kann etwas Neues auszuprobieren. Meinen Hedonismus immer wieder versuchen zu zügeln. Meinen Klamottengeschmack zu erweitern und immer wieder Akzente zu definieren. Mich selbst an meinem Humor zu erfreuen. Meine Motivation, andere Menschen glücklich zu machen und ihren Ehrgeiz zu wecken. Mir durch meinen Spaß an Konsum und Verschwendung nicht meine Sorglosigkeit nehmen zu lassen. Jeden Morgen mit einem Lachen aufzuwachen. Beispiel können sich ältere Mitmenschen schrill und bunt anziehen, während eine Mitzwanzigerin vielleicht nur schwarze Etuikleider trägt. Stil haben Menschen, die sich nicht in Schubladen stecken lassen. So lange es ihr Inneres widerspiegelt und sie sich nicht für andere verkleiden, dann definiert das Stil. Und wer Stil hat, macht immer eine gute Figur – ganz egal, welche Modetrends gerade angesagt sind. Stephan Averdung, Les W