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Jonas Schmidt-Chanasit,
Leiter Arbeitsgruppe
Arbovirologie,
Bernhard-Nocht-Institut
für Tropenmedizin
(BNITM) Hamburg
Schutz vor der
nächsten Pandemie
Kein Mensch weiß, wie viele Viren-
arten auf der Welt existieren. Schät-
zungen reichen bis zu 10 31 – das ist
eine Zehn mit 31 Nullen. Was wir aber
sicher wissen, ist: Alle Viren, die uns
Menschen in den vergangenen Jahr-
zehnten Ärger gemacht haben, sind
zoonotische Viren. Also Viren, die von
Wirbeltieren auf den Menschen über-
tragen wurden. Diese Viren stehen
im Zentrum unseres Interesses. Ihre
Wirtstiere leben oft in abgelegenen
tropischen Regionen. Wir reisen da-
her regelmäßig nach Afrika und Süd-
ostasien und suchen im Dschungel
nach Wirbeltieren und den mit ihnen
vergesellschafteten Viren – erst mit
Fallen, dann mit molekularbiologi-
schen Labortechnologien. Nach einer
solchen Expedition geht es ins Labor.
Wir wollen wissen: Können diese Vi-
ren menschliche Zellen infizieren?
Machen sie Menschen krank? Wie
leicht lassen sie sich übertragen? Nach
Jahren mit aufwändigen Laborexperi-
menten mit den aktiven Viren haben
wir Antworten und können einschät-
zen, welches Risiko von einem Virus
ausgeht. Und wenn wir die geneti-
schen Eigenschaften dieser Viren und
die Struktur ihrer Proteinbestandteile
kennen, können wir sogar eine zuver-
lässige Diagnostik – die nun dringend
benötigten Schnelltests – entwickeln
oder auch Impfstoffe. Die könnten
wir einsetzen, sobald es zu einer Epi-
demie mit einem dieser Viren kommt.
Das Problem dabei: Allein die Zahl
der Säugetier-Viren wird auf mehr als
300.000 geschätzt. Es gleicht der Su-
che nach der Nadel im Heuhaufen.
HOHE MESSLATTE Medizinforschung gestern und morgen
Helden von heute
Ich empfinde es als sehr wohltuend,
dass viele in der Gesellschaft jetzt kla-
rer sehen und erkennen, wer die wah-
ren Helden in der Gesellschaft sind.
Nicht Instagram-Influencer und
Popsternchen, sondern Pflegekräfte,
Mediziner und Forscher. Der Zusam-
menhalt in unserem Land wird nicht
durch das Trällern eines Liedchens
bestimmt, sondern durch die heraus-
ragende Spitzenforschung, die es uns
hoffentlich bald mit der Entwicklung
eines Impfstoffes ermöglichen wird,
unser liebgewonnenes Alltagsleben
wieder aufzunehmen und gesund
zu bleiben. Woran Politiker oftmals
scheitern, machen meines Erachtens
Forscher in mustergültiger Weise
vor: eine effektive und intelligente
Zusammenarbeit auf globaler Ebene.
Viele Probleme der Welt lassen sich
nur lösen, wenn Menschen kooperie-
ren. Ich bin überzeugt davon, dass die
akute Pandemie, aber auch andere
Gesundheitsrisiken, durch universale
Forschungsnetzwerke lösbar sind. Ich
ziehe auch meinen Hut vor Forschern,
die in der jetzigen Situation Tag für
Tag komplexe Zusammenhänge ver-
ständlich erklären, damit alle Bürger
den Ernst der Lage begreifen können,
ohne zu verzweifeln. Und deswegen
trägt der Held von heute kein Desig-
nerkleid, sondern einen Kittel.
44%
35%
43%
Behandlung von
neurologischen Erkrankungen
Behandlung von Krebs
2060
2019
1980
Umfrage unter 1.000 Personen in Deutschland, Juli 2019; Mehrfachnennungen möglich
Quelle: Amgen
Stephan Sieber,
Professor
für Organische Chemie,
Technische Universität
München
Entwaffnen statt töten
Antibiotika gelten als zuverlässige Me-
dikamente gegen bakterielle Infektio-
nen. Allerdings werden Antibiotika-
resistente Keime zunehmend zum
Problem. Woran liegt das? Beim Tei-
lungsprozess von Bakterien kommt es
immer wieder zu spontanen Fehlern,
sogenannten Mutationen. Erfolgt eine
solche Mutation in einem Angriffsziel
des Antibiotikums, kann dieses nicht
mehr binden und der entsprechende
8% 3%
Europa Nordamerika Asien Rest der Welt
Quellen: Vaccines Europe, Statista
DIES IST EINE GESPONSERTE ANTWORT, ALSO EINE ANZEIGE
viduelle Asthmatherapien zu entwi-
ckeln, um mehr Patienten zu helfen.
Denn Asthma ist nicht gleich Asth-
ma. Es gibt viele Untergruppen, die
über die klassische inhalative Thera-
pie hinaus spezifische Behandlungen
benötigen. Um diese weiter zu erfas-
sen, verfolgt AstraZeneca einen drei-
stufigen Ansatz, wobei wir uns als in-
ternationaler Pharmakonzern so nah
wie möglich an der Wissenschaft ori-
entieren: Wir verbessern zum einen
die inhalativen Therapien, die weiter
die Grundlage der Asthmabehand-
lung bilden. Zum anderen forschen
wir intensiv an biologischen Präzisi-
onstherapien, also Wirkstoffen, die
38%
Stammzellenforschung
Aids-Forschung
13%
Asthma ist eine der häufigsten chro-
nischen Krankheiten. Etwa 300
Millionen Betroffene gibt es welt-
weit. All diese Menschen zählen in
der Covid-19-Pandemie zur Risiko-
gruppe, vor allem wenn ihr Asth-
ma schlecht eingestellt ist. Uns von
AstraZeneca geht es darum, indi-
58% Behandlung von Krebs
33% Früherkennung von Krebs
Organ-Transplantationen
76%
Therapien nach Maß
kommenden 40 Jahre
47%
Friedhelm Mannig, Leser
VIRENSCHUTZ MADE IN EUROPE In Europa werden rund Dreiviertel der weltweiten Impfstoffmengen produziert
Dr. Klaus Hinterding,
Medizinischer Direktor
AstraZeneca Deutschland
Die größten zu erwartenden
Die größten
medizinischen Erfolge der
letzten 40 Jahre
Bakterienstamm überlebt. Es kommt
zu einer Selektion dieser resistenten
Spezies. Das ist das grundlegende
Dilemma aller antibiotischen Wirk-
stoffe. Eine Alternative dazu ist das
Entwaffnen: Bakterien sind nicht per
se schädlich. Schadhaft sind vor allem
ihre Giftstoffe, die sie herstellen. Ge-
länge es, diese Giftstoffe auszuschal-
ten, dann würden sie keinen Schaden
mehr anrichten und über kurz oder
lang über die Immunantwort elimi-
niert. In meiner Arbeitsgruppe entwi-
ckeln wir Wirkstoffe, die einen zentra-
len Regulator der Infektionskraft von
Bakterien ausschalten. Die behandel-
ten Bakterien produzieren keine Toxi-
ne mehr und sind entsprechend nicht
mehr infektiös. Und da die Bakterien
nicht getötet werden, fehlt der Selekti-
onsdruck für Resistenzen. Außerdem
bleibt das essenzielle Mikrobiom der
Darmflora geschützt und wird nicht
wie bei einer Antibiotika-Behandlung
ebenfalls entfernt, was zu Nebenwir-
kungen führen kann. Unser Augen-
merk richtet sich nun darauf, aus die-
ser spannenden Grundlagenforschung
einen neuen therapeutischen Ansatz
zu entwickeln.
Fritz Lerke, Leser
Netzwerk mit Erfolg
aus oder mithilfe von biologischen
Organismen erzeugt werden – wie
etwa aus Zellen hergestellte immu-
nologische Antikörper. Das Ziel sol-
cher Präzisionstherapien ist es, die
Wirksamkeit und Sicherheit in genau
definierten Patientengruppen, also
für Patienten mit einer bestimmten
Asthma-Art, deutlich zu verbessern.
Und schließlich wollen wir langfris-
tig das Fortschreiten der Krankheit
stoppen, um den Patienten ein bes-
seres Leben zu ermöglichen. Aktuell
befinden wir uns dafür noch in der
frühen Entwicklungsphase, aber die
bisherigen Ergebnisse stimmen uns
sehr zuversichtlich.
Aus meiner Sicht ist es ein immen-
ser Vorteil des Forschungsstandortes
Deutschland, dass ein Zusammenspiel
von Universitäten, öffentlichen medi-
zinischen Instituten und der Pharma-
industrie möglich ist. Natürlich ist im
Zuge der Corona-Krise der Fokus der
Öffentlichkeit auf Entwicklungen im
Zusammenhang mit der Bekämpfung
des Virus fixiert. Das heißt aber nicht,
dass alle anderen Krankheiten plötzlich
verschwunden sind. Gerade bei der Er-
forschung von Medikamenten bei chro-
nischen Krankheiten und der Krebs-
therapie hat sich meines Erachtens sehr
viel getan in den letzten Jahren, wofür
zahlreiche Patienten sehr dankbar sind.