Zukunftsblick Kompakt | Page 6

Q uer durch die Zimmer schallt die aufgeregt intonierte Frage: »Hat irgendjemand meine Schlüssel gesehen?« Und schon wird fieberhaft nach dem vermissten Schlüsselbund gesucht… Wer kennt diese Situation nicht? Wie oft schon haben wir selber unseren Schlüssel verlegt und gerieten auf der Suche nach diesem speziell geformten Stück Metall ins Schwitzen. So klein er auch sein mag, er ist von höchster Wichtigkeit für uns. Nur mit seiner Hilfe können wir unser Haus betreten und beim Verlassen vor dem Zutritt fremder Personen schützen. Das Auto verlangt seinen individuellen Schlüssel, um geöffnet und gestartet zu werden, damit wir mit ihm fahren können. Schlüssel dienen dem Zweck, Tore zu öffnen oder zu schließen und Wertvolles unter Verschluss zu halten. Sie ermöglichen, dass Räume nur Befugten zugänglich sind und vor fremdem Zugriff geschützt werden. Wer den Schlüssel zu etwas besitzt, hat Macht über das, was der Schlüssel öffnen und schließen kann. Früher waren Schlüssel meist recht groß und wurden offen als Symbol wichtiger Personen getragen, um ihre Macht nach außen zu demonstrieren. So befestigte beispielsweise eine Hausherrin die Schlüssel von Haus und Vorratskammer deutlich sichtbar an ihrem Gürtel. Sie hatte die »Schlüsselgewalt« in ihrem Haushalt und damit alleinigen Zutritt zu den Vorräten. Ein Kerkermeister stellte seinen Schlüsselbund ebenfalls sichtbar an seinem Gürtel zur Schau, um den Gefangenen seine Überle6 ZUK U N F T S B L I C K m i n i 01-2014 genheit vor Augen zu halten. Mit der Übergabe des Stadtschlüssels kapitulierte ein Ort vor seinen Eroberern. Symbolisch wird er auch heute noch im Karneval für die Dauer der närrischen Zeit an die Jecken übergeben. Mittlerweile dienen zunehmend Passwörter und Codes demselben Zweck, um sich in der elektronischen Welt Zutritt zu sonst geschlossenen Bereichen verschaffen zu können. Das »Schlüssel-Schloss-Prinzip« ist bei Türschlössern ganz offensichtlich: Ein Schloss kann nur mit dem auf ihn passenden Schlüssel geöffnet und geschlossen werden. Und auch in der Biologie finden wir dasselbe Prinzip immer wieder. Wir kennen es aus der Fortpflanzung, bei der ein Weibchen (Schloss) und ein Männchen (Schlüssel) zusammenfinden, um sich zu vermehren. Biochemische Prozesse laufen nur ab, wenn zwei molekulare Strukturen ineinandergreifen können – eben nach dem »Schlüssel-Schloss-Prinzip«. Wem also der Schlüssel fehlt, dem bleibt ein Raum verschlossen, dem erschließen sich wichtige Bereiche nicht. Im Sprachgebrauch verweist der Schlüssel immer auf Herausragendes hin. So sprechen wir von Schlüsselqualifikation, wenn besondere Kenntnisse oder Fertigkeiten an eine Person gestellt werden. Die Schlüsselposition hat eine entsprechend qualifizierte Person inne. Und den Generalschlüssel erhält ohnehin nur jemand, der besonderes Vertrauen genießt, denn mit ihm ist die Schlüssel-