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uer durch die Zimmer schallt die aufgeregt intonierte
Frage: »Hat irgendjemand meine Schlüssel gesehen?«
Und schon wird fieberhaft nach dem vermissten Schlüsselbund gesucht… Wer kennt diese Situation nicht? Wie oft schon
haben wir selber unseren Schlüssel verlegt und gerieten auf der
Suche nach diesem speziell geformten Stück Metall ins Schwitzen.
So klein er auch sein mag, er ist von höchster Wichtigkeit für uns.
Nur mit seiner Hilfe können wir unser Haus betreten und beim
Verlassen vor dem Zutritt fremder Personen schützen. Das Auto
verlangt seinen individuellen Schlüssel, um geöffnet und gestartet
zu werden, damit wir mit ihm fahren können.
Schlüssel dienen dem Zweck, Tore zu öffnen oder zu schließen
und Wertvolles unter Verschluss zu halten. Sie ermöglichen, dass
Räume nur Befugten zugänglich sind und vor fremdem Zugriff
geschützt werden. Wer den Schlüssel zu etwas besitzt, hat Macht
über das, was der Schlüssel öffnen und schließen kann.
Früher waren Schlüssel meist recht groß und wurden offen als
Symbol wichtiger Personen getragen, um ihre Macht nach außen
zu demonstrieren. So befestigte beispielsweise eine Hausherrin
die Schlüssel von Haus und Vorratskammer deutlich sichtbar an
ihrem Gürtel. Sie hatte die »Schlüsselgewalt« in ihrem Haushalt
und damit alleinigen Zutritt zu den Vorräten.
Ein Kerkermeister stellte seinen Schlüsselbund ebenfalls sichtbar
an seinem Gürtel zur Schau, um den Gefangenen seine Überle6 ZUK U N F T S B L I C K m i n i
01-2014
genheit vor Augen zu halten. Mit der Übergabe des Stadtschlüssels
kapitulierte ein Ort vor seinen Eroberern. Symbolisch wird er auch
heute noch im Karneval für die Dauer der närrischen Zeit an die
Jecken übergeben. Mittlerweile dienen zunehmend Passwörter
und Codes demselben Zweck, um sich in der elektronischen
Welt Zutritt zu sonst geschlossenen Bereichen verschaffen zu
können.
Das »Schlüssel-Schloss-Prinzip« ist bei Türschlössern ganz
offensichtlich: Ein Schloss kann nur mit dem auf ihn passenden
Schlüssel geöffnet und geschlossen werden.
Und auch in der Biologie finden wir dasselbe Prinzip immer
wieder. Wir kennen es aus der Fortpflanzung, bei der ein Weibchen (Schloss) und ein Männchen (Schlüssel) zusammenfinden,
um sich zu vermehren. Biochemische Prozesse laufen nur ab,
wenn zwei molekulare Strukturen ineinandergreifen können
– eben nach dem »Schlüssel-Schloss-Prinzip«.
Wem also der Schlüssel fehlt, dem bleibt ein Raum verschlossen, dem erschließen sich wichtige Bereiche nicht.
Im Sprachgebrauch verweist der Schlüssel immer auf Herausragendes hin. So sprechen wir von Schlüsselqualifikation, wenn
besondere Kenntnisse oder Fertigkeiten an eine Person gestellt
werden. Die Schlüsselposition hat eine entsprechend qualifizierte
Person inne. Und den Generalschlüssel erhält ohnehin nur jemand,
der besonderes Vertrauen genießt, denn mit ihm ist die Schlüssel-