Extra-Quellenarbeit: Feldpostbriefe im Ersten Weltkrieg
Geschichte 9/Kaup
Aus dem Kriegstagebuch von Michael Kurz, 1914
Verwundung
"Von 6 Uhr morgens des 6. X. wurden wir in unseren Schützengräben vom Schlaf geweckt, um uns auf den
Vormarsch vorzubereiten. Um 9 Uhr gings vorwärts im ganzen Battl. kaum 100 m und feindliches Artilleriefeuer
bekamen wir so viel, daß nicht mehr weiter zum vorkommen war. Hinlegen und eingraben war das Allerbeste.
Nach einer Viertelstunde hieß es staffelweise vorgehen, und unser Halbzug bekam Deckung hinter
Strohhaufen. Dort blieben wir bis 4 Uhr in aller Ruhe, da kam von der rechten Flanke erst 1 und 3 Schuß der
Artl., 1/2 Std. Ruhe, noch ein Schrappnelg. und mich hatte dös Vieh den Kopf verletzt, einem anderen den Fuß
abgeschl., dann holten mich 2 Kameraden und fort gings zum Verbandsplatz, 2 Tage später ins Lazarett nach
Düsseldorf. Am 19. X. wurde ich operiert und sehe hoffnungsvoll der Heilung entgegen."
Zwischen Lazarett und Entlassung
"Als ich ungefähr 2 Monat im Bett lag, kamen unverhofft Mutter und Schwiegervater mich besuchen, was mich
sehr freute. Ende Januar 1915 durfte ich das Bett verlassen und bald darauf wurde ich auch meines großen
Kopfverbandes los - was für mich eine große Wohltat war, weil ich seit meiner Verwundung am 19. X. 1914
[offensichtlich hat mein Großvater hier das Datum seiner Verwundung mit dem Operationstermin verwechselt]
den Kopf nicht mehr abwaschen konnte. Am Ostermontag, den 5.4.1915 besuchten mich meine allerliebste
Gattin und Schwester, worüber ich große Freude, aber beim Abschied schweres Herz hatte.
Nun ging es wieder den alten Gang weiter, bis ich am 17.5. ds. Jh. ins Marinehosp. überführt wurde zu einer
Nasenoperation, welche so ziemlich schmerzte, nach 7 Wochen, anfangs Juli kam ich wieder zurück ins
Theresienhospital, wo Hr. Chefarzt Arnolds mir die Stirnwunde zumachen wollte, infolge Eiterung aber nicht
gemacht wurde. Später erkrankte Hr. Chefarzt, und am Freitag, 6.8.15 reichte ich Urlaubs- und
Überweisungsgesuch nach Bayern ein, um meine Lieben und das traute Heim nach einjährigem Fernsein
wieder zu sehen und in München ganz geheilt zu werden. Am 27. IX. bekam ich 3 Tage Urlaub, wo ich die traute
Heimat mit meiner geliebten Gattin und guten Mutter und Schwester mit dem Schwager Joseph begrüßen
durfte.
Weiteren Urlaub bekam ich vom 18. - 31. XI., 23. - 29. XII 15, 17. - 30. I., 15. - 29. II. [1916], worauf ich nach 16
Tagen, also am 16. III. zur Truppe in Revierbehandlung kam, aber schon am 19. III. auf 14 Tage in Urlaub fuhr.
Im April bekam ich 2 mal 14 Tage Urlaub bis 2. Mai, dann war ich in der Kaserne bis 30. Mai. Ab 1. VI. bekam ich
Heu - und Ernteurlaub bis 30. VIII. mit 5 Tag Unterbrechung. Am 1. IX. kam ich ins Rekruten-Depot
Wörthschule, wo ich nach 8 Tagen wieder zur 5. Komp. zurück, bekam je 14 Tag Erholungsurlaub bis 18. XI., da
hieß es Entlassungsurlaub, bis ich am 1. III. 1917 mit 27,50 M. [Mark] entlassen wurde."
Anmerkung: Damit enden die Aufzeichnungen des "Reservemannes" Michael Kurz, auf dessen wenigen Bildern bezeichnenderweise das
mitten auf der Stirn deutlich sichtbare Loch der Verwundung von den Photographen retouchiert ist - nicht zuletzt auf dem Foto seines
Kriegsverletztenausweises. Das zum Gehirngewebe hin mit einer Silberplatte verschlossene Loch hatte eine Verbindung zur Nase, sodass
beim Rauchen aus ihm Rauch entwich.
Quelle: https://www.dhm.de/lemo/zeitzeugen/michael-stroeber-kriegsbeschreibungen-meines-grossvaters-aus-den-jahren-1914-1915-teil-
3.html Zugriff am 20.10.2019