Kreative Innenstadt
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Nach White, 2010 kann die KuKw durchaus ein relevanter Standortfaktor für ländliche Regionen sein.
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Eine Längsschnittstudie von 2003 bis 2008 von Mossig( 2010) konnte statistisch bestätigen, dass ländliche Gebiete vom Gesamtwachstum der Branche relativ unberührt sind und dass die Zahl der Beschäftigten in der Kulturund Kreativwirtschaft tendenziell in Gebieten steigt, in denen es bereits viele gibt.
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Siehe hierzu Krzysztof et al. 2020.
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Zu nennen sind hier u. a.: Backes et al. 2013; Bell & Jayne 2010; Duxbury 2020; Engstler & Mörgenthaler 2014; Philip & Williams 2019; Strezelecka 2016.
Das in Abbildung 1 dargestellte Modell kann somit sehr gut verwendet werden, um die räumlichen Strukturen der KuKw zu veranschaulichen. Zudem erklärt es auch recht gut, warum sich die KuKw-Akteurinnen und Akteure im( groß-) städtischen Umfeld konzentrieren bzw. sich dort hinbewegen und sich dort unternehmerisch verwirklichen. Es ist also davon auszugehen, dass sich durch die Lage im ländlichen oder städtischen Raum Unterschiede durch entsprechende Vor- und Nachteile ergeben, die auch Auswirkungen auf die Gestaltung, Umsetzung oder Finanzierung von Gründungen haben.
3. Exkurs Kultur- und Kreativwirtschaft im ländlichen Raum
Viele der beschriebenen Strukturen und Multiplikatorinnen und Multiplikatoren( be-) finden sich in Großstädten und Metropolregionen. Aber wenn auch Cluster und Pools eher in städtischen Ballungszentren zu finden sind, spielen sie doch auch in ländlichen Gebieten oder kleinstädtischen Räumen durchaus eine wichtige Rolle. 6 Allein schon wegen der geringen Anzahl von Kreativunternehmen in Orten außerhalb von Städten ist es schwieriger, eine entsprechende Szene aufzubauen. Allerdings ist die Community für Gründungen in der Kukw im Vergleich relativ zu anderen Branchen sehr wichtig. 7 Das Modell des Wissenspools wird überwiegend auf Metropolregionen und Großstädte angewendet. Eine hohe Konzentration auf wenige Gebiete und eine eventuelle Vernachlässigung der peripheren Zonen durch Politik und Wirtschaft führen zudem zu einem Überangebot in den Clusterzonen. 8 Es besteht auch kein Anreiz, ins Umland zu ziehen, da die Infrastruktur von KuKw-Akteurinnen und Akteure dort als unattraktiv empfunden wird.
Aus den bisherigen Studien 9 über die KuKw in nicht-metropolitanen Gebieten lässt sich zusammenfassen, dass ländliche Gebiete viele Vorteile für das persönliche Wohlbefinden und das soziale Kapital von Kulturschaffenden bieten. Auf der anderen Seite fehlt es für die KuKw an ‚ harter‘ Infrastruktur. Das Fehlen von Initiativen und formellen Interessenverbänden bedeutet, dass nur wenige Menschen außerhalb der Kreativszene Berührungspunkte mit der KuKw haben. Institutionelle Unterstützung wie Nachwuchsförderung durch die Hochschulen und Mittel der Wirtschaftsförderung und Verwaltung erreichen den ländlichen Raum seltener. Andererseits sind soziale Netzwerke auf den unteren Ebenen des Wissenspools potenziell sehr ausgeprägt und spielen vor allem im ländlichen Raum eine wichtige Rolle. Es ist zu vermuten, dass es aufgrund fehlender Institutionen wie Hochschulen und der daraus resultierenden fehlenden kreativen Community schwieriger ist, Teampartnerinnen und-partner für gemeinsame Gründungen im ländlichen Raum zu finden.
4. Schlussfolgerung
Die Stadt bietet Kultur- und Kreativschaffenden ein dichtes, professionelles Cluster. Die geografischen Entfernungen zu kreativen Kolleginnen, Kunden und Auftragsgeberinnen sind kurz, die Netzwerke sind heterogen und verändern sich ständig. Die KuKw ist als Branche bekannt, Hochschulen und Weiterbildungseinrichtungen sind ein wichtiger Nährboden für junge Talente. Aber auch auf dem Land gibt es Vorteile für Kreativschaffende.
Zu nennen sind hier ein inspirierendes Umfeld, eine dichte, vertraute Szene, die Möglichkeit, ein Alleinstellungsmerkmal zu schaffen, weniger Wettbewerbsdruck und geringere Fixkosten. Aber gerade im ländlichen Raum wird es schwierig sein, genau die Kundinnen und Kunden zu finden, auf welche die gewünschte Grundidee des Gründungsvorhabens zugeschnitten ist.
Es gibt also kein einheitliches Muster unter den Akteurinnen und Akteuren der KuKw. So vielfältig die Strukturen, Bevölkerung und Angebote einer Stadt und Metropolregion sind, so vielfältig und divers ist auch die KuKw. Selbst in der homogenen Szene des ländlichen Raums ist jeder KuKw-Aktive ein Sonderfall. Aber gerade in dieser interdisziplinären Vielfältigkeit liegt ein großes Potenzial, innovative und kreative Angebote und Lösungen anzubieten, welche eine Region in seiner Standortqualität verbessert. Dieses Potenzial ist nicht nur für Metropolregionen und Innenstädte relevant, sondern sollte auch für kleinstädtische Strukturen und den ländlichen Raum genutzt und gefördert werden.
72 Stadt Visionen – Wissen, Kreativität und Kultur in der Innenstadt der Zukunft