Sonntagsblatt 6/2015 | Page 23

Menschen in den mittel- und osteuropäischen Staaten für die Freiheit auf die Straße gin- gen und die Ungarn mit dem Paneuro päischen Picknick und der Grenzöffnung „den ersten Stein aus der Mauer brachen” (Helmut Kohl). Er betonte, dass die Europäi sche Union eine Rechtsgemeinschaft sei und dies ermögliche eine friedliche Problemlösung. „Autoritäre Regime können und dürfen niemals ein Vorbild sein, weil sie das Recht missachten”, so der Vorsitzende der Konrad-Adenauer-Stiftung. Pöttering appellierte zudem daran, mit einem „entschlossenen Willen die Einheit Europas jeden Tag immer wieder zu verteidi- gen und gemeinsam die schwierigen Herausforderungen insbe- sondere in der aktuellen Flüchtlingskrise zu meistern”. Neben ihm sprach auch der Leiter des Kabinettsbüros des ungarischen Ministerpräsidenten, Minister Antal Rogán sowie Prof. Dr. Mária Schmidt, Generaldirektorin des Museums Haus des Terrors. Der Minister errinntere daran, dass Konrad Adenauer ein großer Christ demokrat gewesen sei. Rogán mahnte aber auch, dass sich das heutige Europa „erneuern müsse, wenn wir die europäische Einheit bewahren wollen”. Auf dem Sockel der Büste ist ein Zitat von Konrad Adenauer eingraviert: „Die Einheit Europas war ein Traum von wenigen. Sie wurde eine Hoffnung für viele. Heute ist sie eine Notwendigkeit für uns alle.” Die Büste besteht aus Bronze und wurde von dem Künstler Richard Juha aus Debrecen geschaffen. Stifter sind die Stiftung für die Geschichts- und Gesellschaftsforschung Mittel- und Osteuropas sowie die Stiftung für ein Bürgerliches Ungarn. Im Rahmen seines Aufenthaltes in Ungarn traf Hans-Gert Pöttering auch mit dem Präsidenten des Verbandes der Jüdischen Glaubensgemeinschaften Ungarns, András Heisler, sowie mit dem Oberrabbiner Ungarns, Róbert Frölich, zu einem Gedanken - austausch zusammen. In der Großen Synagoge in der Dohány Straße legte der Stiftungsvorsitzende am sogenannten Baum des Lebens, ein Holocaust-Denkmal für die Budapester Juden, einen Gedenkstein nieder. Ferner diskutierte der KAS-Vorsitzende an der Deutschspra - chigen Andrássy Universität Budapest mit einer Gruppe von 20 Studierenden, darunter 10 ungarische KAS-Stipendiaten, sowie mit dem Rektor der Universität, Prof. Dr. András Masát, unter dem Motto der Universität „Fit für Europa” aktuelle Herausfor - derungen der europäischen und internationalen Politik. Bence Bauer, LL.M – 5. November 2015 Quelle: Konrad-Adenauer-Stiftung – Auslandsbüro Ungarn – ri – O Eine schwere Zeit Ungarndeutsche in der „neuen Heimat Deutschland”– die erste Zeit nach der Vertreibung „Tanyaleben I” von Johann Wachtelschneider Der Vertreter der Gemeinde Hüttlingen hatte mittlerweile die Familienvorstände aus ihren Bauernhäusern gebeten, und bald bestaunte auch die ganze Einwohnerschaft des Weilers diese selt- samen Zuzügler. Nachdem die beiden ungarndeutschen Väter mit den Land - wirten Josef und Kaspar Mayer, beide in den Siebzigern, bekannt gemacht wurden, traf man dann alsbald die Entscheidung, wer bei wem unterkommen sollte. Wir kamen jetzt definitiv zur Familie Kaspar M. Die Familie meiner Cousine zum Bauern Josef M. Beide Familienvorstände waren Brüder, wobei es ursprünglich nur einen Mayer-Hof gab. Unsere Habe, eine Mehlkiste und ein naturfarbener, geflochte- ner Weidenkorb mit unserer Kleidung und der mitgebrachten Bettwäsche, dazu der schon sehr bescheidene Vorrat an Lebens - mitteln aus der Heimat, wurden nun in Richtung Bauernhaus transportiert. Vater und Mutter sah man nun deutlich an ihrer Nervosität an, dass jetzt etwas Wichtiges kommen musste: Die Zuweisung unserer Wohnräume!! Das Wohngebäude machte einen guten Eindruck mit seinem großzügigen Erd- und dem ausgebauten Dachgeschoß. Vor dem Gebäude wurde mein Vater sehr nachdenklich, denn er hatte be - reits registriert, dass zur Familie M. eine ganze Reihe bereits er - wachsener Töchter gehörte. Wo sollten wir denn da noch unter- kommen? Schon bald zeigte sich, dass seine Skepsis nicht ganz unbegründet war. Denn als wir in das Haus zur Wohnungs zu - weisung gebeten wurden, ging es nicht die Flurtreppe hinauf, son- dern hinunter in das Souterrain! Hier in der südöstlichen Ecke des Kellergeschoßes lag die Waschküche des Hofes, und dieser Raum mit neun Quadratmetern sollte nun unser neues Domizil werden. Mutter brach in Tränen aus und Vater machte eine gute Miene zu diesem traurigen Spiel… Die Familie war nicht unfreundlich zu uns und versuchte mei