Sonntagsblatt 6/2015 | Page 30

„... zum Ess’ n is a guat!”
Der Martinvetter war Handwerker von Beruf. Er hatte aber auch einen schönen Weingarten am Kalkberg droben. Den hat er neben seinem Handwerk, das er auch recht gut verstanden hat, schön und gut gearbeitet, so daß er einen guten Ertrag brachte. Nur von der Weinzubereitung hat der Martinvetter nicht viel verstanden, und er hat den Wein auch stiefmütterlich behandelt. Wenn er Leute gefragt hätte, die es besser wußten als er, wie man Wein macht und wie man ihn behandelt, damit er gut wird und auch bleibt, hätte man ihm gerne geholfen. Doch eigensinnig wie er schon war, wollte er seinen Wein alleine selber machen und dabei hat er ihn – wie jammerschade – jedesmal, wie man so sagt „ versaut”, was zur Folge hatte, dass sein Wein immer sauer und keimig( weißer Keimbelag über der Oberfläche des Weines im angestochenen Fass) war.
Eines Tages schickte er seinen Sohn, den Andrasch, in den Kel- ler: „ Du gehst jetzt owi in Kölla und holst an frisch’ n Wein. I hab a neichs Fassl ang’ stoch’ n auf da recht’ n Seit’ n.” Da sagte seine Frau, die Kathibasl: „ Hoffentlich is der net aa wieder so sauer wie der letzte woa.”
„ Was nur ihr allerweil hobt’ s mit mei’ m Wein”, sagte drauf der Martinvetter gereizt, „ zum Ess’ n is a doch guat!” Drauf meinte sein Sohn, der Andrasch: „... jo owa zum Trinken is a nix.”
Der Mesner Sepp
Irgendwo in einer Gemeinde, es könnte auch im Ofner Bergland gewesen sein, soll einmal an dem Sonntag vor dem Apostelfest Peter und Paul der Herr Pfarrer plötzlich krank geworden sein, so dass er keine heilige Messe lesen konnte. Da er aber so kurzfristig auch keinen Vertreter bekommen hatte, ließ er den Mesner zu sich rufen.
Dieser hat Joseph geheißen, und man nannte ihn im Dorf den „ Mesner-Sepp”. Da sagte der Herr Pfarrer zu ihm: „ Hör mal, ich bin heute erkrankt, so dass ich keine hl. Messe lesen kann. Es wä- re mir aber recht, wenn du wenigstens die Verkündigung machen könntest.” „ Ja, Herr Pfarrer”, sagte der Sepp, „ das kann i schon mach’ n. Was gibt‘ s denn alles zum sag’ n?”
„ Also pass einmal auf, es wäre folgendes zu verkünden: Erstens: Der Herr Pfarrer ist plötzlich krank geworden, so dass er keine hl. Messe lesen kann. Wenn ihr also heute keine hl. Messe hört, ist es keine Sünde, denn ihr könnt ja nichts dafür. Zweitens: Am Mon- tag ist eine Kindstaufe und am Abend singt der Kirchenchor. Drittens: Am Dienstag ist das Fest Peter und Paul und nach dem Hochamt ist Trauung. Viertens: Am Donnerstag ist Beichtgele- genheit, weil am Freitag Herzjesufreitag ist. Fünftens: Am Sams- tag hört ein fremder Herr die Beichte, und sechstens: Am Sonntag wird eine Kollekte abgehalten für den Hl. Vater( der sogenannte Peterspfennig am Sonntag nach Peter und Paul)… dann ist noch eine Handtasche gefunden worden und die hängt in der Sakristei. Ich werde es dir schön der Reihe nach aufschreiben.”
„ Na, na, Herr Pfarrer, dös brauchen’ s net, dös kann ich mir auch so behalten( und tippt mit dem Finger auf seine Stirn), wenn Sie es noch einmal dahersagen”. sagte der Sepp.
Schön der Reihe nach hat es ihm der Herr Pfarrer noch einmal dahergesagt, und dann ging der Mesner- Sepp hinüber in die Kir che,( hat aber unterwegs schon die Punkte etwas durcheinander, gebracht), und verkündigte dann wie folgt:
„ Also meine lieben Leut! Erstens: Unser Herr Pfarrer ist plötzlich krank geworden, so dass er heute keine hl. Messe lesen kann. Wenn ihr also heute keine hl. Messe hört, so ist das keine Sünde, denn er kann ja nichts dafür. Zweitens: Am Montag singt der Kir- chenchor bei einer Kindstaufe. Drittens: Am Dienstag ist die Trau ung von Peter und Paul. Viertens: Am Donnerstag ist Herz- jesufreitag. Fünftens: Am Samstag beichtet bei uns a ganz a fremder Herr und sechstens: Am Sonntag hält der Heilige Vater eine Kollekte ab, seine Handtasche hängt schon in der Sakristei.”
Das neue Lied!
„ Michl!” sagt die Ahnl zu ihrem Enkelsohn( der vor zwanzig Jahr am Michaeli-Tag geboren wurde, und darum hat man ihn auch auf den Namen des Erzengels Michael getauft), „ dass Du ma aa in d’ Kirch gehst, heut’ am heiligen Sonntag!” „ Ja freili’ Ahnl, freili’ geh’ i heut in d’ Kirch.” Der Michl hat aber unterwegs zur Kirche seinen Freund, den Sepp getroffen. Der wieder war gerade dabei, mit einem Fünf- liter-Krug in den Keller zu gehen, um für’ s Mittagessen einen frischen Wein zu holen. Eine große Weinbaugemeinde braucht auch viele und große Weinkeller mit dem entsprechenden Preßhaus davor, und die lagen bei uns in Reihen bzw. oberhalb des Dorfes drumherum in mehreren Kellerzeilen am Steinberg. „ Guat’ n Morg’ n Michl, wo gehst denn hin?” sagte der Sepp. „ In d’ Kirch will i gehn, i hab’ s meiner Ahnl heut’ versprochen.” „ I bin heut’ schon in der Früh- mess’ g’ west”, sagt da Sepp. „ Aber Du bist ja noch früh dran zum Hochamt um Zehne. Es hat ja net amol‘ s Erste g’ läutet. Komm mit, drink’ ma no a Glasl Wein miteinanda bei uns im Keller.” Der Michl hat seine Uhr, die an einer silbernen Kette hing, aus seinem Leibltaschl gezogen und sagt zum Sepp: „ Hast recht, i hab’ no a bißl Zeit. I geh’ mit.”
Kaum, daß der Sepp die Kellertür aufgesperrt hat, sind noch ein paar bekannte Burschen dazugekommen. Na und wie es schon so hergeht, wenn im Weinkeller gute Freunde beisammen sind und vor lauter „ von dem noch a Glaserl und von dem Fass, den müß’ ma auch noch probier’ n”, hat der Michl nicht mehr dran gedacht, was er seiner Ahnl versprochen hat.
Als es dann Zwölfe geläutet hat, sagt der Michl: „ Jetzt muaß i owa gehn, weil unser Ahnl wird schon wart‘ n mit der Rindsupp’ n, i tua heut bei ihra z’ Mittag ess’ n.” Wie er dann bei der Küchentü- re hereinkommt, hat ihn seine Ahnl gleich gefragt: „ Na bist a brav in der Kirch’ gwest?” „ Ja freilich Ahnl,” sagt darauf der Michl ein bisschen verlegen. „ Was harns denn heut g’ sungen in der Kirch’?” „ Wir sitzen so fröhlich beisammen...!” „ Sooo? Du, des Lied kenn i aber net.” Da sagt der Michl: „ Ahnl, des is a neues Lied!”
Der Pischta
Bei Mattles wurde der erste Bub auf den schönen Namen Stefan( auf ungarisch István, nach dem ersten ungarischen König von 1001 bis 1038) getauft. Weil aber in der Verwandtschaft und auch in der Nachbarschaft schon einige Buben herumliefen, die Stefan geheißen haben und weil die Mutter gemeint hat, es klingt etwas vornehmer, hat sie den Buben nach der ungarischen Koseform für István = Pista( sprich Pischta) genannt. Später, das heißt, in den darauffolgenden Jahren, kamen kurz hintereinander nochmal drei Buben in der Familie hinzu, so dass die Frau Mattle mit dem Pista zusammen jetzt vier gesunde Buben hatte.
Der Name Pista hat ihr aber so gut gefallen, dass, wenn man sie gefragt hat: „... wieviel Buben habt ihr eigentlich?”... dann hat sie meistens geantwortet: „... Mia ham drei Buam und an Pischta.”
Aus: J. DePonte und H. Prach „ Das Ofner Bergland von der Sonnenseite”
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