Sonntagsblatt 6/2014 | Page 24

Lebendigkeit gesprochen wird und die Lebenslust und Ge - mütlichkeit dieses so prächtigen Menschenschlages getreu zum Ausdruck bringt .
Ein , wenn auch noch so kurzer Besuch in einer der schwäbischen Gemeinden der Ofner Berge , wird einem jeden , der richtigen Sinn für gesunde Volksart hat , zu einem ergreifenden Erleb - nis . Wie in allen deutschen Gemeinden Ungarns , herrscht auch in diesen eine angenehm auffallende Reinlichkeit . Die schmucken Wohnhäuser bekunden sowohl im Äußern wie im Innern die umsichtigste Sorgfalt der Eigentümer . Küche , Kammer und Stube werden peinlichst in Ordnung gehalten . Alles verrät angeborene Liebe zu allen Gegenständen . Die Küche ist überall mit blumigen Tellern und anderem Küchengerät , die die Wände zieren , vollbehangen . Noch vor ein , zwei Jahrzehnten waren die aus der Urheimat mitgebrachten Himmelsbetten vorherrschend . Heute findet man sie nur mehr sehr selten . Aber auch heute noch ma - chen die Betten , besonders die in der selten betretenen „ Stube ” durch die vielen Polster und Oberbetten , die oft beinah bis an die Zimmerdecke reichen , einen ansehnlichen Eindruck . Ist man in einem solchen schwäbischen Hause zu Gast und schläft man über Nacht in der Kammer , so muss das Bett beim Schlafengehen zu - meist mit Hilfe eines Stuhles erklettert werden . Stube und Kam - mer sind reich mit Heiligenbildern ausgeschmückt , die oft alle Wände ausfüllen . Nicht selten wird in einer Ecke oder auf einem niedrigeren Schrank noch ein besonderer Hausaltar oder eine sog . Heiligenecke errichtet . Man glaube ja nicht , dass diese Dinge bloß Äußerlichkeiten sind . Sie sind ehrliche Kennzeichen einer im Gemüte dieses Volkes tief verankerten Religiosität . Dafür sprechen auch ihre oft bewunderten Prozessionen , die mit einer prunkhaften Großartigkeit , die ihresgleichen sucht , begangen werden , dass sie selbst Südländern zu Ehren gereichen würden . Die zuvor erwähnten Budaörser legen am Fronleichnamstag förm liche Blumenteppiche , die nach bestimmten Mustern geordnet werden , auf ihre Straßen , auf denen die Prozession mit den in ihrer so wunderschönen Festtracht prunkenden Mädchen vorbeizieht .
Fortsetzung folgt

Im Land der „ -né ” s

Bloß Inkonsequenz oder steckt etwa System dahinter ? – zur Namenswahl unserer deutschen Vertreter Von Richard Guth
Die in Grün gehaltenen zweisprachigen Wahlplakate zur diesjährigen Nationalitätenwahl erweckten den Eindruck einer gut organisierten Aktion . Zu den Kehrseiten einer Einheitsliste haben wir uns schon mehrfach geäußert und tun auch in dieser Nummer . Nein , es geht in diesem Beitrag in erster Linie um die Namens - wahl unserer ( nun , der Einheitsliste zum Dank ) gewählten Ver - treter . Bis auf wenige Ausnahmen deutsche Familiennamen mit ungarischen Vornamen und in der Reihenfolge , wie im Unga ri - schen gewöhnlich . Man könnte argumentieren , dass man ja wohl bei einem zweisprachigen Plakat doch für die eine oder andere Variante entscheiden müsste . Dass man da der ungarischen den Vor zug gibt , scheint eine Selbstverständlichkeit zu sein . So heißen unsere Georgs in der Öffentlichkeit weiterhin György , unsere Eli - sabeths Erzsébet , unsere Hans ’ János . Selbst die Endung „ né ” taucht da auf , was zwangsläufig Erinnerungen an die ová-Dis kus - sionen der 90er Jahre im Kreise der Slowakeimadjaren wachruft .
Man könnte meinen , das mit dem Wahlplakat war ja nur eine einmalige Geschichte , vielleicht ein Versehen . Die Neue Zeitung berichtete in ihrer letzten Oktobernummer über die konstituierende Sitzung der Vollversammlung der LdU . Und siehe , hier tauchen wieder die Katalins , Antals und Dorottyas auf , wohlgemerkt , neben den Marias , Emmerichs und Josefs . Warum dieser Wirr - warr bei den Namensangaben , darauf erhält man vorläufig keine Antwort .
Möglicherweise so gewünscht und in der Tat ist es so , dass jeder selbst über die Schreibweise seines Namens entscheidet . Aber dennoch , es wäre paradox , wenn ein Siebenbürger Sekler , sagen wir ein János , auf der Liste des Demokratischen Verbands der Rumänienmadjaren ( UDMR ) als Ioan aufgeführt wäre . Es gibt hierfür auch ein Negativbeispiel , nämlich das unseres Klaus Jo - han nis , der aus wahltaktischen Gründen seinen Familiennamen ( teil ) romanisieren ließ ( in Iohannis ). In Ungarn die Normalität .
Es ist umso erstaunlicher , zumal es jedem Ungarndeutschen per lege zugesichert wird , seinen Namen nach der deutschen Ortho - graphie registrieren zu lassen , von der Wahl deutscher Vornamen ganz zu schweigen . Dies gilt nicht nur für Neugeborene , eine Namensänderung ist jederzeit möglich . So heiße ich in meinen ungarischen Ausweisdokumenten nicht mehr Richárd , sondern Richard . Zuständig für den „ fachlichen ” Beirat in diesen Fragen ist die Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen , die die Existenz des gewünschten Vornamen im Deutschen bestätigt . Die Pro - zedere ist völlig unkompliziert und geht fast automatisch .
Vor diesem Hintergrund erscheint es als höchst interessant , wa - rum unsere gewählten Vertreter nicht die bestehende Möglichkeit nutzen und mit gutem Beispiel vorangehen . Gewohnheit , Unkom - petenz oder gar System ? Die Frage bleibt vorerst unbeantwortet .
Wie es ‘ damals ’ war …

Fani-Basl und Hauns-Veitta

von Johann Wachtelschneider – aus der Reihe : Geschichten aus der Anfangszeit in Deutschland
Über die Vertreibung der Ungarndeutschen und die damit verbundenen Umstände haben in den letzten 60 Jahren viele Autoren unserer Volksgemeinschaft Beiträge in UP ( Unsere Post – Organ der Deutschen aus Ungarn in Deutschland – d . Red .) veröffentlicht . Auch gibt es darüber viele Veröffentlichungen von Histori - kern und auch von solchen Landsleuten , die als Zeitzeugen die Vertreibung hautnah erlebt und dadurch direkt mit all den Beglei - terscheinungen konfrontiert wurden .
Kaum beleuchtet wurde dabei die tragische Situation der älteren Schicksalsgenossen , also der Generation – aus der Sicht von 1946 – der Groß- und Urgroßeltern . Auch sie mussten den bitteren Weg der Vertreibung gehen , wobei ich heute fest davon überzeugt bin , dass gerade sie am meisten an der Enteignung , Ent - rechtung und dann an der Vertreibung gelitten haben . Waren es doch gerade sie , die sich nach einem bis dahin arbeitsreichen Le - ben , mit von Entbehrungen begleitetem Weg in ihrer „ Welt ” durch Fleiß , Sparsamkeit und Bescheidenheit langsam emporgearbeitet hatten und dadurch wirtschaftlich und vielleicht auch finanziell ganz gut „ dastanden ”. In unserem Schicksalsjahr 1946 erkannten sie von heute auf morgen , dass das ganze „ schwäbische Wuchern !” für die „ Katz ” gewesen war , und dass alles hart Erar - bei tete weggenommen wurde , letztendlich verloren ging und dann der bitterste Weg aus der Heimat angetreten werden musste .
Für diese Generation der vor 1900 Geborenen – die ältesten Personen bei uns in Hüttlingen waren vor 1880 geboren und damit bereits im Rentenalter – durfte die „ Entwurzelung ” besonders schmerzhaft zu spüren gewesen sein . Frustration über die eigene Lage und die traumatischen Erlebnisse vor , bei und nach der Vertreibung dürften bei den Betroffenen sehr tiefe Wunden in den „ Seelen ” hinterlassen haben . Dazu kam sicher noch die Ungewiss -
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