Zeitgeschehen-Geschichte
s
Was jeder Ungarndeutsche über
den „bösen” Volksbund wissen sollte
Vor 81 Jahren Volksbund der Deut-
schen in Ungarn (VDU)
gegründet
Teil 3, Von Georg Krix
Ein geschichtsträchtiges Dokument
Kundgebung des Volksbundes in Cikó – 30. April 1939
„Die meisten Teilnehmer kamen aus den Dörfern Südost-Trans-
danubiens. Der Fahnenaufzug wurde mehrere Wochen lang von
den Cikóer Volksbundanhängern sorgfältig vorbereitet. Auf der
Ochsenwiese, dem Übungsgelände der örtlichen Leventemann-
schaft, errichtete die Jugend aus weiß angestrichenen Holzklöt-
zen ein riesiges Sonnenrad. Am Morgen trafen die auf Fahrrä-
dern und mit dem Zug anreisenden Teilnehmer ein, um 10 Uhr
erschien die Volksbundführung. Alle Teilnehmer wurden auf dem
Hauptplatz der Gemeinde mit ‚Heil Rufen‘ und dem ‚deutschen
Gruß‘ empfangen. Die Mädchen trugen ihre Festtracht, die Ord-
nung wurde von uniform gekleideten Burschen aufrechterhalten:
weißes Hemd, schwarze Krawatte, schwarze Hose in Stiefeln
und ein rotes Armband mit der Aufschrift ‚V.D.U.‘. Die Teilnehmer
sprachen sich mit ‚Volkskamerad‘ an, die Versammlung wurde
‚Gemeinschaft‘ genannt. Unter einem Festtor auf dem Weg zur
Kirche empfing Johann Hengl, der örtliche Beauftragte des VDU,
den Vorsitzenden Franz Basch, der in seinem Grußwort betonte,
das ‚Verständnis der Regierung‘ mache diesen großen Tag erst
möglich. Ein an den Ministerpräsidenten Pál Teleki abgesandtes
Huldigungstelegramm vom gleichen Tag suchte das noch zu un-
terstreichen. In diesem hob Basch hervor, dass Ungarn und das
Deutsche Reich ‚durch eine unzertrennbare Schicksalsgemein-
schaft miteinander auf Gedeih und Verderb verbunden sind‘. Den
Volksbund bezeichnete Basch in seiner Ansprache als ‚die erste
eigenständige Organisation des Deutschtums in Ungarn‘, womit
sich der ‚Traum Jakob Bleyers‘ erfüllt habe. (Deutscher Volks-
bote vom 7. Mai 1939)
Georg Richter
Die Wahrheit über den Volksbund der Deutschen in Ungarn
„Der Irrtum wiederholt sich immerfort in der Tat. Deswegen muss
man das Wahre unermüdlich in Worten wiederholen.“ (Goethe)
Die allmählich bedrohliche Formen annehmende Assimilations-
politik der ungarischen Regierung in den 1930er Jahren ließ die
deutsche Bewegung als Reaktion entstehen. Das von Jakob
Bleyer 1921 gegründete „Sonntagsblatt für das deutsche Volk
in Ungarn“ und der „Ungarnländische Deutsche Volksbildungs-
verein“ im Jahr 1924 sollten das kulturelle Zusammengehörig-
keitsgefühl der Deutschen Ungarns stärken. Die Wirkung dieser
Maßnahmen blieb wegen des Widerstands der örtlichen Behör-
den begrenzt. Bleyer gründete 1929 mit den „Deutsch-ungari-
schen Heimatblättern“ eine wissenschaftliche Zeitschrift. Er war
davon überzeugt, dass eine auf Wahrheit eingestellte Forschung
„... allen deutschen Volksgruppen Altungarns das unverlierba-
re Bewusstsein einprägen wird, daß sie in ihrer Heimat keine
Fremden sind, sondern daß ihnen die Würde europäischer Kul-
turträger zukommt.“ Bleyer stand durch seine Bemühungen im
Gegensatz zur Magyarisierungspolitik der Regierung. Nach dem
Tod Bleyers im Jahr 1933 brach unter seinen Schülern und Mit-
arbeitern Streit über den weiteren Kurs des Volksbildungsvereins
aus. Gegen den liberalen Kurs des Volksbildungsvereins trat die
um Dr. Franz Basch gescharte „Volksdeutsche Kameradschaft“,
die bis 1938 unter nationalsozialistischen Einfluss geriet. In den
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überaus harten Auseinandersetzungen innerhalb der deutschen
Volksgruppe, aber auch zwischen dieser und der magyarischen
Umgebung fielen 1937 in einer Rede des Abgeordneten Adam
Rieß (Kleinlandwirtepartei) erstmals drohende Worte gegen die
deutsche Volksgruppe, dass sie gut daran täte, sofort „ihre Sie-
bensachen zu packen und auszuwandern, denn dies wird ihnen
eher oder später doch zuteilwerden“ (Eberl, Die Donauschwa-
ben, S. 174).
Die „Kameradschaft“ um Dr. Franz Basch gründete am 26. No-
vember 1938 den „Volksbund der Deutschen in Ungarn“. Der
alte Volksbildungsverein wurde daraufhin aufgelöst. Die Satzung
des Volksbundes der Deutschen in Ungarn (VDU) wurde am 13.
April 1939 vom ungarischen Innenminister Keresztes-Fischer
eingesehen und nicht beanstandet. Nach §2 der Satzung hatte
der Volksbund den Zweck, „die kulturellen Belange der ungari-
schen Staatsbürger deutscher Volkszugehörigkeit auf allen Ge-
bieten volklicher Lebensäußerung zu fördern und zu schützen,
die Anhänglichkeit an das Vaterland zu pflegen und zu stärken“.
Der VDU wollte die kulturelle Autonomie mit Anerkennung Volks-
gemeinschaft und Rechtspersönlichkeit der Volksgruppe, die
Lösung der Schulfrage, die Gründung von Tages- und Wochen-
zeitungen und eine eigene Partei. Eine gewisse Annäherung
zwischen dem VDU und der Regierung erfolgte im Zuge des
Wiener Abkommens (30. August 1940). In einer Vereinbarung
der deutschen und ungarischen Außenminister wurde der „Deut-
schen Volksgruppe“ eine enge Beziehung zum Deutschen Reich
und damit auch zum Nationalsozialismus zugestanden, ebenso
eine Beteiligung an der Stellenbesetzung in den Behörden nach
ihrem Anteil an der Gesamtbevölkerung und auch das Recht,
ihre früher geführten deutschen Familiennamen anzunehmen.
Einen Erfolg verbuchen konnte der VDU im letzten Schuljahr
1943/1944 mit 2 Lehrerbildungsanstalten, 6 Gymnasien, einer
Handelsmittelschule, einem Handelskurs, einem Bürgerschul-
kurs, 9 Bürgerschulen, 2 landwirtschaftlichen Schulen und 69
Volksschulen (Grundschulen) sowie einem einjährigen Lehr-
gang für Kinderheimleiterinnen. In der hohen Zahl der deutschen
Schulen sind die aus Nordsiebenbürgen und der Batschka auch
enthalten. Diese Gebiete verfügten schon zuvor über deutsche
Bildungsanstalten. Die deutschen Schulen wurden weiterhin
vom ungarischen Kultusministerium beaufsichtigt und die Presse
der Volksgruppe ebenso von ungarischen Behörden zensiert.
Während die ungarndeutsche Bevölkerung infolge dieser Erfol-
ge des VDU aufatmete und die Gefahr der Magyarisierung ge-
bannt sah, entstand - von der ungarischen Regierung gefördert
- die „Treuebewegung“ (Hűséggel a Hazához), die unter führen-
der Mitarbeit des Geistlichen Josef Pehm (Kardinal Mindszen-
ty) versuchte, die Ungarndeutschen für sich zu gewinnen, die
nicht dem VDU nahestanden. Dazu zählten vor allem das reiche
Bauerntum und die sozialdemokratisch eingestellte deutsche
Arbeiterschaft Budapests und der Industriebezirke. Die „Treue-
bewegung“ verlangte ein uneingeschränktes Bekenntnis zum
Magyarentum mit dem nach außen sichtbar geführten Beweis
der Namensmagyarisierung. Die „Treuebewegung“ war das
Sammelbecken der gesellschaftlich und sozial höhergestellten
und bedingungslos magyarisierungswilligen Ungarndeutschen.
Die „Treuen“ plädierten unumwunden für die Einsprachigkeit,
für das Magyarische. Die Mehrsprachigkeit führe das Land ins
Verderben (Trianon) und zur schädlichen Doppelidentität. Sie
zerfleische den Körper, selbst wenn Stefan der Heilige einst die
Mehrsprachigkeit als Ideal verkündete. Deshalb trete man offen
gegen deutsche Schulen auf, denn: „Wenn die Übertünchung der
Volksschulen glückt, werden sie (gemeint sind die „Untreuen“)
auch deutsche Mittelschulen fordern.“ Dadurch würde es ermög-
licht, eine deutsche Intelligenz heranzubilden und das führe ganz
selbstverständlich zum Pangermanismus (Kolta László-Solymár
Imre: Válogatott dokumentumok a Hűséggel a Hazához moz-
galom történetéhez, Bonyhád, 1994 - Ausgewählte Dokumente
zur Geschichte der Treuebewegung). Die enge Verbindung zum
katholischen Klerus wird durch die Volkslieder und Spottgedich-
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