mächtigen Docks verkörpert sich der Goliath der deutschen und der europäischen Wirtschaft. Wir besichtigten die Landungs- brücke, wo auch tausende Ungarndeutsche von Europa Abschied nahmen, um in der Neuen Welt, in Amerika, Glück zu finden. Die bunte Vielfalt der Sprachen fanden wir spannend: wir beurteilten die sprachliche Lage so, dass man den niederdeutschen Dialekt in Hamburg selten hören kann, jedoch konnten wir ein paar niedersächsische Worte auf der Straße erwischen. Die ungarndeutschen Mundarten gehören ausschließlich zu den süd- und mitteldeutschen Dialekten, deswegen bedeuteten diese linguistische Beo- bachtungen ein einzigartiges Erlebnis.
KIELER GASTFREUNDLICHKEIT
Nach unserem Aufenthalt in der Hansestadt Hamburg nahm die VDH-Compagnie den Weg Richtung Schleswig-Holstein, um Kiel und die Umgebung zu besichtigen. Wir haben es so vermutet und gewusst, dass der Kieler Hafen aus historischen Gründen hauptsächlich Platz für Marineschiffe bietet, diese Vermutung wurde bestätigt, weil wir vor Ort meist die Monstren der Deutschen Marine bewunderten, die die heutige Seemacht Deutschlands repräsentieren. Dessen ungeachtet scheint das dortige Milieu überraschend ländlicher und familiärer als Hamburg. Beim einheimischen VDSt angekommen fanden wir ebenso richtige Far- benbrüder – nach den ersten Eindrücken durften wir den Schluss ziehen, dass die Bude von einer musterhaften Gemeinschaft be- völkert wird. Im Zeichen der alten deutsch-irischen Freundschaft wurden wir sofort offiziell zu einer irischen Party eingeladen( um den St. Patrick’ s Day zu feiern), wo spannende und interessante Gespräche entstanden, möge es den kollegialen Relationen ge- schul det sein( viele von den Kieler Farbenbrüdern studieren die gleichen Disziplinen wie wir in Ungarn). Von Anfang an wurden wir von ihnen so behandelt, als würden wir zu diesem Bund gehören. Wir Ungarndeutsche müssen in Deutschland vielmals beweisen, dass unsere ungarländische Minderheit gleichfalls die deutsche Kultur pflegt, trotz unseres Wohnorts in Ungarland. Bei den Kielern war jedoch die Reaktion glücklicherweise anders. Wir konnten unsere eigene Kulturmission im Norden erweitern, nämlich die Bekanntmachung unserer ungarndeutschen Identität den mutterländischen Landsmännern. Aber nicht die ungarndeutsche Nationalität spielte vor Ort die Hauptrolle, sondern das Erleben der holsteinischen Stimmung – vorher hatte eigentlich nur ein einziger Bundesbruder vom VDH Budapest diese märchenhafte Landschaft gesehen. Unerwarteterweise verfügt die sich mit we- nig studentischen Vergangenheit rühmende Stadt Kiel über mehrere Korporationen( Studentenverbindungen, Corps-Vereine, Bur schenschaften), die wir im Rahmen unseres ersten Couleur- bummels in Begleitung der VDSt-Farbenbrüder besuchten, so lernten wir auch diese Tradition kennen.
GESCHICHTE DER DEUTSCHEN MARINE
Die Farbenbrüder nahmen uns nach Laboe mit. Dieses kleine gemütliche Dorf liegt an der Ostseeküste und beherbergt ein imposantes Marinemuseum. In diesem riesigen Turm durften wir die Geschichte der deutschen Marine mit Hilfe einer reichen Sammlung erfahren, zum Beispiel fanden wir viele Sachen, Flag- gen, Gedenkstücke aus der Österreichisch – Ungarischen Monar- chie, deren Verewigung auf Fotos eine richtige Freude war. Nach dem Museum kam der Höhepunkt des Tages, die Besichtigung des U-Boots U-995. Dieses U-Boot kämpfte in vielen Schlachten der Ostsee während des Zweiten Weltkriegs – mit wesentlichen Kriegs erfolgen. Zum Glück überlebte es den Krieg, wonach es im Dienst der norwegischen Marine im Kalten Krieg war – von Norwegen kaufte Deutschland das Boot zurück, seither fungiert es als Museum. In phantastischem Zustand blieben die Einrich- tungs gegenstände, der Spaziergang an Bord schien wie eine Zeit- reise, wir fühlten uns im weltberühmten Kinofilm Das Boot – diese Minuten werden unbedingt Erinnerungen fürs Leben. Zu Mittag aßen wir traditionelle Fischbrötchen, damit identifizierten wir uns mit den plattdeutsch – altsächsischen Besonderheiten, ob- wohl man das bei uns dem österreichisch – bayerischen Sprach- gebrauch folgend als Semmel( ungar. Wort dafür: zsemle) be- zeichnet. Dabei vermuteten wir nicht, was die Kieler Farben- brüder inzwischen vorbereitet hatten: mit Lederhosen, Weißwurst, und Brezeln boten sie uns ein echt bayerisches Frühstück, so fühlten wir uns wirklich wie daheim, unsere süddeutschen Mundarten kamen aus der sublót / Schublade heraus, auf gut Donauschwäbisch gesagt. Danach mussten wir von unseren netten Gastgebern Ab- schied nehmen. Wir versprachen, dass wir ihnen nächstes Mal in Budapest ein donauschwäbisches Frühstück organisieren werden.
RÜCKREISE MIT LACHENDEM UND WEINENDEM AUGE
In Hamburg bereiteten wir uns langsam für die Rückfahrt „ ins tuife Ingerland”. Wir fanden es echt schade, dass wir die kreischenden Möwen, die norddeutschen Dünen und Kanäle hinter uns lassen mussten, aber wir konnten es kaum erwarten, unseren Familien, Freunden und Bekannten über diese Tage zu berichten.
Summa summarum wurden wir durch diese Rundreise um viele Neuigkeiten und Erlebnisse reicher, eine ganz andere Seite Deutschlands haben wir entdeckt, die wir früher nicht so gut kannten wie die bayrischen Berge. Auch aus diesem Anlass bedanken wir uns beim VVDSt für die Unterstützung unserer Fahrt, ohne – dem hätte man das nicht verwirklichen können. Ein riesiges Dankeschön sagen wir natürlich den Kieler und den Hamburger VDStern für die farbenbrüderliche Mitwirkung und Hilfe sowie für die neuen Freundschaften. Treu zu unseren Versprechen würden wir uns auf immer mehr norddeutsche Bünde auf unserem nächsten, im Oktober stattfindenden Stiftungsfest freuen – bei uns in Budapest gibt es bloß paar kleinere Häfen an der blauen Donau, also können wir mit gigantischen U-Booten leider nicht dienen, doch möchten wir die Stadt und damit deren deutsche Spuren unseren Gästen vorstellen
Stefan Pleyer geb. 1992, ist aktiv beim VDH Budapest, studiert Geschichte( MA) an der ELTE-Universität in Budapest
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Damals
MUTTERSPRACHE
In einer ungarischen Bürgerschule zur Zeit vor der Vertreibung( Ein Paradebeispiel zur ungarischen Minderheitenpolitik von DAMALS, eigentlich zur Zeit des heute so verhassten Volks- bundes)
Der Klassenlehrer erklärt den Schülern die bevorstehende Volks- zählung( 1941), in der jeder Bürger des Landes seine Staatsan ge- hörigkeit, Volkszugehörigkeit und Muttersprache angeben musste. Der Klassenlehrer( natürlich ungarisch!) sagte: „ Ich lese eure Namen in alphabetischer Reihenfolge vor, und jeder hat wahrheitsgemäß zu antworten.“ Und sogleich fing er an: „ Bauer Nándor, Staatsangehörigkeit?” Bauer: „ Ungarisch.” Lehrer: „ Volkszugehörigkeit?” Bauer: „ Deutsch.” Lehrer: „ Damit das gleich klar ist: In meiner Klasse gibt es keine
Deutschen!”( Es waren ja auch nur 31 Deutsche von 43 Schülern).
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