Sonntagsblatt 3/2020 | Page 2

„ In der Jugend lernt , im Alter versteht man .” - Marie von Ebner-Eschenbach
Zeitungen Ost- und Mitteleuropas zu intensivieren . Priorität hat auch die Stärkung unserer Online-Präsenz , wo wir unseren Lesern eine breitere Auswahl an Themen bieten wollen .
Leitartikel
Die „ Jungen Wilden ” vom Sonntagsblatt

Von Armin Stein s

Um diese Ziele zu erreichen benötigen wir Unterstützung . Wir benötigen Clicks auf unseren digitalen Plattformen . Wir benötigen Spenden , um Ihnen das Sonntagblatt auch weiterhin in Printform anbieten zu können . Schlussendlich benötigen wir weitere Mitglieder , denn jeder , der für das Ungarndeutschtum etwas tun will , ist bei uns willkommen .

Aktuelles s

Zeiten ändern sich . Das Alte weicht langsam und gemächlich dem Neuen . Doch das Neue kann es auch nicht ohne das Alte geben . Die Existenz des Kommenden ist zugleich Fortsetzung und Antithese des Vergangenen . Dies ist auch beim Sonntagsblatt nicht anders , denn wir können uns seit einigen Jahren über einen stetigen Strom an neuen Mitgliedern in ihren Zwanzigern freuen . Wir „ Jungen Wilden ” haben uns zum Ziel gesetzt die Modernisierung des Sonntagsblattes fortzuführen .
Unsere Generation , geboren unmittelbar vor der Jahrtausendwende , findet sich gerade in einer beispiellosen Situation innerhalb der ungarndeutschen Gemeinschaft wieder . Die meisten von uns sprechen keinen Dialekt mehr , viel eher Hochdeutsch , welches wir in manchen Fällen von uns selbst anstatt im Elternhaus erlernt haben . Die traditionelle ungarndeutsche , „ bäuerliche “ Lebensart kennen wir höchstens aus Schulbüchern und aus Heimatmuseen . Die einschneidenden Ereignisse des 20 . Jahrhunderts haben keine direkten Auswirkungen mehr auf unsere Generation , wir spüren lediglich ihre Nachbeben .
Meine Generation muss sich einer entscheidenden Frage stellen : Was ist ein Ungarndeutscher des 21 . Jahrhunderts ? Trachten und Volkslieder haben auf globaler Ebene an Bedeutung eingebüßt . Unsere Dialekte sterben aus . Die meistens unter uns können lediglich zu Hause oder unter Freunden Deutsch sprechen , in Schulen oder auf der Arbeit ist man oft „ der Schwabe ”. Tausende unserer Landsleute verlassen ihre Heimat für ungarische Großstädte oder das Ausland - in der Hoffnung auf ein besseres Leben . Diese Herausforderungen können einer Gemeinschaft das Genick brechen .
Was kann man tun ? Müssen wir anfangen unsere Rolle als Blaufärber verzierte Fußnote der Weltgeschichte zu akzeptieren ? Wir „ Jungen Wilden ” vom Sonntagsblatt sagen entschieden : Nein !
Wir wollen unseren Teil zur Abwendung dieses Schicksals beisteuern . Denn wir sind überzeugt davon , dass wir als Volksgruppe nur durch kollektives Bestreben aller Ungarndeutscher weiterhin bestehen können . Unser Ziel ist es anspruchsvolle Nachrichten , maßgeschneidert für das Ungarndeutschtum , zu vermitteln . In den letzten Jahren ist das Blatt durch einen erfolgreichen Modernisierungsprozess gegangen . Unsere Artikel sind dadurch überall auf dem Erdball , wo Glasfaser verlegt wurde , erreichbar . Auch unser Themenangebot hat sich erweitert : Reiseideen , Filmkritiken und Ausblicke auf globale Ereignisse haben alle ihren Platz auf unseren Seiten gefunden .
Jedoch sind wir mit dem bis jetzt Erreichten noch nicht zufrieden . Wir wollen das Sonntagsblatt für die Herausforderungen des 21 . Jahrhunderts wappnen und somit auch eine Plattform für die Stimme der neuen Generation der Ungarndeutschen sein . Unser Ziel ist es den Dialog und die Kooperation mit weiteren ungarndeutschen Organisationen im Inland und den deutschsprachigen
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Ein wunder Punkt , den es zu überwinden gilt
Slowakische Historiker über Trianon
Von Richard Guth
Das Nachrichtenportal „ Azonnali ” zeichnet sich durch sein besonderes Interesse für die Minderheiten in Ost- und Mitteleuropa aus . Das Sonntagsblatt hat bereits mehrfach Beiträge übernommen . Womöglich hat dieses Interesse auch mit der Person des einen Chefredakteurs zu tun , denn Martin Bukovics ist bekennender Ungarndeutscher .
Mitte Juli bat der Journalist Balázs Kovács slowakische Historiker darum Trianon historisch zu verorten und zu bewerten . Roman Holec von der Slowakischen Akademie der Wissenschaften sieht das Problem nicht darin , dass Ungarn multiethnisch war , sondern darin , dass 1918 - beim „ Brotbrechen ” - die Eliten der Minderheiten nicht zu einer Bekenntnis zu Ungarn geraten hätten , da die Identifikation mit dem tausendjährigen Land im Kreise der Minderheitenangehörigen nicht stark genug gewesen sei . Dies habe die herrschende madjarische Elite ( aktive Teilnehmer des Weltkrieges ) zu verantworten . Dabei betone man in Ungarn die historische Rolle von Mihály Graf Károlyi oder Béla Kun , aber nicht die Verantwortung von Sándor / Alexander Wekerle oder Albert Graf Apponyi als Vertreter der Elite und Wegbegleiter dieser Entwicklung . Róbert Letz von der Comenius-Universität Pressburg spricht gegenüber Azonnali von der Angst dieser Elite , die die Unterstützung Deutschlands suchte , vor dem Panslawismus . Verwunderlich sei der Vorwurf der Untreue an die Slawen – Slowaken und Rusinen –, da diese über eine dünne akademische Führungsschicht verfügten . Der Historiker lässt sich im Beitrag auf ein interessantes Gedankenspiel ein : Hätten die Nationalitäten bereits in den 1840er oder 1860er Jahren Minderheitenrechte erhalten , hätte dies nicht sogar als Katalysator zu einem rascheren Zerfall des Vielvölkerstaates geführt !?
Die Frage , ob die Slowaken vor Trianon der Gefahr der Madjarisierung ausgesetzt gewesen waren , bejaht der Pressburger Professor Letz . Die Slowaken hätten dank ihrem Geburtenüberschuss diese Gefahr abgewehrt , obwohl man ihre Bildungs- und Kultureinrichtungen peu á peu aufgelöst hat . Auch Holec betont die „ Schwierigkeiten ” bei der Assimilation der ländlich geprägten Slowaken vor Trianon . Assimilieren konnte man nach seiner Einschätzung Akademiker und Stadtbewohner , „ aber mit 90 % der Bevölkerung konnte ein madjarischer Lehrer oder ein madjarischer Pfarrer nichts anfangen ”. Die Behauptung , die Slowaken hätten am Abgrund gestanden , sei daher nicht zutreffend und übrigens eine tschechoslowakische Narrative gewesen . Sein Kollege Róbert Letz zitiert den ungarischen Historiker Gyula Szekfű , der der Ansicht war , die eifrigsten Madjarisierer seien gerade die
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