ter , in dem wir Familiengeschichten kennen lernen und dokumentieren können - , wird immer kleiner . Aus diesem Grund bitte ich die Leserschaft des Sonntagsblattes , falls Sie sich als Zeitzeugen betrachten oder ihre Eltern oder Großeltern auch solche Erinnerungen haben , lassen Sie diese nicht in Vergessenheit geraten . Denn diese Geschichten - auf ihre persönliche und intime Weise - sind sowohl Mahnungen als auch identitäts- und gemeinschaftsbildende Mosaiksteine , ein Stück gemeinsame Vergangenheit , die nun mehr verbindet als teilt .
Aus diesem Grund möchte ich Sie bitten , eigene Geschichten , die Sie gerne mit unserer Gemeinschaft teilen würden , an unsere Redaktion zur Veröffentlichung zu schicken ( Adresse : sonntagsblatt . hu @ gmail . com ), damit das Mosaik stets vollständiger wird .
Heimat ( los )
Der rote Faden , der sich durch die Dokumentation zieht , ist die Suche nach Heimat , nicht nach einer bestimmten Heimat , sondern nach der Bedeutung des Begriffs „ Heimat “ und wie diese von jedem anders interpretiert wird . Die Weltgeschichte hat die Ungarndeutschen in alle Himmelsrichtungen zerstreut : von der Schwäbischen Türkei nach Kanada , von Wudersch nach Schwaben oder nach Milwaukee . Aber trotz fremder Länder und erlittener Schrecken hat sich die ungarndeutsche Volksgruppe an all diesen Orten eine Heimat aufbauen können .
Udo Pörschke sucht nach dem Ursprung des Heimatgefühls in der Kindheit und Jugend seiner Zeitzeugen , in einer Zeit , in der schnell erwachsen zu werden zu den höchsten Tugenden gehörte . Aus diesem Grunde stellt sich die folgende Frage als aufmerksamer Zuschauer : Ist „ Heimat “ gleich „ Wohnort der Kindheit “, die in diesen Menschen deshalb so tief verwurzelt ist , weil genau diese ihnen auf brutalste Weise genommen wurde ? Dieses Trauma erscheint in den meisten Erzählungen im Film aber auch in meinen persönlichen Gesprächen mit Überlebenden als eines der zentralen Themen in den Erlebnissen der Ungarndeutschen .
Feinde ? Freunde ? Einzelschicksale .
Ein wichtiger Aspekt , der auch in dem Dokumentarfilm angeschnitten wird , sind die persönlichen Beziehungen sowie die Eindrücke der Vertriebenen von den Seklern und den „ fölvidékiek “ ( den Madjaren aus dem ehemaligen Oberungarn ) oder den Reichsdeutschen . Natürlich gab es keine einheitlichen Erfahrungen wie dies auch im Film betont wird . Es entsteht eine einzigartige Gelegenheit dazu , die lebendigen Erinnerungen der Zeitzeugen zum Kennenlernen einer vergangenen Welt zu sammeln und die wichtigsten Ereignisse aus dem Blickwinkel der Einzelpersonen kennen zu lernen ; währenddessen können die Zuschauer Parallelen zwischen dem Schicksal der Einzelnen und den landesweiten Ereignissen ziehen .
Leider beleuchtet der Film einen Aspekt nur wenig , nämlich wie die Vertreibung das Verhältnis der Mitglieder der einzelnen ungarndeutschen Gemeinden zueinander veränderte . Herrschte Zusammenhalt in diesen Schicksalsgemeinschaften oder entbrannten alte Animositäten ?
Fazit
Wie Sie lesen konnten , habe ich wenig Konkretes über den Dokumentarfilm an sich geschrieben . Der Grund dafür ist , dass es zur Geschichte außer kleiner , bereits erwähnter Kritikpunkte nichts hinzuzufügen gibt : Es ist ein solides Mosaik mehrerer Einzelschicksale umgeben von generischen , historischen Kommentaren . Diese Herangehensweise des Filmes ist aufgrund bereits erwähnter Umstände zu verstehen . Ich hoffe immer noch auf
28 eine Zeit , in der die Medien über das Ungarndeutschtum auch andere Zeiten und Thematiken aufarbeiten , ohne sich monolithisch auf die Thematik „ Vertreibung “ zu konzentrieren . Ein guter Ausgangspunkt für solche Dokumentarfilme ist der alte , ungarische Dokumentarfilm „ Zusammenleben / Együttélés “. Ich kann den Film ohne Bedenken jedem empfehlen , der wissen möchte , was die Perspektive der Ungarndeutschen ist , die nach Deutschland vertrieben worden sind .
Vergebens gesuchter Feind Schwäbische Verwandtschaftsbesucher im Fadenkreuz der ungarischen Stasi – neue Monografie über die Kontrolle der Beziehungen von Heimatvertriebenen und Heimatverbliebenen
Von Richard Guth
„ Rosa S . -H ., wohnhaft in C . -Straße 15 in Berzel / Ceglédbercel , hat 1963 sechs Monate in Schorndorf verbracht . Sie brachte einen Ölkamin und einen Kühlschrank mit nach Hause , darüber hinaus Kleinigkeiten , die sie hierzulande weiterverkauft hat . (…) Frau K ., wohnhaft in P . -Straße 186 in Berzel , kehrte vor einigen Monaten heim . Sie brachte für die Familie zwei Pkws mit . Ihr Schwiegervater war nach Angaben der Bewohner ein Pfeilkreuzler . Er floh mit den Deutschen . Seitdem war er noch nicht wieder in Ungarn , aber die Familienmitglieder fahren öfters in die BRD . (…) Rosa K . -K ., wohnhaft in K . -Str . 7 in Berzel : In den vergangenen Jahren hat sie zweimal 3-4 Monate in Deutschland verbracht . Sie brachte ein Auto mit , das sie von ihrer Großmutter , die mittlerweile wieder in Ungarn lebt , bekommen hat . Sie bewohnt eine luxuriös eingerichtete Vier-Zimmer-Wohnung : Ölkamin , Fernseher , Radiogeräte , Staubsauger , Kühlschrank , Pkw . Arbeitsplatz : bislang keiner ! Zur Zeit arbeitet sie als Chefköchin in einem Erholungsheim der Staatsbahnen . Sie hat ein Kind .” Diese Angaben stammen aus einem Bericht der IM Csilla , die in den 1960er Jahren über die deutschen Bewohner der Gemeinde Berzel / Ceglédbercel berichtete . Die ungarische Staatssicherheit war Berichten zufolge felsenfest davon überzeugt , dass die Ungarndeutschen - heimatvertrieben und – verblieben - an einem Umsturz der bestehenden kommunistischen Ordnung interessiert waren .
Die spärlichen Informationen der Stasi , die sie ergattern konnte , zeugten aber in der Tat von einer „ Gefahr ”, nämlich von der konsumtechnischen Überlegenheit des „ bösen ” Westens . Die Berichte erzählen in den Anfangszeiten von mitgebrachten Paketen , die später schnell von langlebigen Konsumgütern ersetzt wurden , auf die man ( insbesondere wenn sie vier Räder hatten ) im Inland lange warten musste . Von Ideologie hingegen keine Spur !
Die neue Monografie von Krisztina Slachta * handelt – wie der Untertitel auch verrät – von den Bemühungen der ungarischen Staatssicherheit – nebst Bruderhilfe aus der DDR – den Schwaben feindliche Gesinnung nachzuweisen . Besonderes Augenmerk richtete sich auf die Touristen , d . h . Heimatvertriebene , die die alte Heimat besuchten , und Heimatverbliebe , die die vertriebene Verwandtschaft im Westen besuchten . Gefährlich sollen die Vertriebenen deswegen gewesen sein , weil die meisten von ihnen über Orts- und Sprachkenntnisse verfügten und im Gegensatz zu den „ richtigen ” Touristen abseits der streng kontrollierten Touristenhochburgen übernachteten , was die Gefahr barg , über
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