Sonntagsblatt 3/2018 | Page 19

Zeitgeschehen-Geschichte s „Franzosen” in Transdanubien – Hegyháter Geschichten I. Von Patrik Schwarcz-Kiefer Das Dorfbild von Sandjerga/Baranyaszentgyörgy Die deutsche Geschichte des Branauer Bergrückens (Hegyhát) ist landesweit und auch regional wenig bekannt, obwohl das Ge- biet der Nordwestbranau bis zur Vertreibung über sehr viele rein deutsche Dörfer und auch Kleinstädte wie Magotsch/Mágocs, Schaschd/Sásd oder Gödring/Gödre verfügte. Das Schicksal die- ser Region gehört zu den traurigsten des Ungarndeutschtums, da in den früher rein deutschen Dörfern heute wenige Deutsche leben, oder es kommt leider oft vor, dass es im jeweiligen Ort keine Deutschen mehr gibt. Zum Glück gibt’s noch einige, die sich vor Ort für das Ungarndeutschtum einsetzen, aber quasi alle sind der Meinung, dass man über eine ungarndeutsche Zukunft in dieser armen Region nicht sprechen kann. Deswegen bleibt uns, wie so oft, die Geschichte. Wir starten eine Artikelreihe über diese Region, womit die deut- sche Geschichte dieses hügelreichen Gebiets bekannter wird. Als erster Beitrag veröffentlichen wir den Artikel des Historikers Rudolf Hartmann, der 1929 in der Zeitschrift „Deutsch-Ungari- sche Heimatblätter” erschienen ist. Deutschen und Franzosen um die Mitte des 18. Jahrhunderts erfolgte, verraten die historischen Quellen wenigstens einige Kleinigkeiten. Damals zog nämlich der Grundherr, Oberst Joseph Petrovsky, deutsche und französische Kolonisten aus Lothringen auf seinen Besitz, zu dem auch Vorwerk Sz.György gehörte. Die ersten Einwohner hatten ein schweres Los. An sich schon Glücksgütern nicht allzu reich bedacht, mussten sie sich redlich plangen, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Denn sie wa- ren vorwiegend Holzschuhmacher und ihr Handwerk brachten in diesen ersten Zeiten nicht viel ein. Aber Schritt für Schritt, wenn auch ganz allmählich, arbeiteten sie sich empor, „sodass die Häupter freudigen zu erheben begannen“ – wie wörtlich ein Visi- tationsbericht meldet. Es dauerte lange, so wurde 1774 auf den Resten der alten Kirche ein neues Gotteshaus gebaut, das inmit- ten des Kirchhofes lag. Einen eigenen Pfarrer halten konnte man allerdings noch nicht: bis 1756 gehörte das Dörflein als Filiale zu Mindszent und dann zu Gödre. Doch schon 1782 wird dem ersten eigenen Kaplan, dem Franziskaner Ouirinus Schrader, im Dorf eine Wohnung gebaut, die später sein Amtsnachfolger, Jo- hann Baptist Klojber, im Jahre 1789 bezieht. Wenn wir in den Matrikeln der Kopulierten der Pfarre zu Fels- őmindszent nachsuchen: richtig, da tauchen 1754 auch neben den deutschen wieder französische Namen auf. Bido, Paan, No- kal (?), Fletty, Willnaud (?), Monti, Szelent, Montibundi, Szelin und andere. Freilich, die Schreibung der Namen hat sich manche Umgestaltung gefallen lassen müssen, aber die Grundform ist doch nicht verwischt worden! 1756 stehen unter den „Getauften“ in den Matrikeln von Gödre noch andere französische Namen: Paux, Partin, Naul, Maltes, Bari, Basing, Hable, Soraus, Selies usw. Auch das dortige Sterbenregister weist von 1756-67 einige neue Namen auf, wie Peintli, Fleterie, Pou und Pinte. Seit dieser Zeit sind über 5 Generationen ins Grab gesunken. Von den „Franzosen“ merken wir nichts mehr im heutigen, rein deutschen Baranyaszentgyörgy, bis auf 5 Familien, die von den 450 Einwohnern französisch-klingende Namen tragen. Auch die alte Profession ist mit Hacke und Pflug vertauscht worden: nur 2 Holzschuhmacher erinnern noch an das ehrsame Handwerk der ersten Ansiedler, die wohl die einzigen sind – soweit wir Kunde haben – die mit einer größeren Anzahl Franzosen in Transdanu- bien eine neue Heimat fanden. Über die „Franzosen” von Baranya-Szent-György Dass nach der Türkenzeit alle geeigneten Hilfskräfte genommen wurden, die das zerstörte und entvölkerte Land „Hungarn“ wie- der zu neuem Leben erwecken konnten, ist bekannt. Und von den Franzosen und Italienern im Banat weiß man längst. Aber so weit im Norden, am äußersten Zipfel des Komitats Baranya Franzosen, sollte das wirklich simmen? Wenn man sich heute die Grabsteine auf den Friedhöfen der Schwäbischen Türkei genauer ansieht, oder auch die Leute fragt „wie sie sich schreiben“, so staunt man manchmal über Familien- namen, die einen recht seltsam anmuten. Gewöhnlich trifft einer doch nur die Müller, Schäffer, Fischer, Schuster und Weiß, die Mayer, Eibeck, Schrempf, Seebacher, Bayer und Frank — oder wie sie alle heißen mögen; alles Namen echt deutscher Herkunft! Aber bisweilen heißt es plötzlich: Pöttendi, Melatin, Selend oder Patton, Mussong, Prix, Gieth, Marad, Lill usw. Das sind