Zeitgeschehen-Geschichte
s
„Franzosen” in Transdanubien –
Hegyháter Geschichten I.
Von Patrik Schwarcz-Kiefer
Das Dorfbild von Sandjerga/Baranyaszentgyörgy
Die deutsche Geschichte des Branauer Bergrückens (Hegyhát)
ist landesweit und auch regional wenig bekannt, obwohl das Ge-
biet der Nordwestbranau bis zur Vertreibung über sehr viele rein
deutsche Dörfer und auch Kleinstädte wie Magotsch/Mágocs,
Schaschd/Sásd oder Gödring/Gödre verfügte. Das Schicksal die-
ser Region gehört zu den traurigsten des Ungarndeutschtums,
da in den früher rein deutschen Dörfern heute wenige Deutsche
leben, oder es kommt leider oft vor, dass es im jeweiligen Ort
keine Deutschen mehr gibt. Zum Glück gibt’s noch einige, die
sich vor Ort für das Ungarndeutschtum einsetzen, aber quasi alle
sind der Meinung, dass man über eine ungarndeutsche Zukunft
in dieser armen Region nicht sprechen kann. Deswegen bleibt
uns, wie so oft, die Geschichte.
Wir starten eine Artikelreihe über diese Region, womit die deut-
sche Geschichte dieses hügelreichen Gebiets bekannter wird.
Als erster Beitrag veröffentlichen wir den Artikel des Historikers
Rudolf Hartmann, der 1929 in der Zeitschrift „Deutsch-Ungari-
sche Heimatblätter” erschienen ist.
Deutschen und Franzosen um die Mitte des 18. Jahrhunderts
erfolgte, verraten die historischen Quellen wenigstens einige
Kleinigkeiten. Damals zog nämlich der Grundherr, Oberst Joseph
Petrovsky, deutsche und französische Kolonisten aus Lothringen
auf seinen Besitz, zu dem auch Vorwerk Sz.György gehörte.
Die ersten Einwohner hatten ein schweres Los. An sich schon
Glücksgütern nicht allzu reich bedacht, mussten sie sich redlich
plangen, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Denn sie wa-
ren vorwiegend Holzschuhmacher und ihr Handwerk brachten in
diesen ersten Zeiten nicht viel ein. Aber Schritt für Schritt, wenn
auch ganz allmählich, arbeiteten sie sich empor, „sodass die
Häupter freudigen zu erheben begannen“ – wie wörtlich ein Visi-
tationsbericht meldet. Es dauerte lange, so wurde 1774 auf den
Resten der alten Kirche ein neues Gotteshaus gebaut, das inmit-
ten des Kirchhofes lag. Einen eigenen Pfarrer halten konnte man
allerdings noch nicht: bis 1756 gehörte das Dörflein als Filiale
zu Mindszent und dann zu Gödre. Doch schon 1782 wird dem
ersten eigenen Kaplan, dem Franziskaner Ouirinus Schrader, im
Dorf eine Wohnung gebaut, die später sein Amtsnachfolger, Jo-
hann Baptist Klojber, im Jahre 1789 bezieht.
Wenn wir in den Matrikeln der Kopulierten der Pfarre zu Fels-
őmindszent nachsuchen: richtig, da tauchen 1754 auch neben
den deutschen wieder französische Namen auf. Bido, Paan, No-
kal (?), Fletty, Willnaud (?), Monti, Szelent, Montibundi, Szelin
und andere. Freilich, die Schreibung der Namen hat sich manche
Umgestaltung gefallen lassen müssen, aber die Grundform ist
doch nicht verwischt worden! 1756 stehen unter den „Getauften“
in den Matrikeln von Gödre noch andere französische Namen:
Paux, Partin, Naul, Maltes, Bari, Basing, Hable, Soraus, Selies
usw. Auch das dortige Sterbenregister weist von 1756-67 einige
neue Namen auf, wie Peintli, Fleterie, Pou und Pinte.
Seit dieser Zeit sind über 5 Generationen ins Grab gesunken.
Von den „Franzosen“ merken wir nichts mehr im heutigen, rein
deutschen Baranyaszentgyörgy, bis auf 5 Familien, die von den
450 Einwohnern französisch-klingende Namen tragen. Auch die
alte Profession ist mit Hacke und Pflug vertauscht worden: nur 2
Holzschuhmacher erinnern noch an das ehrsame Handwerk der
ersten Ansiedler, die wohl die einzigen sind – soweit wir Kunde
haben – die mit einer größeren Anzahl Franzosen in Transdanu-
bien eine neue Heimat fanden.
Über die „Franzosen” von Baranya-Szent-György
Dass nach der Türkenzeit alle geeigneten Hilfskräfte genommen
wurden, die das zerstörte und entvölkerte Land „Hungarn“ wie-
der zu neuem Leben erwecken konnten, ist bekannt. Und von
den Franzosen und Italienern im Banat weiß man längst. Aber
so weit im Norden, am äußersten Zipfel des Komitats Baranya
Franzosen, sollte das wirklich simmen?
Wenn man sich heute die Grabsteine auf den Friedhöfen der
Schwäbischen Türkei genauer ansieht, oder auch die Leute fragt
„wie sie sich schreiben“, so staunt man manchmal über Familien-
namen, die einen recht seltsam anmuten. Gewöhnlich trifft einer
doch nur die Müller, Schäffer, Fischer, Schuster und Weiß, die
Mayer, Eibeck, Schrempf, Seebacher, Bayer und Frank — oder
wie sie alle heißen mögen; alles Namen echt deutscher Herkunft!
Aber bisweilen heißt es plötzlich: Pöttendi, Melatin, Selend oder
Patton, Mussong, Prix, Gieth, Marad, Lill usw. Das sind