Sonntagsblatt 3/2015 | Page 8

fenden Gemeinde gängigen Sprachen ist” 15 . Dies schloss freilich den Unterricht in der Staatssprache (Ungarisch) nicht aus, weshalb auch alle Lehrer ungarisch können mussten. In den folgenden Jahren trat Ungarisch mehr und mehr in den Mittelpunkt des Unterrichtes auch in den Nationalitätenschulen. 1891 wurde im Gesetzesartikel XV festgelegt, dass auch in den Kindergärten nicht ungarisch sprechenden Kindern Kenntnisse der ungarischen Sprache vermittelt werden müssten. In Weindorf war der Kinder - gartenunterricht zu meiner Zeit nur ungarisch. Die Einschränkung des Unterrichtes in der Muttersprache er - reichte 1907 mit der Lex Apponyi 16 – so hieß der damalige Kultus - minister – ihren Höhepunkt. Nach dem Gesetzesartikel XVII ist jeder Lehrer verpflichtet, in der Seele seiner Schüler den Geist der Anhänglichkeit an die ungarische Heimat und das Bewusstsein der Zugehörigkeit zur ungarischen Nation zu entwickeln und zu verstärken. Das Gesetz forderte, dass Kinder nicht ungarischer Muttersprache am Ende der 4. Klasse sich in Wort und Schrift ungarisch ausdrücken können müssen 17 . 1) Am 15. Juni 1996 in Steinheim am Albuch anlässlich der Akademischen Feier zum Gedenken an die Vertreibung der 1268 Weindorfer vor 50 Jahren gehal- tene Festansprache. – Reminiszenzen sind Erinnerungen, die jemandem etwas bedeuteten. 2) Unter Kultur versteht man die Gesamtheit der geistigen und künstlerischen Lebensäußerungen einer Gemeinschaft, eines Volkes, einer Rasse und der- gleichen. 3) *1881 in Nagyszentmiklós, †1945 in New York. Ungarischer Komponist, des- sen Kunst in der ungarischen Volksmusik wurzelt. 4) *1882 in Kecskemét, †1967 in Budapest. Komponist und Sammler ungari- scher Volkslieder. 5) *1823 in Kiskôrös, †1849 in Schässburg. Bedeutendster ungarischer Lyriker. 6) Kompetenz = Vermögen, Fähigkeit. Kompetenz ist ein Begriff der modernen Sprachwissenschaften. Er bezeichnet die Fähigkeit des Sprechers einer Spra - che, mit einer begrenzten Anzahl von Wortelementen und grammatikalischen Regeln eine unbegrenzte Zahl von Äußerungen zu bilden und zu verstehen, sowie über die sprachliche Richtigkeit Sätze zu bilden und zu verstehen sowie über die sprachliche Richtigkeit von Äußerungen zu entscheiden. 7) Nach M. FÜZES, Die Nationalitäten-Schulpolitik Ungarns zwischen 1918 und 1945, in: Suevia Pannonica 1 (17) 1989, 57–67, hier 58. 8) Aus Katholikus Lexikon IV, 191. Der Verfasser dieses Artikels heißt A. PESENHOFFER. Der Artikel ist in deutscher Übersetzung zitiert bei F. GALAMBOS-GÖLLER, Die Rolle der Religiosität bei der Erhaltung der Muttersprache und der Identität der Ungarndeutschen, in: Kirche und Glau - be der Ungarndeutschen, Budapest 1955, 14–29, hier 20. 9) Zitiert nach B. BELLÉR, Ungarns Nationalitätenschulpolitik von der Ratio Educationis bis zur Gegenwart (1777–1990), in: Suevia Pannonica 9 (19) 1991, 52–66, hier 53. 10) *1792, †1860, Universalgelehrter und ungarischer Politiker. Er begründete die Ungarische Akademie der Wissenschaften. 11) Assimilation, Assimilierung = Ähnlichmachung, Angleichung, Anpassung; gesellschaftspolitisch: Überführung in eine zuvor fremde Volks- und Kultur - gemeinschaft – hier der deutschen in die ungarische. 12) „Minden magyarnak legszentebb tiszte”, nach J. WEIDLEIN, Das Bild der Deutschen in der ungarischen Literatur, Selbstverlag des Verfassers 1977, 37. Zur weiteren differenzierten Darstellung der Assimilierungsprogramme des Grafen im Unterschied zu L. Kossuth ebd. 37–42. 13) Siehe B. BELLÉR, 53. 14) 1813–1871. Ungarischer Schriftsteller und Politiker, geistiger Führer der ungarischen Reformbewegung, mehrfach Unterrichts- und Kultusminister. 15) Ebd. 56. 16) Albert Graf Apponyi brachte 1907 als damaliger Kultusminister das Gesetzespaket zur Reformierung des schulischen Unterrichtes ein. 17) Ebd. Fortsetzung folgt 8 • MERKWÜRDIGkeiten • von Georg Krix Fortsetzung des im letzten Sonntagsblatt bereits angesprochenen Themas: „Vernebelte” (ungarndeutsche) Geschichte Es ist wirklich ein Problem unsere neueste Geschichte – so wie sie heute in Ungarn dargestellt wird – ohne innere Auflehnung zu lesen. Als Überbleibsel der Erlebnisgeneration, also als „Zeitzeuge”, muss ich bei deren Lesen Nerven bewahren! Weil man eben selber vieles anders erlebt hat, als es heute darge- stellt wird. Als ein großes Übel wurde und wird allgemein die Spaltung der ungarndeutschen Volksgruppe vor und während der Kriegsjahre geschildert. Ja, das ist nun mal leider richtig. Es gab damals zwei Lager unter den Deutschen in Ungarn, getrennt durch „Bruch - punkte”, wie sie z.B. im Buch von Réka Marchut „Töréspontok” (Budapest–Budaörs 2014) benannt und beschrieben werden. Über das erwähnte Buch haben wir im Sonntagsblatt bereits berichtet. Da gab es einen Leserbrief von Lm. J. Hauer (SB 5/2014 – S. 29–30), in welchem es u.a. heißt, dass „auch dieses Buch nur der Irreführung der Leserschaft…dienen soll.” Dazu sind auch Beispiele angeführt worden. In unserem letzten Heft des vorigen Jahres, in Sonntagsblatt 6/2014 (Seiten 19-20) hat Redakteur Richard Guth in einer Rezension seine Gedanken zum Inhalt des Buches niedergeschrieben, die sowohl Lob als auch Tadel zum Ausdruck bringen. Wie/was waren diese zwei Lager der Deutschen in Ungarn? a) Es gab deutsche Menschen in Ungarn, die sich bewusst als Deutsche bekannten – ihre Muttersprache und Nationalität war deutsch, viele von Ihnen waren Mitglieder des Volksbundes der Deutschen in Ungarn. Dementsprechend haben sie bei der Volkszählung 1941 auch ihre Kreuze in die entsprechenden Rubriken gemacht. Diese Bekenner werden auch heute noch, – auch von unseren „un - garndeutschen“ Historikern und manchen Amtsträgern, – als schlech te/böse Menschen, als Faschisten, Vaterlandsverräter und Kriegsverbrecher und somit als „schuldig” hingestellt. b) Es gab (ungarn)deutsche Menschen, - die sich wohl ihrer deut- schen Abstammung bewusst – als Ungarn (richtig: Madjar