Sonntagsblatt 2/2018 | Page 24

Banater Schwaben e . V . gemacht . Ich wollte einen genaueren Einblick in das Vereinsleben der Banater Schwaben erhalten , weil ich der Meinung war , dass es auch den ungarndeutschen Organisationen viel nutzen könnte , sich etwas von ihrem Beispiel abzuschauen .
Stellen Sie sich vor , Sie finden einen Zauberstab und könnten jegliches Problem der Ungarndeutschen magisch beheben , was müsste passieren , damit es den Ungarndeutschen auch in Zukunft „ gut “ geht ?
Dieses Jahr gibt es ja Parlamentswahlen . Diese spielen auch für die Ungarndeutschen eine große Rolle . Mit meinem Zauberstab würde ich einen ungarndeutschen Abgeordneten ins Parlament zaubern , denn das würde bedeuten , dass mehr als 40.000 Ungarndeutsche ihre Stimme für die ungarndeutsche Liste abgegeben hätten . Das wäre derzeit am besten für die Zukunft der Ungarndeutschen . Schon in diesem Regierungszyklus hat Imre Ritter , unser Parlamentssprecher , schöne Ergebnisse , darunter eine beispiellose Unterstützung für die ungarndeutschen Institutionen , erreicht , aber für gesetzliche Änderungen bräuchten die Ungarndeutschen einen eigenen Abgeordneten . Dadurch wäre es einfacher , all die kleinen Probleme , etwa mit den Institutionen oder mit dem Sprachgebrauch , zu lösen .
Das Interview führte Katrin Holtz .
mein ( ungarn- ) deutschtum ( 30 )
Der Abiturient Benedikt Veidinger aus Neudorf ( 19 ) über Lebensgefühl , Identität und Ziele ungarndeutscher Jugendlicher von heute
Alles , was ich über meine Familie weiß , ist die Tatsache , dass die Familie meines Vaters früher in Deutschland gelebt hat . Meine Ahnen sind in der Zeit nach der Türkenherrschaft nach Ungarn gezogen . Die Familie meines Großvaters hat im Bakonyer Wald , die Familie meiner Großmutter in meiner Heimatstadt Neudorf / Nyergesújfalu gelebt . ( Wir haben in dem ehemaligen Haus meines Opas aus dieser Zeit Geschirr mit der Aufschrift „ Weidinger “ gefunden . Unser Familienname hat aber das ‚ W ‘ verloren .) Noch in der Generation meiner Urgroßmutter wurde in der Familie ( und unter den Bekannten , Freunden ) Schwäbisch gesprochen . Die nachfolgenden Generationen ( einschließlich die meines Vaters ) konnten bzw . können nur noch Ungarisch . Die Familie meiner Mutter ist aus Siebenbürgen und aus Oberungarn . Deswegen bin ich abstammungsmäßig halb ( Ungarn- ) Deutscher , halb Madjare .
Als ich Kind war , wusste ich nicht so viel über meine Herkunft . Das Einzige , was ich schon ganz früh bemerkt habe , war die Tatsache , dass fast niemand meinen Namen richtig aussprechen und abschreiben konnte . Obwohl ich in einer Vielvölkerstadt wie Neudorf aufgewachsen bin .
In der Grundschule ging ich in eine deutsche Nationalitätenklasse . Seit dem Jahr 2005 lerne ich Deutsch als Fremdsprache . Wegen meiner Wahl in der 8 . Klasse musste ich das Deutschlernen für ein Jahr ruhen lassen . In diesem Jahr lernte ich nur Englisch . Danach hatte ich eine Phase , als ich dachte , dass Deutsch und ich nicht zueinander passen . Ich wollte mit dem Deutschlernen aufhören . Englisch fand ich viel besser und einfacher .
Nach einer bestimmten Zeit habe ich meine Meinung geändert . Ich hatte die Idee , dass ich später in Deutschland leben möchte .
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( In dieser Zeit arbeitete mein Vater bereits seit zwei Jahren in Deutschland . In diesem Sinne war er ein Vorbild für mich .) Das finde ich die Ironie meines Schicksals . Meine Beziehung zu der deutschen Sprache und zu Deutschland war plötzlich so eng wie niemals zuvor . Ich habe Deutsch am Gymnasium als Wahlfach gewählt . In dieser Zeit begann ich deutsche Medien zu konsumieren : Ich hörte viele deutsche Lieder , las Bücher , Artikel , und abonnierte deutsche Fernsehsendungen . Mein Deutsch hat sich viel entwickelt . Im Frühling 2017 habe ich ein Stipendium gewonnen , so dass ich im Sommer einen Monat an einer deutschen dualen Hochschule verbringen konnte . Das war die beste Möglichkeit für mich um mein Deutsch zu verbessern und auch meine Kenntnisse über Deutschland und die Deutschen zu erweitern . Das war der Monat , der meine Zukunftspläne bestätigt hat . Ich fühlte mich sicher , dass ich nach Deutschland ziehen möchte . Mit der deutschen Mentalität bin ich schon vertraut , und fühle , dass ich ohne Probleme damit klarkommen werde . Schon jetzt sind viele Sachen im Alltag natürlich für mich , die für die meisten Ungarn nicht so selbstverständlich sind . Ich meine die Kleinigkeiten , die das Leben in Deutschland zum Ganzen machen .
Noch etwas : Ein Teil meiner Familie lebt in der Umgebung von Berlin . Der Bruder meines Opas ist mit einer deutschen Frau verheiratet . Er lebt seit 30 Jahren in Deutschland und hat seine eigene Familie dort gegründet . Gott sei Dank pflegen wir zu ihnen eine gute Beziehung . Für mich sind sie eine sichere Verbindung zu Deutschland . Nicht nur , weil sie mir dabei helfen können , „ mein deutsches Leben “ zu meistern , sondern auch , weil sie ein Teil meiner Familie sind . Es ist ein sehr großer Vorteil für mich , dass ich sie habe .
Persönlich bin ich stolz auf meine deutschen Wurzeln . Damit fühle ich mich ein bisschen anders als die meisten Ungarn , aber ich bin trotzdem auch ein echter Ungar . Wenn ich zum Beispiel an Ungarn denke , wird mir bewusst , was ich an ihm alles liebe . Ich fühle mich glücklich , weil ich wegen meiner Familie Verbindungen nicht nur zu Ungarn , sondern auch zu Deutschland habe .
Über ein Studium in Deutschland kann ich mit der Verwirklichung meiner Träume anfangen : Eins davon ist , ins Herkunftsland meiner Familie zurückzukehren .
Literatur

Vertreibung ( Kurz-Novelle ) s

Franz Fier war ein stolzer Mann . Er lebte in Dunahem , einem deutschen Dorf in Ungarn an der blauen Donau . Es war ein herrliches und fruchtbares Fleckchen Erde . Mit vierzehn vaterlos geworden , übernahm Franz den Hof und führte die Familie . Mit zwanzig heiratete er die Pepi , eine dunkle Schönheit mit blauen Augen , welche bereits zweimal den Schönheitswettbewerb auf der Kirchweih gewonnen hatte . Sie schenkte ihm zwei starke Söhne . Franz besaß viele Äcker , ein großes , vornehmes Haus an der Hauptstraße und einen Weinberg . Er war reich und erfolgreich und daher ein angesehener Mann im Dorf . Wenn er abends auf dem Karren heimfuhr , die Ochsen mit der Peitsche treibend , salutierten ihm die Leute respektvoll . Er war stark , seine Haut von der Sonne gebräunt , die schwarzen Haare glänzten im Licht . Er grüsste von oben herab , und mit seinen feurigen braunen Augen blickte er den Mädchen nach , die ihm ein Lächeln schenkten .
Zwar hatte Franz keine weiterführende Schulbildung , aber er war ein kluger Mann . Keiner konnte ihn betrügen und seine Geschäfte waren bestens durchdacht ; denn er konnte rechnen und besaß Menschenkenntnis . Er war ein Naturmensch , vom Instinkt
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