Sonntagsblatt 2/2018 | Page 20

PP: Regelmäßig, das heißt wöchentlich, finden die Deutsch-AG und die Kurse für Erwachsene statt. Wie gesagt, von den Traditionen und Bräuchen ist bis zur Bildung der Selbstverwaltung nichts mehr übrig geblieben, da waren wir 60 Jahre zu spät. Die Bräuche rund um das Deutschtum mussten, müssen wir neu erschaffen. Gott sei Dank gab es zu der Zeit in der Umgebung von Almasch bereits andere Selbstverwaltungen( wie in Adam, Herzogendorf / Mezőfalva und Zirtz / Zirc), die sofort ihre helfende Hand ausgebreitet haben und sich der Pflege der bei uns erhaltenen Traditionen angenommen haben. Natürlich haben wir auch „ eigene Traditionen” geschaffen, wenn man so was sagen kann. Mit dem Deutschsprachklub zusammen haben wir 2016 den Deutschen Advent veranstaltet, wo wir mit deutschen Liedern, Gedichten und Stücken das Fest feierten.
Ende Mai findet zum vierten Mal das Frühlingsfest und am 20. Januar das erste Mal – aber in der Hoffnung auf Fortsetzung – der „ Sautanz”, ein Ereignis rund um das Schweineschlachten, statt. Das sind die Programme, wo wir uns in größerer Zahl zusammentreffen, und wo wir unsere Freunde bewirten, gemeinsam singen und uns erste Tranzschritte aneignen können.
Unter den regelmäßigen Veranstaltungen finden wir noch die Schwabenbälle und Oktoberfeste befreundeter Selbstverwaltungen und die Aufnahme und Pflege von Kontakten zu anderen Gemeinden mit deutscher Bevölkerung und Nationalitätenselbstverwaltungen. In dessen Rahmen haben wir Zirtz, Moor / Mór, Hartau / Harta, Merk, Segedin, Totis / Tata und natürlich Adam und Herzogendorf besucht, die beiden letztgenannten Orte mehrfach. Die 40-50 Reiseteilnehmer rekrutieren sich aus einem festen Kreis von 70-80 Personen. Großer Beliebtheit erfreuen sich die Sommerausflüge „ Auf den Spuren unserer Ahnen”, in deren Rahmen wir bereits das Partium und Bayern besucht haben.
Die Selbstverwaltung wird im diesen Jahr zum siebten Mal die Broschüre „ Stadtanzeiger, so bunt wie das Leben” herausgeben, die über bereits stattgefundene und geplante Programme, über Pläne und Vorhaben der DNSVW informiert. Darin findet man aber auch Beiträge über schwäbische Traditionen als auch schwäbische und deutsche Rezepte.
SB: Welche Rolle spielt die deutsche Sprache bei Ihren Aktivitäten?
PP: Leider Gottes, wie schon erwähnt, sprach in meiner Familie nur noch meine Oma auf Muttersprachenniveau Deutsch / Schwäbisch. Für mich war das eine Sprache, die ich erlernen musste, und dieser Lernprozess ist noch nicht abgeschlossen. Im Organigramm der DNSVW ist es meine Aufgabe, sich für den Deutschunterricht einzusetzen, was wir auch auf die Umgebung von Almasch ausdehnen wollen. Es ist keine leichte Aufgabe. Es wird zunehmend schwieriger Deutschlehrer zu finden und die Eltern dazu zu bewegen, ihre Kinder zum Deutschunterricht anzumelden, wenn man überall von der Alleinherrschaft und der Bedeutung des Englischen hört. Wenn sie dann ihr Kind mit geringen Englischkenntnissen in London wiederfinden, dann kommen sie erst darauf, dass man es hätte anders machen sollen, aber dann ist es schon zu spät.
Wir von der DNSVW versuchen es, Rolle und Präsenz der deutschen Sprache auf solchen Foren zu stärken, auf die wir Einfluss haben. Unsere Veranstaltungen beginnen wir mit der Volkshymne der Deutschen in Ungarn, und während des Kulturprogramms überwiegen deutschsprachige Produktionen. Wenn wir schwäbische Orte aufsuchen, bedanken wir uns in der Regel mit einem deutschen Liederstrauß. Die letzte Nummer des Stadtanzeigers ist bereits zweisprachig erschienen. Auf einer geförderten Sportveranstaltung konnte man beispielsweise mit dem Ausfüllen des Tests „ Wie sagt man das auf Deutsch?” Punkte und Geschenke gewinnen. Das sind winzige Schritte, womit wir versuchen, erst
20 einmal an den Festtagen, die deutsche Sprache wiederzubeleben. Bei unserer Generation ist die deutsche Sprache bereits eine Fremdsprache, ich sehe nicht die Möglichkeit, wie man sie in den Alltag zurückholen könnte.
SB: Lassen Sie mich genauer nachfragen: In welcher Sprache begrüßen Sie die Gäste auf den Veranstaltungen und in welcher Sprache werden die Reden gehalten?
PP: Das hängt im besonderen Maße von den Sprachkenntnissen des Redners, aber allen voran des Publikums ab. Wir in Almasch sprechen – aufgrund der bereits dargestellten Sprachprobleme – Ungarisch. Wo wir bisher waren, auch dort waren Eröffnungsreden, Grußworte in ungarischer Sprache charakteristisch, lediglich bei größeren Veranstaltungen und wenn deutsche Gäste zugegen waren, traf ich auf zweisprachige Reden. Beim Programm überwiegt dann die deutsche Sprache. Auf den Punkt gebracht: Wir sind wenige, die die deutsche Sprache sprechen, und noch weniger, die sie gut beherrschen, worauf wir keinesfalls stolz sind. Dass jemand vor einem größeren Publikum gut spricht, auf Deutsch spricht, und möglichst so, dass das auch andere verstehen, bedarf es vielseitiger Kenntnisse. Vielleicht unsere Kinder, wenn sie an eine Gemeinschaft geraten, wo es erwartet wird. Es sind keine Sätze, die einen begeistern, aber so sehe ich die Gegenwart.
SB: Wie( er) leben die Deutschen von Almasch ihr „ Ungarndeutschsein”? Lassen sich irgendwelche positive Trends hinsichtlich Identität und Benutzung der deutschen Sprache bei den Deutschen beobachten?
PP: Die Integrations- bzw. Assimilationsbestrebungen bestimmter politischer Kräfte in der Vergangenheit haben in Almasch ganze Arbeit geleistet. Bei der Mehrzahl der deutschstämmigen Menschen ist es lediglich der Familienname, der auf die deutsche Herkunft hindeutet. Aus diesem „ Dornröschenschlaf” will die DNSVW durch ihre Veranstaltungen und Tätigkeit das Deutschtum in Almasch wecken. Dies erscheint manchmal wahrlich als Windmühlenkampf, aber es ist unser Auftrag. Die Zahl der Teilnehmer an unseren Veranstaltungen und die positiven Rückmeldungen geben uns dabei von Zeit zu Zeit Kraft um weiterzumachen.
SB: Wie ist die Zusammenarbeit mit der LdU und der Stadt?
PP: Die LdU und die örtlichen NSVW arbeiten in ganz unterschiedlichen Dimensionen und das ist in Ordnung so. Aufgabe der LdU ist die Lösung überregionaler und regionaler Probleme, unsere hingegen: die Stellung zu halten. Um es auf den Punkt zu bringen: Wir fanden bislang nur eine einzige Ausschreibung, was auf uns zugeschnitten war( wir wurden auch gefördert), da wir im Vergleich zu den anderen Selbstverwaltungen – um die 60 Jahre, von den ich bereits gesprochen habe – im Rückstand sind. Die LdU unterstützt, was völlig nachvollziehbar ist, ihre Projekte zur Weiterentwicklung und Erhaltung der Gemeinschaft, unsere Probleme bewegen sich ja erst auf der Ebene der Sammlung und Etablierung.
Zum Magistrat pflegen wir über die gesetzlich festgelegten Rechte und Pflichten ein eher vorsichtig-distanziertes Verhältnis, was wir aber vielleicht in diesem Jahr überwinden können. Aber auch das betrachten wir als ein Fortschritt, denn in der vorigen Amtsperiode war dieses Verhältnis eher von einer gewissen Feindseligkeit geprägt.
SB: Wie sehen Sie persönlich Gegenwart und Zukunft der Ungarndeutschen?
PP: Eindeutig optimistisch. Die Geschehnisse der letzten zehn oder eher zwanzig Jahre, die Minderheitenpolitik der jetzigen
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