Koch-Preis gratulieren. Diesbezüglich geht unsere erste Frage um
deine Diplomarbeit. Könntest du sie ein bisschen vorstellen?
– Danke für die Möglichkeit! In meiner Diplomarbeit wurde der
Fra ge nachgegangen, inwiefern Regionen, die über nationale Min -
derheiten verfügen auf dem Tourismusmarkt erfolgreicher agieren
können, indem sie diese kulturelle Eigenschaft in ihre Kommu -
nikation einbinden. Diesbezüglich haben wir uns mit Experten
aus deutschsprachig geprägten Destinationen zusammengetan. Im
bunten Team gab es Forscher aus Ungarn, Oberschlesien, Sie -
benbürgen und Südtirol. Die Ergebnisse sind für alle betroffene
Destinationen ermutigend.
– Du hattest eine interessante Idee, wenige beschäftigen sich mit der
Beziehung zwischen Tourismus und autochthonen Minderheiten.
Was hat man über diese Idee an deiner Fachhochschule in Salzburg
gedacht?
– Der genaue Forschungsbereich war tatsächlich nicht detailliert
bearbeitet. An meinem Studiengang an der Fachhochschule Salz -
burg wird großer Wert auf die dialogorientierte Natur von Tou -
rismus gelegt. So werden Fremdsprachen in erhöhten Stundenzahl
unterrichtet, Fächer, wie interkulturelle Kommunikation und die
Option eines Austauschsemesters gehören zum Programm. Die
Lehrende kommen aus verschiedenen Ländern, die Betreuerin
Meiner BA-Arbeit kommt zum Beispiel aus Südtirol, wo Mehr -
sprachigkeit dem Alltag zugehört. So war mein Thema auch nicht
weit von der Stoßrichtung der FH Salzburg entfernt.
– Was würdest du als das größte Ergebnis deiner Forschung nennen?
– Das relevanteste Ergebnis ist, dass die Existenz anerkannter
Minderheiten nicht nur einen kulturellen und moralischen, son-
dern auch einen wirtschaftlichen Mehrwert für betroffene Re -
gionen Darstellt. Autochthone Minderheiten bilden eine Brücke
zwischen Gast und Gastland. Durch ihre Lebensweise ist es dem
Besucher oft einfacher, die kulturelle Vielfalt des bereisten Landes
zu adaptieren. Sprache, Tracht, Architektur, Liedgut, Bräuche, regi-
onstypische Produkte: die Ausdrucksweise dieser Volksgruppen
bereichert die Heimatländer zusehends. Darüber sollte man ein-
fach öfter reden. Alle Experten haben auf die Wichtigkeit vom wei-
teren Dialog aufmerksam gemacht.
– Soweit wir wissen, arbeitest du nach dem Thema deiner Dip -
lomarbeit. Könntest du über dein Projekt erzählen?
– Inspiriert von Beispielen aus den alpinen Regionen Graubünden
(CH) und Südtirol (IT) arbeiten wir an der Etablierung einer tou-
ristischen Dachmarke für donauschwäbische Betriebe aus Ungarn
und Kroatien. Zunächst möchten wir den Ruf unserer Landesweit
bekannten Winzer in Österreich und der Bundesrepublik etablie-
ren. Anschließend kann es mit der Entwicklung einer touristi-
schen Erlebnisstraße: der donauschwäbischen Kulturstraße „Via
Suevia” beginnen. Praktisch möchten wir eine neue touristische
Destination aus Ungarn und Kroatien in den Köpfen der deutsch-
sprachigen Zielgruppe verankern. Mehr darüber erfährt man auf
der Webseite viasuevia.info .
– Du betonst immer die Wichtigkeit der deutschen Sprache. Wofür
hältst du die Situation der deutschen Sprache in Ungarn bzw. unter
den Ungarndeutschen?
– Einerseits kann man die schwindende Relevanz von deutschen
Dialekten in Ungarn nicht leugnen. Das ist zwar aus kultureller
Sicht alarmierend, ist aber zum Beispiel in Norddeutschland
genauso. Auf der anderen Seite kann man über eine Renaissance
der deutschen Sprache in Ungarn sprechen: tagtäglich erkennen
immer mehr Landsleute die Wichtigkeit der deutschen Sprache
für die Region. Diese Erkenntnis hat oft einen wirtschaftlichen As -
pekt, in meiner persönlichen Umgebung treffe ich aber auf Men -
schen, die ihren deutschen familiären Hintergrund neuentdeckt
haben. Nun wollen sie die Sprache Ihrer Vorfahren beherrschen.
Diese Tendenz und die verhältnismäßig günstige soziale Stellung
SONNTAGSBLATT
der Deutschen Minderheit in Ungarn sind für mich Gründe, auf
eine souveräne Gemeinschaft im Ungarn des 21. Jahrhunderts zu
hoffen. Jeder kann seinen Beitrag leisten. Man kann es natürlich
immer besser machen
– Danke für deine Antworten, wir wünschen Dir viel Erfolg für
deine weitere Arbeit!
– Vielen Dank für die Möglichkeit! Hoffentlich begegnet man dem
einen oder anderen Sonntagsblatt-Leser bald auf der donauschwä-
bischen Kulturstraße!
• Aktuelles •
Kunterbunt
Kindergärten in der Trägerschaft örtlicher
deutscher Selbstverwaltungen –
Teil 1: erste Annäherungen
Von Richard Guth
Es war für mich ohne Zweifel etwas, was man gewöhnlich ein
Schlüsselerlebnis bezeichnen würde. Ich verweilte samt meiner
Familie vor einigen Monaten im Zoologischen Garten von Buda -
pest. Eine ganze Kinderschar näherte sich plötzlich dem frei be -
gehbaren Gehege, errichtet zum Streicheln von Tieren. An sich
nichts Ungewöhnliches, wäre da nicht die „ungewöhnliche”
Umgangssprache der Kinder im Gespräch mit den Begleitper -
sonen: deutsch. Mitten in Budapest Kindergartenkinder, die flie-
ßend deutsch sprechen (und genauso fließend ungarisch unterei-
nander). Ich entschied mich, den Kontakt zu einer der Be gleit -
kräfte zu suchen. Wie es sich herausstellte, ging es bei der Dame
um eine Kindergärtnerin, die als Muttersprachlerin im deutsch-
sprachigen Kindergarten „Naturkinder” arbeitet.
Dieses Erlebnis kam mir in den Sinn, als ich neulich in der
Neuen Zeitung von der Zusatzförderung des Ministeriums für
Humane Ressourcen für Kindergärten in der Trägerschaft örtli-
cher deutscher Selbstverwaltungen gelesen habe. 18 an der Zahl,
eine stattliche Größe, und diese Zahl wird in der Zukunft sicher-
lich weiter wachsen, erhoffe man sich von einem Trägerschafts -
wechsel mehr Freiheiten in der Umsetzung des Pädagogischen
Programms, mehr Finanzmittel und sicherlich bei vielen eine
wahre kulturelle Autonomie. Welche Ziele verfolgen diese Ein -
richtungen, wie sind sie ausgestattet, welche Rolle spielt die deut-
sche Sprache im Kindergartenalltag?
Ich versuche in den nächsten Ausgaben des Sonntagsblattes die-
sen Fragen nachzugehen. Im ersten Teil wage ich eine erste An -
näherung an die Einrichtungen und deren Erziehungs- und
Bildungsarbeit anhand des Internetauftritts der Kindergärten. Im
zweiten Teil werde ich die Antworten auf die Fragen auswerten,
die ich an die Leiter der Kindergärten gestellt habe. Im letzten Teil
möchte ich ausgewählte Kindergärten im ganzen Land besuchen,
um mich vor Ort über die Zweisprachigkeit an diesen Ein rich -
tungen zu informieren – nicht ganz ohne Vorgeschichte, denn im
letzten und vorletzten Jahr hat das Sonntagsblatt die ersten vier
Grundschulen vorgestellt, deren Trägerschaft von ungarndeut-
schen Selbstverwaltungen übernommen wurde. Deren Zahl hat
sich in der Zwischenzeit auch vervielfacht.
Es ist wahrlich schwierig, den Internetaufritt von Kindergärten
und sonstigen staatlichen Bildungs- und Erziehungseinrichtungen
zu vergleichen. Denn ganz unterschiedliche Interessen verfolgt,
ganz anderen Ansprüchen muss gerecht werden ein Kindergarten
auf dem Lande, womöglich der einzige im Ort, als einer, der in
Konkurrenz zu anderen Kindergärten des Ortes und der näheren
Umgebung steht und sich selbst vermarkten muss.
(Fortsetzung auf Seite 6)
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