Sonntagsblatt 2/2017 | Página 5

Koch-Preis gratulieren. Diesbezüglich geht unsere erste Frage um deine Diplomarbeit. Könntest du sie ein bisschen vorstellen? – Danke für die Möglichkeit! In meiner Diplomarbeit wurde der Fra ge nachgegangen, inwiefern Regionen, die über nationale Min - derheiten verfügen auf dem Tourismusmarkt erfolgreicher agieren können, indem sie diese kulturelle Eigenschaft in ihre Kommu - nikation einbinden. Diesbezüglich haben wir uns mit Experten aus deutschsprachig geprägten Destinationen zusammengetan. Im bunten Team gab es Forscher aus Ungarn, Oberschlesien, Sie - benbürgen und Südtirol. Die Ergebnisse sind für alle betroffene Destinationen ermutigend. – Du hattest eine interessante Idee, wenige beschäftigen sich mit der Beziehung zwischen Tourismus und autochthonen Minderheiten. Was hat man über diese Idee an deiner Fachhochschule in Salzburg gedacht? – Der genaue Forschungsbereich war tatsächlich nicht detailliert bearbeitet. An meinem Studiengang an der Fachhochschule Salz - burg wird großer Wert auf die dialogorientierte Natur von Tou - rismus gelegt. So werden Fremdsprachen in erhöhten Stundenzahl unterrichtet, Fächer, wie interkulturelle Kommunikation und die Option eines Austauschsemesters gehören zum Programm. Die Lehrende kommen aus verschiedenen Ländern, die Betreuerin Meiner BA-Arbeit kommt zum Beispiel aus Südtirol, wo Mehr - sprachigkeit dem Alltag zugehört. So war mein Thema auch nicht weit von der Stoßrichtung der FH Salzburg entfernt. – Was würdest du als das größte Ergebnis deiner Forschung nennen? – Das relevanteste Ergebnis ist, dass die Existenz anerkannter Minderheiten nicht nur einen kulturellen und moralischen, son- dern auch einen wirtschaftlichen Mehrwert für betroffene Re - gionen Darstellt. Autochthone Minderheiten bilden eine Brücke zwischen Gast und Gastland. Durch ihre Lebensweise ist es dem Besucher oft einfacher, die kulturelle Vielfalt des bereisten Landes zu adaptieren. Sprache, Tracht, Architektur, Liedgut, Bräuche, regi- onstypische Produkte: die Ausdrucksweise dieser Volksgruppen bereichert die Heimatländer zusehends. Darüber sollte man ein- fach öfter reden. Alle Experten haben auf die Wichtigkeit vom wei- teren Dialog aufmerksam gemacht. – Soweit wir wissen, arbeitest du nach dem Thema deiner Dip - lomarbeit. Könntest du über dein Projekt erzählen? – Inspiriert von Beispielen aus den alpinen Regionen Graubünden (CH) und Südtirol (IT) arbeiten wir an der Etablierung einer tou- ristischen Dachmarke für donauschwäbische Betriebe aus Ungarn und Kroatien. Zunächst möchten wir den Ruf unserer Landesweit bekannten Winzer in Österreich und der Bundesrepublik etablie- ren. Anschließend kann es mit der Entwicklung einer touristi- schen Erlebnisstraße: der donauschwäbischen Kulturstraße „Via Suevia” beginnen. Praktisch möchten wir eine neue touristische Destination aus Ungarn und Kroatien in den Köpfen der deutsch- sprachigen Zielgruppe verankern. Mehr darüber erfährt man auf der Webseite viasuevia.info . – Du betonst immer die Wichtigkeit der deutschen Sprache. Wofür hältst du die Situation der deutschen Sprache in Ungarn bzw. unter den Ungarndeutschen? – Einerseits kann man die schwindende Relevanz von deutschen Dialekten in Ungarn nicht leugnen. Das ist zwar aus kultureller Sicht alarmierend, ist aber zum Beispiel in Norddeutschland genauso. Auf der anderen Seite kann man über eine Renaissance der deutschen Sprache in Ungarn sprechen: tagtäglich erkennen immer mehr Landsleute die Wichtigkeit der deutschen Sprache für die Region. Diese Erkenntnis hat oft einen wirtschaftlichen As - pekt, in meiner persönlichen Umgebung treffe ich aber auf Men - schen, die ihren deutschen familiären Hintergrund neuentdeckt haben. Nun wollen sie die Sprache Ihrer Vorfahren beherrschen. Diese Tendenz und die verhältnismäßig günstige soziale Stellung SONNTAGSBLATT der Deutschen Minderheit in Ungarn sind für mich Gründe, auf eine souveräne Gemeinschaft im Ungarn des 21. Jahrhunderts zu hoffen. Jeder kann seinen Beitrag leisten. Man kann es natürlich immer besser machen – Danke für deine Antworten, wir wünschen Dir viel Erfolg für deine weitere Arbeit! – Vielen Dank für die Möglichkeit! Hoffentlich begegnet man dem einen oder anderen Sonntagsblatt-Leser bald auf der donauschwä- bischen Kulturstraße! • Aktuelles • Kunterbunt Kindergärten in der Trägerschaft örtlicher deutscher Selbstverwaltungen – Teil 1: erste Annäherungen Von Richard Guth Es war für mich ohne Zweifel etwas, was man gewöhnlich ein Schlüsselerlebnis bezeichnen würde. Ich verweilte samt meiner Familie vor einigen Monaten im Zoologischen Garten von Buda - pest. Eine ganze Kinderschar näherte sich plötzlich dem frei be - gehbaren Gehege, errichtet zum Streicheln von Tieren. An sich nichts Ungewöhnliches, wäre da nicht die „ungewöhnliche” Umgangssprache der Kinder im Gespräch mit den Begleitper - sonen: deutsch. Mitten in Budapest Kindergartenkinder, die flie- ßend deutsch sprechen (und genauso fließend ungarisch unterei- nander). Ich entschied mich, den Kontakt zu einer der Be gleit - kräfte zu suchen. Wie es sich herausstellte, ging es bei der Dame um eine Kindergärtnerin, die als Muttersprachlerin im deutsch- sprachigen Kindergarten „Naturkinder” arbeitet. Dieses Erlebnis kam mir in den Sinn, als ich neulich in der Neuen Zeitung von der Zusatzförderung des Ministeriums für Humane Ressourcen für Kindergärten in der Trägerschaft örtli- cher deutscher Selbstverwaltungen gelesen habe. 18 an der Zahl, eine stattliche Größe, und diese Zahl wird in der Zukunft sicher- lich weiter wachsen, erhoffe man sich von einem Trägerschafts - wechsel mehr Freiheiten in der Umsetzung des Pädagogischen Programms, mehr Finanzmittel und sicherlich bei vielen eine wahre kulturelle Autonomie. Welche Ziele verfolgen diese Ein - richtungen, wie sind sie ausgestattet, welche Rolle spielt die deut- sche Sprache im Kindergartenalltag? Ich versuche in den nächsten Ausgaben des Sonntagsblattes die- sen Fragen nachzugehen. Im ersten Teil wage ich eine erste An - näherung an die Einrichtungen und deren Erziehungs- und Bildungsarbeit anhand des Internetauftritts der Kindergärten. Im zweiten Teil werde ich die Antworten auf die Fragen auswerten, die ich an die Leiter der Kindergärten gestellt habe. Im letzten Teil möchte ich ausgewählte Kindergärten im ganzen Land besuchen, um mich vor Ort über die Zweisprachigkeit an diesen Ein rich - tungen zu informieren – nicht ganz ohne Vorgeschichte, denn im letzten und vorletzten Jahr hat das Sonntagsblatt die ersten vier Grundschulen vorgestellt, deren Trägerschaft von ungarndeut- schen Selbstverwaltungen übernommen wurde. Deren Zahl hat sich in der Zwischenzeit auch vervielfacht. Es ist wahrlich schwierig, den Internetaufritt von Kindergärten und sonstigen staatlichen Bildungs- und Erziehungseinrichtungen zu vergleichen. Denn ganz unterschiedliche Interessen verfolgt, ganz anderen Ansprüchen muss gerecht werden ein Kindergarten auf dem Lande, womöglich der einzige im Ort, als einer, der in Konkurrenz zu anderen Kindergärten des Ortes und der näheren Umgebung steht und sich selbst vermarkten muss. (Fortsetzung auf Seite 6) 5