Sonntagsblatt 2/2017 | Page 16

nie leidenschaftlich, aber wohl warm und bis zur Be geisterung an schwellend. Als er Minister war, verriethen alle seine Hand- lungen weise Klugheit; Wesent- liches opferte er nie auf, hielt an dem, was ihm zur Ueberzeu- gung erwachsen war, unerschütterlich fest, aber nur für das Recht war er zu über zeu- gen. Im Gebiete der Gesetz- gebung bewährte er seine glän-
Ferenc Deák( 1869) zenden Eigenschaften: Ein sicht, gründ liches Wissen und strenge Logik. Um ihn als Mensch zu erkennen, genügt es Einen Zug zu erzählen. In seinem Vorzimmer lagen stets die Häuflein Geld für die Armen bereit, welche den nächsten Tag kamen, um sich die milde Gabe zu holen, die ihnen hier niemals versagt wurde. Bemerkenswerth ist noch der Ausspruch von Deáks älterem bereits 1842 verstorbenen Bruder Anton über Franz, den jener, von seinen Freunden sich verabschiedend, tat: „ Ich werde Euch einen jungen Menschen schicken, der im kleinen Finger mehr Geist und Wissen hat, als ich sein älterer Bruder vom Wirbel bis zur Zehe”.
Nach der Niederlage im Freiheitskampf 1848 – 49 Nachdem der ungarische Aufstand 1849 niedergeschlagen ward und die Reorganisirung Ungarns in Angriff genommen werden sollte, berief man Deák zur Mitwirkung an dieser Arbeit nach Wien. Er lehnte jedoch eine solche Mission entschieden ab und rechtfertigte sich hierüber in einem auch in den öffentlichen Blät- tern bekannt gewordenen Schreiben an den damaligen Justizmi- nister Ritter von Schmerling. Ein späterer Versuch, ihn zum Ein- tritte in den verstärkten Reichsrath zu bewegen, blieb gleichfalls ohne Erfolg. So lebte D. zurückgezogen, bis die tiefgreifenden Re- formen und staatsrechtlichen Umgestaltungen nach dem unglücklichen italienischen Feldzuge im Jahre 1859 auch Ungarn berührten.
Ende December 1860 wur- de D. zugleich mit seinem Freunde Joseph Freiherrn Eötvös nach Wien berufen, wo man seinen Rath über verschiedene Dinge, namentlich über die Zusammenberu fung des ungarischen Landtages hö ren wollte. Von dieser Zeit an ist D. bei der Behandlung aller Ungarn betreffenden Fragen we sentlich betheiligt. Bei den Wahlen zum ungarischen Landtage wurde Deák am 11. März 1861 von dem inneren Wahlbezirke der Stadt Pesth zum Deputirten gewählt. Als solcher hielt er nun in der Sitzung vom 13. Mai jene merkwürdige, vielfach gedruckte Rede, in welcher er sich über die Frage, ob die nach Einberufung des Landtages übliche, an den König zu richtende Ansprache in Form einer Adresse, eines Beschlusses oder Manifestes zu geschehen habe, für die Adresse entschied. Nach Auflösung des 61er Landtags zog sich Deák wieder in’ s Privatleben zurück, und nur dann und wann erschien er in der Öffentlichkeit. Seine Rede vom 13. Mai hat deutscher Seits mehrseitig und eine verschiedene Beleuchtung erfahren.
An dem 1861 in Pest einberufenen Reichstag nahm er als Ge- sand ter der Innenstadt Pest teil. Seine wichtigsten Unterstützer und Anhänger waren József Eötvös und István Széchenyi.
Am 15. April 1865 erschien in der Zeitung „ Pesti Napló” sein be- rühmter Artikel, der die Verhandlungen zum Ausgleich 1867 in
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Geburtshaus in Söjtör
Gang setzte. Der Ausgleich wird als Deáks Werk angesehen, da er ihn wesentlich geprägt hat. Lajos Kossuth, der im Exil lebende Politiker, schrieb einen offenen Brief an Ferenc Deák, in dem er den Ausgleich als den Niedergang der ungarischen Nation be- zeichnete. Dieser Brief ist auf Grund seines Inhalts als Kossuths „ Kassandra-Brief” in der ungarischen Geschichte bekannt. Der österreichische Kaiser, Franz Joseph I., wurde am 8. Juni 1867 als Ergebnis des Ausgleichs zum apostolischen König von Ungarn gekrönt. Der Ministerpräsident der neu gegründeten ungarischen Regierung wurde Graf Andrássy. Deák übernahm auf eigenen Wunsch weder in der Regierung noch in der nach ihm benannten Regierungspartei einen Posten. In den Jahren nach dem Ausgleich spielte er eine bedeutende Rolle bei der Ausarbeitung des Bürger- lichen Gesetzbuches, aber später zog er sich vom öffentlichen Leben immer mehr zurück. Sein Namen ist eng verbunden mit dem Nationalitätengesetz von 1868!
Georg Krix

VERTREIBUNG IN BOGDAN / DUNABOGDÁNY

( Auszug aus dem Bericht eines Augenzeugen – Quelle: Haus des Terrors, Budapest)
Im letzten Augenblick kam es in Dunabogdány zur Aussiedlung, als die Großmächte eigentlich die Aussiedlung schon eingestellt hatten. Die Sache Dunabogdány war jedoch eine persönliche An- gelegenheit von László Rajk und seinem Busenfreund József Lu- kács, sie wollten aus dem Schwabendorf ein richtiges siebenbürgisches Dorf machen, deshalb sollten von hier alle Schwaben verschwinden. Es gab zwei Aussiedlungslisten, auf der ersten standen 1500 Namen. Zweihundert Polizisten und so dreißig Lastwagen hat man hierher beordert, mit diesen wollte man in anderthalb Tagen das Dorf räumen, damit noch entgegen der Alliierten Kontroll- kommission der letzte Schwabentransport außer Landes gebracht werden kann. An der tschechoslowakischen Grenze wollte man auch den Zug nicht mehr passieren lassen. Rajk hat doch erreicht ihn als russischen Transport über die Grenze zu bringen. An der Grenze hat jede Person einen Nummerzettel bekommen auf dessen Rückseite geschrieben stand: Kutyanyelv d. h. Papierstreifen, doch wörtlich übersetzt: Hundezunge. Soviel Wert hatte damals ein Mensch.
Die Dorfbewohner wollten freilich nicht weggehen. Jeder versuchte eine Enthebung zu erlangen: Man hat Bestätigungen eingeholt, dass man nicht beim deutschen Militär war, dass man nicht Mitglied des Volksbundes gewesen ist, auch wenn man deutscher Muttersprache war so hat man sich dennoch als Madjare benommen und das auch bleiben wollen. Es gab welche, die mit ihrem ersparten Geld versuchten sich die Staatsbürgerschaft einzulösen. Darüber wurde dann Rajk absolut wütend: „ Hinaus mit allen, wie sie sind!” – schrie er, als er im Gemeindehaus die versammelte Menge erblickte, die alle eine Enthebung erreichen wollten. Als die Menschen das Brüllen von Rajk hörten, bekamen sie Angst und sind kopflos aus dem Gebäude geflüchtet. Dabei haben sie einander niedergetreten; Bittgesuche, Bestätigungen, Taschen flogen durcheinander. Eine alte Frau ist über die Treppe gefallen und wurde ohnmächtig. Dabei hat sich ihre Tasche geöffnet und sowjetische Auszeichnungen fielen aus ihr. Es hat sich herausgestellt, dass ihr Mann im Ersten Weltkrieg in russische Gefangenschaft geraten war, sich dort der Roten Armee angeschlossen hatte und es zum Renge eines hohen Offiziers gebracht hat. Das heißt, man wollte also die Frau eines hohen sowjetischen Offiziers aussiedeln.
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