tanz-Feiern u. a. – die wohl unterhaltsam sein können, jedoch be- stimmt nicht zur so laut verkündeten Identitätsstärkung beitragen.
Und dann haben wir noch ein sehr wichtiges Thema, dem man viel Aufmerksamkeit widmet und das auch der Weg zu einem Aufblühen der Volksgruppe sein könnte. Ja, könnte! Von Kindergarten und Schule ist die Rede. Erfreulicherweise haben schon mehrere deutsche Selbstverwaltungen die Trägerschaft solcher Institutionen übernommen und es besteht die Hoffnung, dass noch viele folgen werden. Was erwarten wir uns davon? Es müsste nun dadurch möglich werden, dass viele Schwabenkinder die „ deutsche Muttersprache” gut erlernen, in dieser sich fortbilden, – was die Grundlage einer zukünftigen ungarndeutschen Intelligenz sein sollte. Schön wäre es! Doch ich befürchte, dass dies nur ein Wunschtraum ist und unter den bestehenden Umständen auch unmöglich zu einem Erfolg führen wird. Warum? Um eine( un- garn) deutsche Zukunft zu erziehen genügen nicht allein Sprach- kenntnisse, eigentlich ist die Erziehung ausschlaggebend. Und wie sieht es damit aus? Die Pädagogen / Erzieher in diesen nun schon „ ungarndeutschen Kindergärten und Schulen” sind überwiegend nicht deutscher Abstammung. Und die( wenigen), die es doch sind, haben selber keine deutsche Erziehung auf den Lebensweg bekommen und haben oft – leider – auch wenig Interesse für das Ungarndeutschtum. Abgesehen von einigen rühmlichen Ausnah- men wird weiterhin hauptsächlich in ungarischer Sprache und in gut madjarischem Geiste unterrichtet werden. Im Lehrkörper wird( wie auch bisher üblich) – beinah selbstverständlich – die Kon- versation ungarisch erfolgen. Da die Kinder / Schüler nur zum Teil Deutsche oder deutscher Abstammung sind, werden auch diese untereinander ungarisch reden. Mir ist z. B. auch unverständlich, dass in seit Jahren bestehenden „ deutschen” Gymnasien Behelfs- material, Wandtafeln, Informations-Anschläge im Flur NUR un- garisch vorkommen.
Es müsste also viel geändert werden um die Wurzeln finden und die Flügel stärken zu können. Um jedoch eine Änderung herbeizuführen, müsste man vor allem die gegenwärtige Lage wirklich erkennen und einschätzen und eine den Gegebenheiten entsprechende Strategie zum Aufbau der Volksgruppe vorlegen. Die jetzige lauthals angelegte Strategie der LdU ist ein Zu kunfts- traum, eigentlich ein Wunschtraum, oder richtiger: ein Alb- traum.
Merkwürdig, dass unsere Zuständigen, die gewählten Ver- tre ter der Volksgruppe, diese Unstimmigkeiten nicht merken( wollen)!
So ist nun einmal die gegenwärtige Lage des Ungarn deutschtums. Aber muss / müsste sie so sein? Nein! Sie könnte ganz anders, viel besser sein. Schließlich liegt viel an uns selber, doch – leider – fehlt es an einem ernsten Wollen zur Änderung!
Georg Krix
❖ Ungarndeutsche Studenten- schaft ohne Mäzen
Von Patrik Schwarcz-Kiefer
Student zu sein kann oft eine schwierige, herausfordernde Aufgabe sein. Den Wissensdurst zu löschen, die letzten Tage der Jugendzeit auszunutzen und sich auf das Leben vorzubereiten ist nicht leicht. Nach der ruhigen Gymnasialzeit kommt das großgeschriebene Leben und plötzlich wird alles schwieriger.
Ungarndeutscher Student zu sein ist eine noch schwierigere Aufgabe, denn man wird neben den Herausforderungen als Uni- versitätsangehöriger noch mit einer weiteren konfrontiert: nämlich mit der Frage, wie man seine Identität an der Universität bewahren kann?! Man sieht viele Beispiele für Identitätskrisen: „ Ich bin jetzt » sváb «( Schwabe), an der Uni aber ein Student”. Die Frage ist berechtigt: Wie kann so was passieren? Die Antwort ist einfach: Die ungarndeutsche Führung kümmert sich um ihre Studenten nicht( ODER: hat die Studenten vergessen).
Um die jedenfalls nicht, die sich ihre Zukunft nicht im Rahmen des „ Nationalitätenschulsystem” vorstellen. Nehmen wir das Beispiel eines ungarndeutschen Chemie-Studenten namens Andreas. Bis zum Ende der Mittelschule hatte er die Gelegenheit Nationalitätenschulen zu besuchen, dort als Ungarndeutscher zu existieren. Er konnte an den Veranstaltungen der Gemeinschaft Junger Ungarndeutscher( GJU) teilnehmen, zu Hause jeden Tag sein Ungarndeutschtum erleben. Nach der erfolgreichen Immatri- kulation wird er aber in einer großen / größeren Stadt leben und die bisherigen Kontakte brechen weg. Es gibt keine solche Organisationen, keine derartige Gemeinschaften, der man sich anschließen könnte( die Situation in Budapest ist etwas anders, da der Verein Deutscher Hochschüler( VDH) versucht diesen Raum auszufüllen). Was für Möglichkeiten hat Andreas, in seinem studentischen Milieu seine Identität zu leben? Kaum welche. Er kann an den Veranstaltungen der GJU, die immer weniger zu seinem Leben passen, an den Schwabenbällen seines Herkunftsortes teilnehmen. Diese haben aber gar nichts mit der Uni zu tun. Seine potenziellen neuen Freunde an der Universität werden diese Veranstaltungen nicht hoch bewerten, also wenn er neue Kontakte ausbauen will, wird er an den genannten Veranstaltungen immer seltener teilnehmen.
Ohne Zweifel können wir über eine von Assimilation gefährdete Gruppe sprechen. Das ist keine Neuigkeit, das war Bleyer auch klar. Man muss in eine so gefährdete Gruppe mehr Zeit, Energie und Geld investieren, um sie für das Ungarndeutschtum zu erhalten. Das macht aber niemand. So kann es passieren, dass unser Student für sich selbst eine neue Identität schafft, wo das Un- garndeutschtum keinen Platz hat. Es gibt keinen solchen Antrieb, dessen Ziel die Bewahrung der deutschen Identität ist, bis auf den Valeria-Koch-Preis. Hier ist die Erwartung ein ungarndeutschorientiertes Thema. Als Chemie-Student ist Andreas dadurch außen vor.
Seien wir optimistisch und stellen uns vor, dass unser Student unabhängig von den oben Erwähnten seine Identität bewahrt, an den Programmen der GJU weiterhin teilnimmt und die gute Be- zie hung zu seinen Freuden mit deutschem Hintergrund weiter pflegt. Dann kommt eine neue Herausforderung, nämlich die Frage des Geldes. Diejenigen, die sich auf dem Weg zur materiellen Unabhängigkeit befinden, die also die Möglichkeit suchen weniger von den Eltern abzuhängen, oder die Eltern sind in einer solchen ökonomischen Situation, die eine weitere Unterstützung nicht ermöglicht. Wahrscheinlich wird er eine Arbeit suchen, und neben der Arbeit und dem Studium wird er keine Zeit für das Ungarndeutschtum haben. Damit wird er für unsere Minderheit verloren gehen.
Die jüdische Gemeinschaft Ungarns kennt dieses Problem, deswegen hat die Jugendorganisation „ Atid”( die Jugendorganisation der Vereinten Ungarischen Israelitischen Glaubensgemeinschaft, Egyesült Magyar Izraelita Hitközség, EMIH) ein Stipendienpro- gramm für die Studenten jüdischer Abstammung zwischen 18 – 26 Jahren gestartet. „ Wir möchten, dass du neben deinen Alltags sor- gen auch Zeit für die Tora hast …” – ein solcher Satz bei den Un- garn deutschen ist leider unvorstellbar.
„ Als ich in diesem Alter war, habe ich für mich alles organisiert und habe nie daran gedacht, dass ich Geld bekomme soll”, solche und ähnliche Äußerungen kann man von älteren Ungarndeut- schen hören, wenn es um die Notwendigkeit der Unterstützung ungarndeutscher Studenten geht. Diese Denkweise kann man für
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