Sonntagsblatt 1/2022 | Page 11

auch die räumliche Zersplitterung der deutschen Gemeinschaft im Lande als ein Problem : Jede Region habe ihre eigenen Veranstaltungen – man benötige mehr Plattformen , um den landesweiten Zusammenhalt zu stärken . „ Die letzte Jugendkonferenz in Werischwar sehe ich als eine gute Gelegenheit dafür an . Es kamen Jugendliche aus ganz Ungarn , man konnte Verbindungen knüpfen und die bestehenden Kontakte stärken .”
So entsteht im Laufe des Gesprächs das Bild von einer jungen deutschsprachigen Frau , die stolz auf ihre Herkunft ist und die das sprachlich-kulturelle Erbe bewusster weitergeben möchte als ihre Vorfahren . Ihr Vorbild - ihre Oma - hatte bzw . hat nach ihrem Eindruck oft Angst , sich zum Ungarndeutschtum zu bekennen . „ Du sollst das nicht so laut sagen ”, heiße es oft - etwas , was man immer noch bei vielen Älteren spüre .
Die Facebook-Diskussion bezüglich des einsprachigen Plakats hat Kira nach eigenem Bekunden intensiv mitverfolgt . Dabei habe sie nachgedacht , warum in der Vergangenheit nur ungarische Plakate herausgebracht wurden und fand die Erklärung darin : Man wollte Aufmerksamkeit erregen auf örtlicher Ebene , wo ein Großteil nur noch Ungarisch spreche . Bei Mundartsprechern oder besser gesagt -verstehern bestünde nach Kiras Eindruck ein anderes Problem : Wie bei der Oma gebe es Schwierigkeiten beim Verständnis der hochdeutschen Sprache . Dennoch sei Kira zu der Erkenntnis gelangt , dass man doch zweisprachige Plakate benötige , „ weil es zu unserer Identität gehört .”

MERKWÜRDIGKEITEN

Der Preis des Mandats

Listenführer Emmerich Ritter im Kreuzfeuer öffentlicher Diskussionen
Von Richard Guth
Einen selten gewordenen Schlagabtausch lieferten Mitte Februar - auf Ungarisch , wobei der LdU-Beitrag auf Ungarisch gepostet wurde - Landsleute auf der Facebook-Seite der Landesselbstverwaltung . Vorgestellt wurden im Post die Kandidaten der Deutschen Liste , allen voran die Kandidaten auf den ersten fünf Plätzen , mit Emmerich Ritter als Listenführer .
Lassen Sie uns ein wenig durch die Kommentare stöbern . Wenn man es sich einfach machen würde , dann würde man einen kurzen Dialog zwischen zwei Ungarndeutschen zitieren und es dabei belassen : A : „ Ich glaube , Emmerich Ritter hat das Vertrauen verspielt ...” B : „ Da liegst du aber daneben !” Denn Zankapfel war die Beurteilung der Tätigkeit von Emmerich Ritter , der als einer mit Managerqualitäten nachweislich Einiges bewegt hat , vor allem auf dem Gebiet der finanziellen Förderung von Nationalitätenaktivitäten , aber der auf der anderen Seite durch sein Wahlverhalten ( er stimmte vielen umstrittetenen Gesetzesentwürfen der Regierungsparteien zu ) für viel Unruhe in der ungarndeutschen Wählerschaft gesorgt hat . Dabei hat er 2018 keine Katze im Sack verkauft , wie einer der Kommentatoren auch bestätigt : „ Ich habe persönlich , mit den eigenen Ohren gehört , 2017-18 , in Wahlkampfzeiten , auf zwei verschiedenen Veranstaltungen , dass Emmerich Ritter sagte : „ Solange die jeweilige Regierung eine Nationalitätenpolitik verfolgt , die für die Nationalitäten akzeptabel ist , dann werde ich als Abgeordneter die Vorhaben der Regierung bei Abstimmungen unterstützen .”
Ob dies eine vertretbare Position ist , darüber ging es in der Diskussion , so äußerte sich die eine Seite wie folgt : „ Er ist ein Ersatzmitglied von Fidesz ” oder „ Jeder weiß ,
SoNNTAGSBLATT dass Ritter gleich Fidesz ist ”, gar : „ Wenn einer bei jeder Abstimmung mit Fidesz stimmt , das kann man nicht falsch verstehen ” oder „ Ritter soll unter dem Schirm von Fidesz antreten , er vertrat in den vier Jahren diese Partei und nicht die deutsche Nationalität . Nach so etwas werde ich mich auf gar keinen Fall als deutscher Wähler registrieren .” Auch die Gegenseite brachte ihre Argumente vor , wenngleich hier der Fokus auf das von Ritter Erreichte gelegt wird . Dabei wird die Gegenseite , wie in Ungarn üblich , direkt und manchmal sehr deutlich angesprochen : „ Dann benötigen die Lehrer nach Ihrer Ansicht ( der Ansicht der vermeintlichen Gegenseite , Red .) keine Nationalitätenzulage , die Studenten kein Nationalitätenstipendium , man benötigt keine schulische Nationalitätensonderförderung , keine Bewerbungen usw ., weil es darauf ankomme , dass der deutsche Abgeordnete nicht mit der Regierung stimmen soll ?” Ein weiterer Kommentator schrieb : „ Es ist unter anderen Emmerich Ritter zu verdanken , dass die Nationalitätenlehrer und -erzieher von Jahr zu Jahr mehr Geld erhalten . Er vertritt nicht nur die Interessen der Deutschen , sondern auch die der anderen Nationalitäten Ungarns . Sie sind zufrieden mit ihm . Man soll ihn nicht mögen , aber seine Verdienste müsste man anerkennen können ”. Dies wurde auch von einem weiteren Teilnehmer der Diskussionsrunde unterstützt : „ Welch ein Glück , dass es einen Emmerich Ritter gibt , der etwas für die Schwaben tut und auch nicht wenig . Und ( was macht , Red .) ihr ?”
Die Facebook-Diskussion war nicht frei von persönlichen Seitenhieben und es offenbarten sich dabei gesellschaftliche Spaltungstendenzen , die die gesamte ungarländische Öffentlichkeit kennzeichnen . Übergänge , die es früher gab , gibt es kaum noch .
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