noch weiter, da die Waffentransporte von ungarischen Soldaten
gestoppt wurden. Unter diesen Umständen mussten die hean-
zischen und österreichischen Volkswehr-Soldaten weitere Ort-
schaften besetzen. Am Abend traf eine österreichische Truppe
in Mattersdorf ein, mit frischen Männern und Munition. Suchard
entschloss sich, einen Angriff auf Ödenburg (die auserwählte
Haupstadt der Republik Heinzenland) vorzunehmen, aber erst
am nächsten Tag. In der Nacht wurde aber das ungarische Militär
in Ödenburg mobilisiert und im Morgengrauen des 7. Dezember
umzingelten diese Soldaten die Aufständischen in Mattersdorf:
Ein Widerstand gegen die viel besser ausgerüsteten Ungarn
(Madjaren) schien aussichtslos zu sein, also wurden die Sepa-
ratisten ohne einen einzigen Flintenschuss entwaffnet. Wegen
Hochverrat wurde Suchard verhaftet und in Ödenburg eingeker-
kert. Der ungarische Gerichtshof verurteilte ihn zum Tod, aber er
wurde zu Weihnachten gleich begnadigt. Damit endete die west-
ungarndeutsche „Eintagsrepublik”, die Republik Heinzenland,
die nach Suchards Erzählungen 22 Stunden existierte.
Die Zeitdauer gilt als ein Rekord auch in der Weltgeschichte unter
solchen ein- oder zweitägigen kurzlebigen Staaten. Der Plan für
die Errichtung eines Staates scheiterte, aber die Republik Hein-
zenland war eine wichtige Station auf dem Weg zur Gründung
des Burgenlandes: Ein spektakulärer, fast beispielloser Vorfall,
wodurch der internationalen Öffentlichkeit die Bedeutung der
deutschwestungarischen Frage klar wurde.
Für ein ungarndeutsches
Landesschulamt
Die Übergabe von Schulen an örtliche Nationalitäten-
selbstverwaltungen ist schön, gut und stärkt die lokalen
Selbstverwaltungsrechte. Aber: Wäre es dennoch nicht
angebracht, ein ungarndeutsches Landesschulamt einzu-
richten?! Denn es gäbe sehr viel zu tun (allein, was die
Unterrichtssprache betrifft, überwiegt in den meisten eige-
nen Schulen die fünfstündige Form, die oft auch noch als
Fremdsprachenunterricht verstanden wird), was ein pä-
dagogisches Institut nicht leisten kann. Die Baptisten, die
vor einigen Jahren landesweit 30 Schulen übernommen
haben, haben es vorgemacht, wie es geht. In der Vergan-
genheit gab es kurzzeitig ein Landesschulamt für die un-
garländischen deutschen Schulen. Sein Leiter war Josef
Schmidt, der vor zwanzig Jahren starb.
ZUR ERINNERUNG (zur Verfügung gestellt von Georg Krix)
Vor 20 Jahren, am 21. November 1998 hat uns Landsmann JO-
SEF (Sepp) SCHMIDT für immer verlassen. Ein Kämpfer für das
Ungarndeutschtum, dessen wir uns ehrwürdig erinnern wollen.
Josef Schmidt wurde am 7. März 1915 in Sanktpeter (Heidebo-
den, Westungarn) geboren und starb am 21. November 1998 in
Stuttgart-Bad Cannstatt. Die Urne mit seiner Asche wurde in sei-
nem Heimatfriedhof Sanktpeter beigesetzt.
Für sein Leben und Wirken stehe hier ein Artikel von Josef Volk-
mar Senz aus früheren Jahren:
Josef Schmidt war im Sommer 1941 der sowohl an Lebens- als
auch an Dienstjahren jüngste Landesschulamtsleiter der dama-
ligen südosteuropäischen deutschen Volksgruppen. Er war von
Budapest in das Schulungsgut der Volksgruppe in Schloß Futok
gekommen, um die dort versammelten Lehrer des eben nach
Ungarn zurückgegliederten Batscherlandes zu begrüßen.
SoNNTAGSBLATT
Dies war für ihn ein ganz besonderes Erlebnis, da das rumpfun-
garländische Deutschtum zufolge der verhängnisvollen ungari-
schen Nationalitätenpolitik an einem totalen Mangel von volksbe-
wußten deutschen Lehrern litt. Schmidt versprach sich vom Geist
und von den Erfahrungen dieser Lehrerschaft sozusagen eine
willkommene „Blutauffrischung“ für die Ungarndeutschen, die
sich nach dem Wiener Abkommen vom August 1940 zum Schutz
der deutschen Volksgruppe in Ungarn gerade anschickten, ein
eigenständiges deutsches Schulwesen aufzubauen.
Schon in seiner Jugendzeit und bis heute war er immer und über-
all dort zu finden, wo es galt, für die Erhaltung des ungarländi-
schen Deutschtums tätig zu werden. Er wurde am 7. März 1915
als sechstes Kind einer Heidebauernfamilie in Sanktpeter/Komi-
tat Wieselburg, im ehemaligen Gouvernement Deutsch-West-
ungarn, geboren. Schon als junger Student knüpfte er enge
Beziehungen zur Bewegung Jakob Bleyers, dem Erwecker des
ungarländischen Deutschtums. Josef Schmidt gehört zu den we-
nigen noch lebenden Teilnehmern an Jakob Bleyers Begräbnis
in Budapest 1933.
Nach Absolvierung der Lehrerbildungsanstalt in Sárospatak 1936
studierte Josef Schmidt bis 1941 Germanistik und Geschichte an
der Hochschule in Segedin. Dort war auch der Germanist Prof.
Dr. Heinrich Schmidt, der bewährte wissenschaftliche Mitstreiter
von Prof. Jakob Bleyer, sein Lehrer, der sich über die Suevia-
ner, die sich um den Jubilar sammelten, freute und sie mit be-
sonderer Aufmerksamkeit in die Volkskunde und Mundarten der
deutschen Siedlergruppen in Ungarn einführte. Drei Semester
verbrachte Schmidt an den Universitäten in Graz und Tübingen.
Gleich nach Abschluss seiner Studien wurde er am 1. Juli 1941
vom Volksgruppenführer Dr. Franz Basch mit der Leitung des
Landesschulamtes der deutschen Volksgruppe in Ungarn beauf-
tragt. Erstmals in der Jahrhunderte alten Geschichte der Deut-
schen in Ungarn gab es mit dieser offiziellen Amtsbesetzung eine
für die gesamte Volksgruppe in allen ihren Siedlungsgebieten für
die Selbstverwaltung des eigenständigen Schulwesens zustän-
dige Einrichtung, deren Aufgabe es war, für Aufbau, Erhaltung
und Unterrichtsgestaltung in einer deutschen Schulautonomie zu
sorgen. Schmidt erhielt mit diesem Amt einen Aufgabenbereich
der deutschen Kultur- und Volkstumsarbeit zugeteilt, der zu den
wichtigsten institutionellen und geistigen Instrumentarien der
Riege des ererbten Volkstums und lebendigen Identitätsbewußt-
seins für Volksgruppen in andersnationalen Staaten gehörte.
Die rund zwei Millionen Deutschen des damaligen Ungarn hat-
ten zum Zeitpunkt des nationalen Erwachens nach dem Ersten
Weltkrieg nur mehr 14 deutschsprachige Schulen. Der totale
Mangel an volkseigenen Mittelschulen und höheren Schulen hat
dem Deutschtum in Ungarn naturnotwendig die volksverbunde-
ne intelligente Oberschicht und Führungsschicht genommen, die
unzulängliche volksfremde Volksschule aber hat ganze Gene-
rationen und Schichten seiner Angehörigen in ein namenloses
völkisch-kulturelles Elend gestoßen.
Es wurde nur ein stufenweiser Aufbau des deutschen Schulwe-
sens in Angriff genommen. Zunächst beantragte der Volksbund
die Errichtung einiger wichtiger höherer deutscher Schulen und
eigener Volksschulen in Gemeinden, in denen schulisch und
volklich eine bedrohliche Situation bestand. Der auch mit diesem
übernommenen schulischen Erbe noch längst nicht ausreichen-
de schulische Bestand wurde getragen von drei eigenständigen
schulerhaltenden Körperschaften: 1. dem Volksbund der Deut-
schen in Ungarn, 2. der Schulstiftung der Deutschen Volksgrup-
pe in Ungarn und 3. dem Deutsch-Evangelischen Generaldeka-
nat in Siebenbürgen.
Das innere Urübel der deutschen Schulfrage war der Mangel an
volksbewussten Lehrkräften, der nicht von heute auf morgen ge-
deckt werden konnte. Alle Anstrengungen wurden deshalb auf
die Heranbildung eines erforderlichen deutschen Lehrernach-
(Fortsetzung auf Seite 18)
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