rokscharer Ballkleidern von Barbara – meiner Mutter – eine gute
Figur abzugeben. Sie baten Mutter um ihr Ein verständnis und
nach deren Zusage begann das Anprobieren. Bei den Bauern -
töchtern passten die Kleider ganz gut. Als Mutter den beiden noch
eröffnete, dass sie in unserem Weidenkorb noch zwei farblich pas-
sende Unterkleider neuester „Budapester Mode” aus Kunstseide!!
habe und diese ihnen auch zu Verfügung stellen würde, machte
sich fast „Weihnachtsstimmung” in der Familie breit…
So war vor allem für meinen Vater ein Frusttag zu einem guten
Ende gekommen! Wir Ungarn-Flüchtlinge wurden ab jetzt in
einem anderen Lichte gesehen. Im Übrigen fanden bei der Hoch -
zeit Kaspars Schwestern mit dem „Budapester Mode-Outfit”
jeweils einen reichen Hoferben, der dann später auch geheiratet
wurde!! So konnten wir der Altbäuerin, die sich schon Gedanken
machte, dass ihrer Töchter (27, 25) keinen Freier finden würden,
aus ihrer Sorge befreien!!
Der Rest der Woche war von der Heuernte geprägt, wobei am
Samstag noch ein wichtiger Tag uns bevorstand: der Backtag der
beiden Höfe. Schon früh am Morgen wurde der Backofen, der
sich im gemeinsamen Backhaus der Höfe befand, angezündet und
mit großen Holzscheiten langsam auf Temperatur gebracht. Sechs
Frauen aus den beiden Höfen einschließlich der beiden „Flücht -
lingsfrauen” waren mit der Herstellung einer riesigen Teigmenge
beschäftigt. Es wurden ausschließlich reines Roggenmehl und
Sauerteig verwendet.
Meine und Marias Mutter zeigten sich bei Arbeit als sehr
geschickt, hatten sie doch zu Hause in Schorokschar auch Brot für
die Familie gebacken, meist aber Weißbrot, welches aber beim
Bäcker gebacken wurde. Im Übrigen war das „Schorokscharer
Brot”, das von etwa zwei Dutzend privaten Bäckern auch in gro-
ßen Mengen nach Budapest geliefert wurde, sehr gefragt und
äußerst beliebt. Da es hier aus Roggenmehl hergestellt wurde, war
es die würzige Alternative zum in Ungarn überwiegenden
Weißbrot aus reinem Weizenmehl.
Für die beiden Mayer-Familien wurden alle zwei Wochen etwa
zwanzig „Acht-Pfünder-Bauern-brote” (4 kg) gebacken. Wir Kin -
der standen in der Backstube und sahen dem geschäftigen Treiben
zu. Bald war dann der Teig fertig und wurde portioniert. Nachdem
„Gehen” wurde dann die erste Tranche der Brote in den Ofen
geschossen. Dies war für uns alles sehr interessant, doch wir konn-
ten nicht der ganzen, stundenlangen Prozedur beiwohnen.
Hildegard eröffnete uns aber, dass wir am Ende des Brotbackens
noch mit dieser besonderen „Delikatesse” aus dem Ofen ver-
wöhnt würden! Darauf freuten sich alle Bewohner der Gehöfte.
Wir waren sehr gespannt, was uns da kulinarisch bevorstand.
Mittlerweile war es spätnachmittag geworden und wir fanden
uns wieder am Backhaus ein. Die duftenden fertigen Brote kühl-
ten auf einem Großregal ab. Die Frauen waren bereits mit der
Zubereitung der Delikatessen-Zutaten beschäftigt: zerkleinerten
Zwiebeln, „Kartoffelschmiere”, Grieben, Speck- und Rauch -
fleisch würfel, Schnittlauch und Sauerrahm. Von einem bestimm-
ten Restteig des Brotbackens wurden große runde Fladen herge-
stellt. Mit den Zutaten wurden diese belegt bzw. bestrichen und
ab ging es in den Backofen. Nach kurzer Backzeit waren die
„Hitzkuchen” fertig und verströmten einen unwiderstehlichen
Duft. Alle Bewohner der Gehöfte hatten sich eingefunden und
ließen sich die leckere „Schwäbische Pizza” schmecken. Hildegard
hatte uns nicht zu viel verspochen, obwohl ich eigentlich mit einer
„süßen” Spezialität gerechnet hatte!
Morgen, am dritten Sonntag auf dem Hof, wollten unsere Väter
mit uns in die Kerngemeinde zum katholischen Gottesdienst ge -
hen. Die beiden Männer versprachen sich davon, nicht nur geist-
lichen Beistand, sondern auch viele Neuigkeiten; hatte man doch
die letzten Wochen sehr „isoliert” gelebt.
Verrückte
Traumwelt
in der Wüste
Durch Nevada
und Las Vegas
Von: Hans Dama
Wasser formt die Wüste – typische Landschaft
in der Sierra Nevada
Als ich noch als kleiner Junge in der Großsanktnikolauser Alt -
gasse über Karl May und den „Lederstrumpf” die ersten Ame -
rika-Vorstellungen vermittelt bekam, die sich im Laufe der Zeit
durch die Massenmedien vervollkommneten, spielte die Fantasie
eine entscheidende Rolle. Doch die Wirklichkeit weicht vom ima-
ginär geprägten Bild meistens erheblich ab. Auf einer mehrwöchi-
gen Amerika-Reise, die mich auf über 6000 Straßen- und 10 000
Flugkilometern durch mehrere Bundesstaaten im Osten und Wes -
ten der USA führte, hatte sich die Möglichkeit geboten, das wirk-
liche US-Amerika kennenzulernen. Hier einige Momentein -
drücke aus Nevada und Las Vegas.
Bei Mesquite erreichen wir den Wüstenstaat Nevada, das Land
der Glücksspiele. Einen Vorgeschmack auf Las Vegas bietet das
Casino des kleinen Städtchens, wohin wir vor der Mittagsglut
flüch teten: Mittagsbuffet, und jeder Tisch ist gleichzeitig Spiel -
tisch, mit zig Zahlenvordrucken ausgestattet, auf denen bloß sie-
ben Zahlen anzukreuzen sind, fünf richtige bringen einen Ge -
winn. Mit drei US-Dollar Einsatz hat die blonde Barbara am
Nebentisch 300 Dollar gewonnen. Die richtige Einstimmung auf
Las Vegas...
Spielhölle im Sand
Mittwoch, 15 Uhr: Wir erreichen Las Vegas. 48°C Schatten tempe -
ratur. Wir stürzen aus dem klimatisierten Bus ins Hotel Excalibur,
benannt nach dem Schwert König Arthurs, ein einem mittelalter-
lichen Schloss ähnelnder Monsterbau mit vier Riesentürmen:
4032 Betten. Vom 26.Stockwerk gleiten unsere Blicke über den
Schwesterbau, das pyramidenförmige Luxor-Hotel, in dessen
Erdgeschoß man in Booten auf einem Pseudomini-Nil dahinpad-
deln kann.
Las Vegas – eine Traumwelt in der Wüste, die von der Leiden -
schaft oder vom Laster, wohl vereint in der Spielsucht, lebt. Doch
man gibt sich gerne familienfreundlich, indem auch für die Klei -
nen und Kleinsten geldlose Spielautomaten aufgestellt sind. Das
Prinzip, Geld den Besitzer wechseln zu lassen, ist einfach: In den
riesigen Hotelhallen stehen einarmige Banditen, Roulette-Tische,
an denen rund um die Uhr gespielt werden darf. Geldwechsler
schieben ihr Wägelchen vor sich hin. Superminirockdamen brin-
gen eisgekühlte Getränke. Im ersten Stock sorgen Restaurants,
Buffets, Cafès usw. für Stärkung, lindern die Enttäuschung oder
laden, wenn das Glück mal zugeschlagen haben sollte, zum Feiern
ein. Erst ab dem 3. Stockwerk sind die Hotelzimmer unterge-
bracht. Man lockt den Gast mit relativ preiswerten Zimmer -
preisen, damit er sein Geld anbringe. Die 24 Milli onen Besucher
pro Jahr bescheren der Stadt zwei Milliarden Dollar Gewinn. Erst
ab 750 Dollar Gewinn muß der Glückliche 30 Prozent Steuern
zahlen. Die Einwohner Nevadas hingegen sind befreit von der
Lohn- und Einkommenssteuer.
Abends erst erwacht die Stadt in der Wüste im bunten
Lichterglanz zum Leben: Da stehen sie, die Spielhöllen Treasure
Island, Cesar’s Palace, Circus Maximus, Aladin, Flamengo, MGM
(Fortsetzung auf Seite 30)
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