Sonntagsblatt 1/2016 | Page 2

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( Fortsetzung von Titelseite)
treu, und so kämpfte er den Windmühlenkampf seiner Getreuen gegen die Verfechter der Idee „ ebben az országban magyar az úr”(„ in diesem Land ist der Madjare Herr”), wie es mein Freund Franz Wesner aus Dortmund schon so oft in Erinnerung rief.
Aber leider Gottes blieb auch er nicht immun gegen die Ver- suchungen der Zeit, sein rigoroser politischer Katholizismus, manche sagen „ bigott katolicizmus”, mit seiner Amtskirche in Ungarn schon immer eine Stütze der Madjarisierung, ließ ihm keinen anderen Weg oder gar Kooperationsmöglichkeit zu als diesen bzw. diese, denn eins dürfen wir nicht vergessen: Es war ja ein Kommunist jüdischer Abstammung, der erstmals in der ungarischen Geschichte den Deutschen territoriale Autonomie in Aussicht stellte( die vagen Vorstellungen einer Donaukonföde- ration im 19. Jahrhundert hier unbeachtet). Seine Nähe zu katholisch-madjaronischen Kreisen wissen wir, hat für uns herzlich wenig gebracht. Seine berühmte Parlamentsrede von 1933 konnte deswegen nur Aussdruck seiner bitteren Enttäuschung sein, im Land der auch schon damals mustergültigsten Minderheiten- politik. Heute gibt es eine Jakob-Bleyer-Schule, ein Museum ist nach ihm benannt, und es finden Wettbewerbe unter seinem Namen statt. Aber was ist von ihm eigentlich geblieben? Dieses gebetsmühlenartige Wiederholen seines Namens erinnert einen so oft an das Gedenken an ungarische / madjarische Helden aus der heldenhaften ungarischen Geschichte, ein Gedenken, das so oft Subs- tantielles vermissen lässt. Seine Worte von damals sind heute noch gültig, seine Lagebeschreibung könnte in jeder aktuellen Ausgabe des Sonntagsblattes oder gar der Neuen Zeitung stehen.
Ihn zu verstehen, seine Worte in die Tat umzusetzen, das wäre ein Gebot der Stunde. So gedenken wir an diesem trüben Dezembertag noch still dem „ Erwecker des Ungarndeutschtums”, aber in der Hoffnung, dass auch dieser Titel endlich ihm gerecht wird. Auch heute, auch in der Zukunft.

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PRESSEMITTEILUNG – 30. November 2015

Christkind bringt LdU wichtige Beschlüsse und Dokumente

Nachhaltige Lösungen der Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen wurden schriftlich gefasst
Fertig ist die Liste, die die Kriterien bezüglich der Übernahme von Bil- dungseinrichtungen durch örtliche deutsche Nationalitätenselbstverwaltun- gen aufzählt, und auch der komplette Handlungsplan zur Strategie der Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen liegt – wie geplant, noch vor Weihnachten – vor. Als wirkungsvoll erwies sich also die zwischen dem 27 – 29. November in Baja ausgetragene Klausurtagung der LdU. Vollver- sammlungsmitglieder der Landesselbstverwaltung, Mitarbeiter der Ge- schäftsstelle, der Regionalbüros und der Institutionen der LdU, sowie weitere eingeladene Gäste verbrachten ein ganzes Wochenende im Ungarn- deutschen Bildungszentrum, um in aller Ruhe über wichtige und zukunftsweisende Angelegenheiten de LdU zu diskutieren.
Möchte eine Nationalitätenselbstverwaltung die örtliche Schule oder den Kindergarten in ihre Trägerschaft übernehmen, so soll diese Absicht unbedingt auch von der lokalen Selbstverwaltung unterstützt sein – betonte Bildungsexperte László Appel. Mit seinem Vortrag über diesbezügliche Erfahrungen begann am Freitagnachmittag die Klausurtagung der Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen. Die dreitägige Veranstaltung beinhaltete – den Klausurtagungen der Vorjahre ähnlich – auch eine Vollver-
sammlungssitzung. Bei dieser letzten Versammlung im Jahr traf das höchste Gremium der LdU unter anderem auch die Ent- scheidung, die Gemeinschaft Junger Ungarndeutscher, die einzige landesweite Jugendorganisation der deutschen Nationalität dabei zu unterstützen, eine Fußballmannschaft für die Europa- meisterschaft 2016 der autochthonen nationalen Minderheiten in Südtirol aufzustellen.
Eine gravierende Frage der LdU-Bildungspolitik der letzten Zeit ist, welche Nationalitätenselbstverwaltungen wohl den Schritt der Übernahme einer örtlichen Bildungseinrichtung von der zentralen Schulbehörde „ KLIK” wagen sollen. Um diese Entschei- dung fachlich zu unterstützen, erstellte dazu der Bildungs aus- schuss der Landesselbstverwaltung eine ausführliche Kriterien- liste. „ Unser Ziel ist es zu erreichen, dass immer mehr Schulen, Kindergärten von Nationalitätenselbstverwaltungen getragen werden, aber das darf nicht auf Kosten der Qualität gehen”, meint Ausschussvorsitzender László Schindler. „ Die wichtigsten Ele- mente der genannten Kriterienliste sind die folgenden: vor Ort muss selbstverständlich eine Nationalitätenselbstverwaltung funktionieren, und durch Zivilorganisationen, Kulturgruppen muss nachweislich ein reges ungarndeutsches Leben geführt werden. Wir erwarten von den Bildungseinrichtungen einen Bericht darüber, in wiefern sie in den letzten Jahren ungarndeutsche Inhalte in ihre Arbeit mit eingebaut haben, und wir erwarten auch, dass Nationalitäteninhalte nach der eventuellen Übernahme ein dominanten extra Kapitel im pädagogischen Programm der jeweiligen Institutionen bekommen. Für die Sicherheit der Einrich tungen und der deutschen Selbstverwaltungen schlagen wir vor, das Finanzielle und Fachliche im Voraus genau zu erwägen. Wenn die finanzielle Funktionsfähigkeit gewährleistet zu sein scheint, sollte dann eine Vereinbarung mit der lokalen Selbstverwaltung geschlossen werden.” Derzeit stehen übrigens 14 Grundschulen und 19 Kindergärten landesweit in der Trägerschaft der jeweiligen örtlichen deutschen Selbstverwaltung, und weitere Nationalitäten- selbstverwaltungen zeigten bereits Interesse.
Ein weiteres Schlüsselthema der Klausurtagung war die Vol l- endung der Strategie der Landesselbstverwaltung bis 2020. Nach einjähriger tiefschürfender Arbeit liegt nun auch der vollständige Handlungsplan vor, der als Leitfaden für die Arbeit in den Be- reichen Politik, Kultur, Bildung, Jugend und Kommunikation dienen soll. Im Dokument ist zum Beispiel deklariert, welche konkreten Schritte unternommen werden müssen, damit sich eine aktive deutsche Nationalitätengemeinschaft und eine starke Identität herausbilden kann. Erklärt wird auch, was Bildungseinrichtungen tun sollen, um zumErhalt und zur Stärkung ungarndeutscher Identität effektiv beizutragen, wie Kultur ihre Brückenrolle innerhalb der Gemeinschaft, in der ungarischen Öffentlichkeit und auf internationaler Ebene erfüllen kann, wie das Interesse der Jugendlichen erweckt werden kann, oder wie durch bewusste Kommunikation Verständnis, Vertrauen, Unterstützung, Zusam- men arbeit und Konsens erreicht werden sollen.
„ Es ist wichtig, dass wir nun eine Richtschnur für die bevorste-
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