Sonntagsblatt 1/2015 | Page 26

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rechterhaltung der Volksgruppe beachtliche Unterstützungen zu- geführt, doch sowohl die noch funktionierenden kulturellen Einrichtungen wie z. B. das Deutsche Staatstheater Temeswar, das Lenau-Gymnasium, das Gymnasium in Neu-Arad die Banater Zeitung, das Reschitzer Tietz-Kulturzentrum u. a. sind in der Ausübung ihrer Aktivitäten eingeschränkt, obwohl man z. B. gerade in Reschitza durch die Veranstaltungsreihe der Deutschen Literaturtage Reschitza sich auch internationaler Beteiligung er- freuen darf. Ähnlich auch die Unterstützung durch deutsche und österreichische Stellen für das Deutsche Staatstheater Temeswar und die Österreich-Bibliothek am Germanistik-Lehrstuhl der West-Universität in Temeswar. Heute versucht man vergebens, in Arad, Reschitza, Temeswar usw. an einem Zeitungskiosk oder in einer Trafik eine einheimische Zeitung / Zeitschrift in deutscher Sprache käuflich zu erwerben, was nun lediglich nur mehr per Abo möglich ist. Es scheint bloß eine Frage der Zeit zu ein, wie lange diese für die dort verbliebenen Landsleute so wichtige Stützen der Muttersprache aufrecht erhalten bleiben, zumal das biologisch bedingte Schrumpfen der Banater Deutschen – hüben wie drüben – an deren Zahl un- aufhaltsam nagt. Wenn auch im westlichen deutschsprachigen Ausland – vor allem in Deutschland und Österreich – das Zusammengehörig- keitsgefühl der Landsleute mittels Treffen verschiedener Art( HOG-Ortstreffen, Klassentreffen, Pfingsttreffen) durch die Banater Post u. a. Publikationen gestärkt werden soll –, was mehrheitlich auch gelingt –, so muss uns trotzdem vor Augen gehalten werden, dass solche Lösungen auf lange Dauer nicht funktionieren können: Die Generation der Rückwanderer in die Heimat der Ahnen sowie die noch im Banat geborenen Kinder und Enkel- kinder dürfen absolut als Garant eines wenn auch lose gehaltenen Fortbestehens der HOG in Betracht gezogen werden.
Das ist natürlich ein Generationsproblem, und wie viele Gene- rationen werden da noch folgen, die sich als Banater Deutsche( Banater Schwaben u / o Berglanddeutsche) fühlen bzw. als solche bekennen? Die vollkommene Integration und das Aufgehen in das Staats volk des Mutterlandes
( Deutschland und Österreich) ist ein natürlicher sozialer Vor- gang, weil zum selben Kultur- und Religionskreis gehörend, andererseits werden sich die Nachkommen der Rückwanderergenerationen verständlicherweise wohl nicht mehr als Banater Deutsche bezeichnen und das mit Recht.
Somit ist plausibel, dass dieses Völkchen, das in der Geschichte zirka 250 – 300 Jahre – was ist schon ein Viertel Jahrtausend in der Menschheitsgeschichte? – um seine Existenz gerungen hat, sich einreihen wird unter jene Völker, die die Historie nur mehr mit dem Namen streift. Diese hier aufzuzählen ist nicht beabsichtigt: Sie sind uns aus dem Geschichte – Unterricht bestens bekannt.
FAZIT: Es sollte uns bewusst sein / werden, dass der Volks- stamm / die Volksgruppe der Banater Deutschen(= Banater Schwa ben und Berglanddeutschen) im Auflösen begriffen ist; in welcher Zeitspanne dieser Prozess erfolgen wird, ist derzeit( noch) nicht absehbar.
Deshalb ist es wichtig, Belege – in welcher Form auch immer: Bücher, Bilder, Fotos, Publikationen jeglicher Art sowie Gegen- stände mit musealem Wert – in Archiven und Sammlungen, in Bibliotheken und Galerien als Zeugen eines Völkchens in Auf- lösung zu horten und für die Ewigkeit bereit zu stellen.
Nur auf diese Weise können eine untergegangene und von der Bildfläche der Geschichte abgegangene Gemeinschaft und deren Kultur weiterleben.
1) Berglanddeutsche und Banater Schwaben 2) 1716 wurde das Banat nach 164 Jahren als –( damals) ungarisches Gebiet – von der osmanische Herrschaft durch Prinz Eugen befreit.
3) Erster Schwabenzug unter Kaiser Karl VI. 1723 – 1726; Zweiter Schwabenzug unter Maria Theresia: 1763 – 1773; Dritter Schwabenzug unter Josef II. 1782 – 1787. 4) Vgl. Wolf, Johann; Banater Mundartenkunde … 5) Diese Vorgänge sind hier nicht Ziel der Untersuchung.

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Buchbesprechung
Rudolf Kern: Victor Tedesco
– ein früher Gefährte von Karl Marx in Belgien. Sein Leben, Denken und Wirken in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Waxmann Verlag Münster – New York, 2014.
Prof. Dr. Rudolf Kern, ein alter Freund der Ungarndeutschen, hat eine umfassende Monographie von über 800 Seiten über den italienischstämmigen Luxemburger Victor Tedesco( 1821 – 1897), einen europäischen Demokraten des 19. Jahrhunderts, auf den Tisch gelegt.
Die Darstellung enthält nicht nur eine vollständige Biographie und Schriftendokumentation Tedescos, sie umfasst auch zahlreiche Kurzporträts seiner Schicksalsgefährten und präsentiert zugleich ein beträchtliches Stück belgischer und luxemburgischer Gesellschaftspolitik und Revolutionsgeschichte im 19. Jahrhun- dert.
Durch sein entschlossenes politisches Engagement als Student, Liberaler, Freimaurer und Freund von Karl Marx in Brüssel versuchte der in Lüttich ansässige Tedesco mit Gleichgesinnten der Demokratie im Königreich Belgien den Boden zu bereiten. Mit behutsamer politischer Werbung für Reformen hoben ihre Be- mühungen an. Als die demokratische und soziale Agitation heftiger wurde, nahm das gesamte politische Geschehen an Schärfe erheblich zu. Betrug und Leidenschaft, echte und scheinbare
Ankündigung des Vortags von Dr. Hans Dama( Wien)
13. April 2015( Montag) 18 Uhr, im Haus der Ungarndeutschen, Budapest:
a) Adam Müller-Guttenbrunns „ Götzendämmerung”. im Spannungsfeld der politischen Krise in Ungarn am Beginn des 20. Jahrhunderts. b) Buchpräsentation: Love story in Budapest. Der Volksgruppenführer und die Jüdin, Roman von Nelu B. Ebinger
Verstöße gegen die Rechtsordnung prägten das Bild der gesellschaftlichen und politischen Realität. Die revolutionären Demok- raten und Republikaner gerieten in die Fänge von Polizei und Jus- tiz. Über Schuldige und Unschuldige wurden Höchststrafen verhängt. Unter ihnen auch Tedesco, der seinem Verhängnis nicht entgehen konnte. Die Welt der Helden und Gesellschafts- veränderer von 1848 lag danach endgültig in Trümmern.
Wenn auch Tedescos Ziel der Errichtung einer „ demokratischsozialen Republik” in Belgien damals scheiterte, bleiben seine Verdienste um die frühe Weckung der Demokratie in diesem Lande bis heute bestehen. Ebenso dauerhaft gebührt ihm nach unermüdlichem Einsatz für die Arbeiter und Armen und besonders aufgrund seiner weit über die Grenzen Belgiens hinaus ver-
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