Sonntagsblatt 1/2022 | Page 32

mein ( ungarn- ) deutschtum ( 35 )

Ein ungarndeutsches Mädchen aus Hedjeß – Petra Folkmann-Papp ( 19 ) zu der Frage , was Ungarndeutschtum für sie ausmacht
Ich heiße Petra Folkmann-Papp , bin 19 Jahre alt - ich wohne in Hedjeß / Hõgyész , die eine Großgemeinde ist und in Transdanubien , im Komitat Tolnau , liegt . Ihre Einwohnerzahl beträgt ungefähr 2800 . Im Dorf leben zurzeit vier verschiedene Volksgruppen : Madjaren , Ungarndeutsche , Sekler und Romas . Die Hedjeßer Deutsche Nationalitätenselbstverwaltung gründete man im Jahre 1999 . Ihre Pflicht ist die Verteidigung der Interessen der Ungarndeutschen in Hedjeß . Unter ihren Zielen stehen die Bewahrung und Pflege der ungarndeutschen Traditionen , Kultur und nicht zuletzt die Bewahrung der Muttersprache . Außerdem gibt es einen Deutschen Nationalitätenverein und eine ungarndeutsche Tanzgruppe . Diese sind sehr zusammenhaltende Gruppen , die die Veranstaltungen des Dorfes immer gemeinsam organisieren . Zurzeit beeinflusst das Corona-Virus unser Leben , deshalb können wir wenigere Programme halten . Ansonsten haben wir Anfang des Jahres ein traditionelles Schweineschlachten veranstaltet . In der Faschingszeit wird schon seit Jahrzehnten der Schwabenball organisiert , wo Groß und Klein sich wohl fühlen . Im Mai wird in der Mitte des Dorfes von Burschen ein schöner Maibaum gestellt . Diesen Maibaum tanzt die Tanzgruppe immer zu Pfingsten aus . Da werden auch von anderen Ortschaften Volksgruppen eingeladen . Im Herbst findet wieder eine wundervolle Veranstaltung statt : Das ist unsere Kirchweih . Da gibt es am 8 . September ein kirchliches Fest : Mariä Geburt . Dort wird ein Kirchweihbaum aufgestellt , wo man auch ein Kulturprogramm organisiert . Es ist schön , dass diese Gemeinschaft so zusammenhaltend ist , denn „ wer die Vergangenheit nicht ehrt , verliert die Zukunft , wer seine Wurzeln vernichtet , kann nicht wachsen .“
So wuchs ich auch in diesem wunderschönen Dorf auf . Hier besuchte ich den Kindergarten und die János-Hunyadi-Grundschule . Ich bin sehr stolz , dass wir mit meiner damaligen Klasse und mit zwei Deutschlehrerinnen jedes Jahr ein Stück auf die Bühne brachten , natürlich in deutscher Sprache . So trugen wir zum Beispiel die Spinnstube , eine ungarndeutsche Hochzeit oder Pippi Langstrumpf vor . Diese sind schöne Erinnerungen für mich . Was noch erwähnend ist , dass im Schulhof sich ein Heimatmuseum befindet , was im Jahre 2002 eröffnet wurde . Es besteht aus vier Räumen : eine saubere Stube , ein Vorzimmer , eine Küche und eine Kammer . Die Einrichtungsstücke sind alle original . In diesen Räumlichkeiten wurde oft für uns , Schüler der Grundschule , Volkskundeunterricht gehalten . Danach besuchte ich das Lajos-Tolnai-Zweisprachige-Gymnasium in Jink / Gyönk . Dort lernte ich viele Fächer wie zum Beispiel Geschichte , Literatur , Volkskunde , Geographie , Biologie in deutscher Sprache . Da legte ich zwei Sprachprüfungen ab : das ÖSD Mittelstufe und das DSD II .
Ich nahm an vielen Wettbewerben teil . So erreichte ich im Jahre 2019 beim Valeria-Koch-Rezitationswettbewerb in Fünfkirchen den 3 . Platz . 2020 bekam ich einen Sonderpreis beim Valeria-Koch- Illustrationswettbewerb . Ich nahm auch am TeitschQuiz , am ungarndeutschen Online-Kneipenquiz , teil , da herrschte auch eine herrliche Stimmung und es gab spannende Fragen . Außerdem war ich zwei Jahre lang Mitglied und zwei Jahre lang Chefredakteurin der Schulzeitung Ein-Stein an meinem Gymnasium . Im Jahre 2021 bekam ich die Plakette Lajos Tolnai . Diese Ehre wird nur solchen Schülern zuteil , die am Gymnasium herausragende Leistung erbringen . So bin ich sehr froh , denn diese ist eine Bestätigung , dass ich meine Aufgaben gut gemacht habe . Was ich noch erwähnen möchte , dass ich zwei Jahre lang ein Nationalität-Stipendium des Staatssekretariats für kirchliche und Nationalitätenangelegenheiten der Staatskanzlei bekam , denn ich habe eine herausragende Leistung erbracht , gehöre zu einer der Nationalitäten Ungarns und bin auch auf diesem Gebiet aktiv . Nach meinem Abitur wurde ich an der Uni Fünfkirchen immatrikuliert . Ich studiere Jura , denn dieses Fach ist ein Weg zu meinem Traumberuf .
Wenn mich jemand fragen würde , was ich in meiner Freizeit mache , könnte ich vieles aufzählen , wie zum Beispiel Lesen , Musik hören oder Lernen . Aber was ist mein Lieblingshobby ? Eigentlich Tanzen . Diese Beschäftigung bedeutet für mich Freiheit , Freude , Liebe und Vertrauen . Eigentlich tanze ich , seitdem ich laufen kann . Die ersten Tanzschritte habe ich zu Hause im engsten Familienkreise erlernt . In der Hedjeßer Ungarndeutschen Tanzgruppe tanze ich seit 13 Jahren . Warum ungarndeutsche ? Denn ich bin ungarndeutscher Abstammung . Ich fühle es in meinem Herzen . Diese Liebe zum Tanzen erbte ich von meinen Ahnen und ich denke , meine Aufgabe ist es , dass ich dieses Gefühl verspüre , bewahre und weitergebe . Warum ist es gut zu tanzen ? Das ist eine Art der Kunst . Das lehrt einiges - man muss pünktlich sein und nicht zuletzt ein Rhytmusgefühl haben . Trotzdem fühlt man sich dabei locker und frei . Da muss man nicht sprechen , denn der Tanz sagt jedem etwas anderes . Mit den
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