Ein Tag im Leben des
Norcross Harmon
T EXT J AN E RIK W ELHAUSEN Z EICHNUNG E BRU D URSUN
Im Jahr 2018 habe ich bei der Jugendbuch AG die Geschichte „Arbeiter Nr. 174“ veröffentlicht. Im kommenden Jahr wird
es eine Fortsetzung geben. Allerdings wird es keine Fortsetzung im eigentlichen Sinne, da ich die Vorgeschichte erzählen
werde, die den Titel „Arbeiter Nr. 1“ tragen wird. Da es bis zu der Veröffentlichung aber noch ein wenig dauern wird,
erhaltet ihr hier schon einmal einen kleinen Vorgeschmack. Im Folgenden lest ihr den Prolog zu „Arbeiter Nr. 1“.
Es war vormittags um 8:36 Uhr. Kinder gingen zur Schule,
Erwachsene arbeiteten. Auch ein bestimmter
Grundschüler namens Norcross Harmon tat es. Er saß an
seinem Schreibtisch und machte seine Matheaufgaben.
Er arbeitete äußerst langsam und Schweißperlen liefen
sein Gesicht herunter. Seine strenge Lehrerin, Mrs. Myers,
machte den Stress noch schlimmer. Der Respekt vor ihr
war groß. Nein, es war kein Respekt. Es war Angst. In der
letzten Klassenarbeit hatte sie ihm eine sechs gegeben.
Nochmal so etwas und er würde eine Klasse wiederholen
müssen. Das könnte zu großen Problemen mit seinen
Eltern führen.
Und dann kam sie: Mrs. Myers kam mit einem bösen
Blick auf Norcross zu und fragte: „Norcross Harmon, wie
weit bist du?“
„Aufgabe 2, Mrs. Myers…“, antwortete er stotternd.
„Dein Ernst?“, fragte sie. „Ich habe dir eine halbe Stunde
für diese Aufgaben gegeben und du bist erst bei Aufgabe
2? Aufgabe 1 schafft man doch locker in fünf Minuten!“
„Aber ich bin doch erst 9!“, erwiderte Norcross. „Sie sind
auf einem ganz anderen Niveau.“
„Aber deine Mitschüler haben es tatsächlich in ca. 5
Minuten geschafft. Ich fange an zu glauben, dass du mein
schlechtester Schüler bist.“, gab die Lehrerin zu.
„Sowas darf man doch nicht sagen! Das ist gemein!
Schüler sollten zu Lehrern aufschauen können. Doch Sie
scheinen das nicht zu verstehen. Sie setzen mich täglich
unter Druck und ärgern mich. Es reicht mir! Ich will Sie nie
wieder sehen! Ich hasse sie!“, schrie Norcross und fing an
zu weinen.
„Das wäre dann wohl eine sechs für die Stunde,
Norcross.“, sagte Mrs. Myers diabolisch. „Ich freue mich
schon dich in zehn Jahren auf der Straße zu sehen.“
Nachdem sie das gesagt hatte, ging sie zu einem
anderen Schüler.
Norcross wachte auf.
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Er war weder in einem Klassenzimmer, noch war er ein 9-
jähriger Grundschüler. Er war ein 24-jähriger Mann, der
bei seiner Arbeit eingeschlafen war. Er wurde von einer
lauten und dunklen Stimme geweckt. Als er aufwachte,
sah er einen circa 60-jährigen, mit böser Miene
guckenden Mann vor sich stehen. Es war sein Chef.
„Schon wieder bei der Arbeit eingeschlafen, Mr.
Harmon?“, fragte er und blickte Norcross weiterhin finster
an.
„Es tut mir wirklich leid, Mr. Sherman, aber ich konnte
nicht anders.“, antwortete Norcross. „Immer wenn ich zur
Arbeit komme, bin ich verdammt müde und kann mich
nicht lange wachhalten!“
„Das wäre dann schon das vierte Mal in diesem Monat.
Sagen sie mir aber: Wieviele Papiere haben sie denn
heute schon bearbeitet?“, fragte der Chef, nachdem er
Norcross‘ jämmerliche Entschuldigung gehört hatte.
„Leider nur zwei, Mr. Sherman.“, antwortete Norcross.
„Alles klar…“, sagte Mr. Sherman. „Dann empfehle ich
ihnen … GEHEN SIE SOFORT NACH HAUSE UND
SCHLAFEN SIE SO LANGE, WIE SIE WOLLEN! SIE SIND
HIER HEUTE NÄMLICH NICHT LÄNGER ERWÜNSCHT!
PACKEN SIE IHRE SACHEN!“
Nachdem Mr. Sherman das gesagt hatte, ging er in eine
andere Abteilung und Norcross fing an seine Sachen zu
packen. Kurz bevor er fertig war fragte ihn jemand:
„Norcross, was macht du denn da?“
Als Norcross das hörte, drehte er sich um, um zu gucken,
wer das gesagt hatte. Wie sich dann herausstellte war es
ein langjähriger Freund von ihm namens Derrick Nixon.
„Ich packe meine Sachen, Derrick!“, antwortete Norcross.
„Es sieht nämlich so aus, als hätte der gute alte Mr.
Sherman mal wieder total den Verstand verloren.“
„Oh nein!“, sagte Derrick. „Das heißt dann wohl, dass ich
heute ohne dich weiterarbeiten muss. Dieser Job ist so
oder so schon schlimm genug, aber zu arbeiten ohne