SchollZ 7/2021 Nr. 26 | Page 59

sobald die Gründe dafür entfallen , dass man sie vorenthält . Also Menschen , die nicht mehr gefährdet sind und auch eine geringere Gefahr für andere darstellen , müssen ihre Grundrechte wiederbekommen , da hat man keinen Spielraum . Auf europäischer Ebene machen wir das gerade mit einem gemeinsamen Zertifikat , das überall in der EU gelten soll , gerade auch für den Grenzübertritt . Das ist für Geimpfte
mit voll wirksamen Impfschutz , für Genesene , die immun sind und für Menschen mit einem aktuellen negativen Coronatest . Da zählt dann wirklich nicht nur die Impfung , sondern es sind alle gleichgestellt , die gewährleisten können , dass ihr Risiko , angesteckt zu werden sowie ansteckend zu sein , deutlich geringer ist . Rein rechtlich geht das gar nicht anders zu regeln .
Meinen Sie nicht , dass Impfgegner dadurch einen Aspekt sehen , wo sie für Unruhen sorgen können ?
Die Diskussion hat ja von Anfang an für Unruhen gesorgt , vor allem als nur sehr wenige Leute geimpft worden sind , inzwischen hat sich das , glaube ich , ein bisschen entspannt . Man kann ein Licht am Ende des Tunnels sehen . Und wie gesagt , man muss sich nicht impfen lassen , diese Leute , die es nicht wollen oder aus gesundheitlichen Gründen nicht können , sollen diese Freiheit ja auch genießen können . Einem hartnäckigen Corona-Leugner würde ich dann sagen , dass er zusehen soll , dass er die Krankheit kriegt und das durchmachen soll , dann hat derjenige Antikörper und

" Man kann ein Licht am Ende des Tunnels sehen ."

ist auch dabei . Aber Spaß beiseite , mit einem aktuellen Test muss man auch die Möglichkeit haben , wieder am Leben teilzunehmen . Das Problem bei den Tests darf man natürlich nicht aus den Augen verlieren , dass das immer nur eine Momentaufnahme ist und Menschen , die sich gerade erst infiziert haben und ansteckend sind , noch nicht erfasst werden . Deswegen ist das mit den Tests der unsicherste der drei Faktoren . Aber man wird es faktisch gar nicht anders machen können . Je mehr Menschen geimpft oder immun sind , umso ungefährlicher sind dann die immer weniger werdenden Menschen , die dann noch mit dem Virus rumlaufen .
Und zum Schluss noch eine Frage generell zur EU . Wenn es Staaten gibt , die die Rechtsstaatlichkeit missachten und nicht demokratisch handeln , wäre ein Austritt für diese auch eine Option ?
Das ist eine sehr schwierige Frage . Was nicht geht , ist , dass wir sie rausschmeißen . Das sehen die Verträge nicht vor und das ist auch gut und richtig so . Man sollte die Bevölkerung nicht komplett in einen Topf werfen . Das sind Regierungen , die so handeln und wenn Wahlen kommen , dann kann sich die Lage auch ganz schnell wieder ändern . Austreten können sie allerdings . Das werden Polen oder Ungarn aber , denke ich , nicht tun , weil sie einfach Unmengen an EU-Geldern bekommen und ohne diese nicht den Lebensstandard halten könnten , den sie jetzt haben . Das würden die sich schon zweimal überlegen . Aber wir haben jetzt Ende letzten Jahres ein neues Instrument eingeführt , dass wir denen europäische Gelder vorenthalten können , wenn sie gegen Rechtsstaatlichkeit verstoßen . Das ist bisher nur noch nicht angewandt worden . Wir hoffen , dass die Kommission das bald tun wird .
Wir danken Ihnen ganz herzlich für dieses tolle Gespräch und dass Sie sich die Zeit genommen haben !
Vielen Dank , es hat mir sehr viel Spaß gemacht !
Katarina Barley (* 1968 ) ist eine deutsch-britische Politikerin und Juristin . Sie war von 2013 - 2019 Mitglied des Deutschen Bundestages . Seit Juli 2019 ist sie Abgeordnete des Europäischen Parlaments und dessen Vizepräsidentin . Zuvor war sie Bundesministerin für Familie , Senioren , Frauen und Jugend ( 2017-2018 ), zusätzlich geschäftsführende Bundesministerin für Arbeit und Soziales sowie Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz ( 2018-2019 ).
( Quelle : https :// de . wikipedia . org / wiki / Katarina _ Barley )
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