Die Geschichte des weißen Papiers
WENN ETWAS RAR WIRD, WAS
WIR TÄGLICH BRAUCHEN
Wer hätte gedacht, dass eine so kleine Rolle, so eine große Bedeutung bekommen könnte -
allein aus der Angst heraus, man bekommt keine mehr. Das Toilettenpapier zählt zu den
Produkten, die in diesen Tagen schwer erhältlich sind. Lediglich eine Packung ist in den
Supermärkten und Drogerien zu erwerben, wenn denn Toilettenpapier vorrätig ist. Aus diesen
Gründen haben wir einen Blick in die Geschichte geworfen, um herauszufinden, wie sich die
Menschen zu anderen Zeiten zu helfen wussten.
T EXT J ANNIS L ÜBBECKE
Die Reinigung des Hinterns und die
Verwendung von Toilettenpapier hat
eine lange Geschichte.
Vor langer Zeit hat man sich vor allem
in Asien, Afrika und den arabischen
Ländern den Hintern mit der linken
Hand und ganz viel Wasser
abgeputzt. Darum gilt die linke Hand
als „böse Hand“, mit der man nicht
essen und niemanden begrüßen
sollte. In Indien putzt man sich den Po
noch heute so ab!
Bevor das Toilettenpapier erfunden
wurde, hat man alles Mögliche für die
Säuberung des Hinterns verwendet:
Die Römer benutzten auf Stöckchen
aufgespießte Schwämmchen, die in
Salzwasser eingeweicht wurden. Die
Griechen benutzten flache Steine und
Tonscherben. Die Wikinger
verwendeten Muschelschalen und
Seetang.
Im Mittelalter hat sich in Europa das
einfache Volk den Hintern mit Moos,
Heu, Stroh, Fell, Blättern oder Gras
abgewischt. Sogar Federvieh, wie
Hühner und Gänse, sollen zum
Abwischen des Pos eingefangen und
nach Gebrauch wieder laufen
gelassen worden sein. Die Adligen
20
benutzten lieber Schafwolle oder
Spitzentücher (das französische
Königshaus sogar Seidentücher).
Diese Tücher mussten dann die
Waschfrauen in Bottichen mit dem
Waschbrett auswaschen.
Eskimos nahmen Tundra-Moos und
Schnee. In Südamerika benutzte man
die äußeren Blätter des Maiskolbens,
in den USA eingeweichte Maiskolben
und auf Hawaii Kokosnussschalen.
Auf Segelschiffen benutzte man die
dort vorhandenen Taue.
Das erste Toilettenpapier gab es in
China. Es wurde 1391 erstmals für
den Kaiser hergestellt. Ein Blatt war
einen halben Quadratmeter groß und
bestand aus Bambus. Später hat man
Lumpen aus Baumwolle hinzugefügt,
um es saugfähiger zu machen. Von
dem großen Blatt wurden kleine
Stücke abgerissen und benutzt.
1857 wurde in den USA von Joseph
Gayetty erstmals Toilettenpapier
industriell in einer Fabrik hergestellt.
Es bestand aus einzelnen Blättern, die
mit Aloe getränkt waren und aus einer
Schachtel entnommen wurden
(Gayetty`s Medicated Paper). Tausend
Blatt dieses Toilettenpapiers kosteten
einen Dollar, nach heutiger Kaufkraft
wären das ca. 25 Dollar!
1890 verkaufte die „Scott Paper
Company“ in Philadelphia das erste
Toilettenpapier auf Rollen, welches
aber noch unperforiert war.
In den 80er Jahren des 19.
Jahrhundert kam auch in England das
Toilettenpapier auf der Rolle auf den
Markt. Der dortige Hersteller war
genau wie der Hersteller Scott in den
USA schamhaft und bot das
Toilettenpapier nicht mit seinem
Namen an, sondern nannte es
„Papierlockenwickler“.
1928 schließlich gründete in
Ludwigsburg Hans Klenk die erste
deutsche Toilettenpapierfabrik
(„Hakle“). Das Toilettenpapier war aus
kratzigem Krepppapier, die Rolle hatte
tausend Blatt und alle Blätter waren
perforiert.
Erst Ende der 1950er Jahre kam das
in Amerika entwickelte weichere
Tissue-Papier nach Deutschland.
Zunächst bestand es aus zwei Lagen
und später gab es auch dreilagiges
und sogar vierlagiges Toilettenpapier
zu kaufen.
Rund 20.000 Blätter Toilettenpapier