SchollZ 12/2018 Nr. 21 | Page 22

DER VERLUST DER  JUNGFRÄULICHKEIT  Wie viel ist ein Mädchen wert?  Ein paar der wohl prominentesten Themen während des Erwachsenwerdens sind sicherlich  Jungfräulichkeit, Sex und was auch immer darauf folgt. Heutzutage kommt es immer früher zum  sogenannten Verlust der Jungfräulichkeit. Gründe dafür sind verschiedene: Das komplette  Ausgesetztsein der Medien im jungen Alter, der freiere und weniger konservative Umgang  mit Sexualität in der jetzigen Generation und der Trend, immer früher in die Pubertät zu  kommen, den die Evolution mit sich zu bringen scheint. Doch wie geht unsere Gesellschaft damit um? T EXT  E LENA  E DEN    Grundsätzlich lassen sich neben den  offenen, liberalen Standpunkten zwei  radikal gegenteilige Perspek ven  ausmachen. Es gibt die Par e, die  behauptet, die Jugend von heute  habe keine Ehre mehr, dass es  schandha  sei, in so jungem Alter  ak v Sex zu haben; in manchen  Fällen auch vollkommen zwanglos  und ungebunden sta  mit nur einem  Partner. Sta  zu respek eren, dass es  ganz bei den Individuen liegt, zu  entscheiden, was, wann und mit  wem sie etwas tun wollen. Der  „Verlust“ der Jungfräulichkeit wird  häufig, vor allem bei Mädchen, von  einem nega ven S gma begleitet. So  kann es vorkommen, das Mädchen  als „Schlampe“ bezeichnet werden.  Eine Bitch, eine Hoe, ein Mensch mit  weniger Wert, nur weil sie sich  entschlossen haben, einem  natürlichen Trieb nachzugehen.  Wobei unterschwellig o  die  Doppelmoral präsent ist, während  Mädchen Huren seien, wenn sie mit  22 SchollZ Jungen schlafen, seien Jungen  komple  frei in dem, was sie tun. Ein  paar wenige werden als Fuckboys  abgestempelt, jedoch eher, wenn sie  regelmäßig neue  Kurzzeitbeziehungen anfangen, als  wenn sie einfach nur ungebunden  mit verschiedenen Mädchen  schlafen. Es kommt sogar eher vor,  dass sie – je nach Freundeskreis –  dafür gefeiert werden. Wer  Geschichten parat hat und eventuell  Nacktbilder von Eroberungen  vorzeigen kann, ist König (kurz  angemerkt, das Besitzen oder  Verschicken von Nacktbildern von  Minderjährigen gilt als  Kinderpornographie, selbst, wenn es  die eigenen oder die des festen  Partners sind). Auf der anderen Seite gibt es  diejenigen, die Jungfräulichkeit mit  Minderwer gkeit gleichsetzen.  Jungen bekommen durch ihre  Freundeskreise und das Bild, das in  den Medien porträ ert wird, das  Gefühl, ak v werden zu müssen, um  besonders „maskulin“ zu sein,  dazuzugehören. Und Mädchen wird  o  eingeredet, sie seien nicht  besonders begehrenswert, nicht  hübsch genug und daher wertloser,  wenn sie anderen Jungen nicht ihren  Körper anbieten und ihnen regelrecht  den Kopf verdrehen.  Selbstverständlich gibt es auch  genügend Jungen und Mädchen, auf  die diese genannten Perspek ven  keinen Einfluss nehmen, die sich  glücklicherweise frei von solchen  Vorurteilen und Gruppenzwang für  oder gegen sexuelle Ak vität  entscheiden. Dennoch sollte man nicht außer Acht  lassen, wie noch heute der  angebliche „Verlust“ von  Jungfräulichkeit interpre ert und vor  allem dem weiblichen Teil der  Bevölkerung zur Last gelegt wird. Es  wird gesagt, eine Frau solle sich gut  überlegen, wen sie ihre  Jungfräulichkeit „nehmen“ lässt.