DER VERLUST DER
JUNGFRÄULICHKEIT
Wie viel ist ein Mädchen wert?
Ein paar der wohl prominentesten Themen während des Erwachsenwerdens sind sicherlich
Jungfräulichkeit, Sex und was auch immer darauf folgt. Heutzutage kommt es immer früher zum
sogenannten Verlust der Jungfräulichkeit. Gründe dafür sind verschiedene: Das komplette
Ausgesetztsein der Medien im jungen Alter, der freiere und weniger konservative Umgang
mit Sexualität in der jetzigen Generation und der Trend, immer früher in die Pubertät zu
kommen, den die Evolution mit sich zu bringen scheint.
Doch wie geht unsere Gesellschaft damit um?
T EXT E LENA E DEN
Grundsätzlich lassen sich neben den
offenen, liberalen Standpunkten zwei
radikal gegenteilige Perspek ven
ausmachen. Es gibt die Par e, die
behauptet, die Jugend von heute
habe keine Ehre mehr, dass es
schandha sei, in so jungem Alter
ak v Sex zu haben; in manchen
Fällen auch vollkommen zwanglos
und ungebunden sta mit nur einem
Partner. Sta zu respek eren, dass es
ganz bei den Individuen liegt, zu
entscheiden, was, wann und mit
wem sie etwas tun wollen. Der
„Verlust“ der Jungfräulichkeit wird
häufig, vor allem bei Mädchen, von
einem nega ven S gma begleitet. So
kann es vorkommen, das Mädchen
als „Schlampe“ bezeichnet werden.
Eine Bitch, eine Hoe, ein Mensch mit
weniger Wert, nur weil sie sich
entschlossen haben, einem
natürlichen Trieb nachzugehen.
Wobei unterschwellig o die
Doppelmoral präsent ist, während
Mädchen Huren seien, wenn sie mit
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SchollZ
Jungen schlafen, seien Jungen
komple frei in dem, was sie tun. Ein
paar wenige werden als Fuckboys
abgestempelt, jedoch eher, wenn sie
regelmäßig neue
Kurzzeitbeziehungen anfangen, als
wenn sie einfach nur ungebunden
mit verschiedenen Mädchen
schlafen. Es kommt sogar eher vor,
dass sie – je nach Freundeskreis –
dafür gefeiert werden. Wer
Geschichten parat hat und eventuell
Nacktbilder von Eroberungen
vorzeigen kann, ist König (kurz
angemerkt, das Besitzen oder
Verschicken von Nacktbildern von
Minderjährigen gilt als
Kinderpornographie, selbst, wenn es
die eigenen oder die des festen
Partners sind).
Auf der anderen Seite gibt es
diejenigen, die Jungfräulichkeit mit
Minderwer gkeit gleichsetzen.
Jungen bekommen durch ihre
Freundeskreise und das Bild, das in
den Medien porträ ert wird, das
Gefühl, ak v werden zu müssen, um
besonders „maskulin“ zu sein,
dazuzugehören. Und Mädchen wird
o eingeredet, sie seien nicht
besonders begehrenswert, nicht
hübsch genug und daher wertloser,
wenn sie anderen Jungen nicht ihren
Körper anbieten und ihnen regelrecht
den Kopf verdrehen.
Selbstverständlich gibt es auch
genügend Jungen und Mädchen, auf
die diese genannten Perspek ven
keinen Einfluss nehmen, die sich
glücklicherweise frei von solchen
Vorurteilen und Gruppenzwang für
oder gegen sexuelle Ak vität
entscheiden.
Dennoch sollte man nicht außer Acht
lassen, wie noch heute der
angebliche „Verlust“ von
Jungfräulichkeit interpre ert und vor
allem dem weiblichen Teil der
Bevölkerung zur Last gelegt wird. Es
wird gesagt, eine Frau solle sich gut
überlegen, wen sie ihre
Jungfräulichkeit „nehmen“ lässt.