´s Dorfblattl Haiming
Lebensbild - Hermann Raffl
Haiming ist dem reiselustigen
Hermann Raffl Heimat geblieben.
H
ermann Raffl ist weit herum-
gekommen in der Welt. Er
liebt es, abseits der Touristen-
pfade fremde Länder zu erkun-
den. Mit Flugzeug, Segelboot,
Zug oder Motorrad hat er schon
viele Winkel bereist und auch tol-
le Gebiete durchwandert. Reisen
bedeutet für ihn, zu erkennen,
wie die Menschen leben. Der
Abenteurer lag schon dem klei-
nen Buben im Blut.
Hermann Raffl kommt aus der
„Simelers-Wegleiter-Familie“,
seine Eltern waren Karolina und
Chrysanth Raffl, seine Schwe-
stern sind Hella Raffl und Dagmar
Mader. Von klein auf ein Aben-
teurer, marschierte Hermann als
fünfjähriger Bub zum Ötztaler
Bahnhof. „I mecht mit dem Zug
noch Sautens fohr’n“, erklärte
er dem Bahnbediensteten – der
den Buben unverrichteter Din-
ge wieder heimschicken musste.
„Aber ich hab’s probiert“, erzählt
er lachend.
Die Schule und das Lernen waren
seine Sache nicht. In der Haupt-
schule plagte er sich gemeinsam
mit den Lehrern und er kam ins
Internat nach Bad Goisern. „Das
war meine erste große Reise“, so
Raffl. Das anfängliche Heimweh
war hart, doch er habe mit dem
dortigen Drill und den klaren
Regeln gelernt, sich zu festigen.
Auf der Suche nach weiteren Auf-
gaben arbeitete er ein Jahr lang
im väterlichen Sägewerk und
ging dann den Eltern zuliebe in
die Handelsschule. In dieser Zeit
lernte er am Konservatorium das
Spielen der Trompete und lan-
dete so nach dem Grundwehr-
dienst bei der Militärmusik, statt
wie gewünscht bei den Gebirgs-
jägern. Nach dem Besuch der Sä-
gefachschule in Kuchl übernahm
er das Sägewerk des Vaters und
das Spargeschäft der Mutter am
Tränkeweg. Beide Elternteile und
seine Schwestern blieben in den
Betrieben tätig. Hermann über-
nahm das Spargeschäft an der
Oetzer Hauptstraße und baute
es zu einem der modernsten Ge-
schäfte Österreichs aus. Später
sollten dem noch die Sparge-
schäfte in St. Anton a. A. und in
Landeck folgen.
Schon immer war Hermann
sportlich, besonders als Fußbal-
ler, Schifahrer und Läufer. In der
Leichtathletik erwarb er das Tur-
nerabzeichen in Gold. Anfang der
70er Jahre machte Raffl den Pri-
vatpilotenschein für Sportflüge
in Innsbruck. Mit bei Fliegerclubs
gemieteten Maschinen für zwei
bis fünf Personen stieg er in die
Lüfte. Das hat ihn begeistert, er
sah vorerst Österreich und seine
Nachbarländer von oben. Später
kamen im Rahmen seiner Reisen
auch Binnenflüge auf anderen
Kontinenten dazu. Für weitere
Flugausbildungen zog es ihn in
die USA, als ausgebildeter Flug-
lehrer kam er zurück. In den Flie-
gerclubs diskutierte man anfangs
der 80er Jahre, ob es möglich sei,
mit einer einmotorigen Maschine
über den Atlantik zu fliegen. Der
Haiminger Hermann Raffl hat es
probiert und flog von Innsbruck
nach New York und zurück. Da-
mit hat sich Raffl einen Namen
als erstklassiger Pilot gemacht
und wurde ein gefragter Sicher-
heitspilot.
1986 folgte die Gründung seiner
Flugfirma „Sky Service“ hier in
Haiming (heute „Euram GmbH
Kematen) mit Berechtigung zur
Pilotenausbildung und zum Han-
del mit Flugzeugen und Flug-
zeugteilen. Man konnte Hermann
als Pilot für Fernreisen buchen.
Privat nahm Hermann Raffl viele
Haiminger und Vereinskollegen
mit in die Luft.
Dieses Berufsbild passte natürlich
gut zur großen Passion des Hai-
mingers, dem Reisen. Er war mit
den Jahren auf allen Kontinenten
und in unzählig vielen armen
und reichen Ländern der Welt zu
Gast. Er sprach viel mit den Men-
schen vor Ort und interessierte
sich immer für deren Leben. „Ich
war in den armen und reichen
Ländern, hab ganz unterschied-
liche Leute kennen gelernt. Nicht
ein einziges Mal wurde ich von
einem Menschen enttäuscht.
Mir wurde immer freundliche
Hilfsbereitschaft entgegen ge-
bracht. Nie wurde mir etwas
genommen, aber sehr, sehr viel
wurde mir gegeben.“ Dies zählt
Raffl zu seinen prägendsten und
schönsten Lebenserfahrungen.
1996 reiste Hermann Raffl
als Passagier mit einem Linien-
flugzeug in drei Monaten einmal
um die ganze Welt und konnte
auf den Fidschi-Inseln durch die
Zeitzonenverschiebung einen
Tag zweimal erleben.
Vor neun Jahren ging Raffl in Pen-
sion und machte mit dem Fliegen
Schluss, um fortan auf den Welt-
meeren zu segeln. Ein weiteres
Steckenpferd ist die Geschichte,
weshalb er auch die Stätten der
Wiege unserer Kultur wie etwa
in Griechenland mit Interesse
besucht.
Welche Erlebnisse sind Hermann
besonders in Erinnerung? „Ich
war in Indien an dem Ort, an
dem der große Friedensmann
Mahatma Gandhi ermordet
wurde. Mit meinen Kindern Ale-
xandra (Harasser) und Michaela
(Ofner) war ich im Elvis Presley
Museum Graceland in Memphis-
Tennessee. In den USA spazierte
ich ungeniert in den Garten des
Weißen Hauses, weil irrtümlich
eine Tür nicht verschlossen war
und löste einen beachtlichen
Schock bei den Sicherheitsleuten
aus. In Australien beeindruckte
die unermessliche Weite mit ge-
raden Straßen ohne Ende, ohne
Menschen und Fahrzeuge zu be-
gegnen. In Afrika ging ich zu Fuß
bei 40 Grad Hitze von Kapstadt
auf den Tafelberg und wurde mit
einem grandiosen Blick belohnt.
Aus dem südamerikanischen Bra-
silien sind vor allem das pulsie-
rende Leben, die Musik und die
Farben in Erinnerung.“
Was das Reisen betrifft ist noch
lange nicht aller Tage Abend. Im
Sommer wird gern das Motor-
rad gestartet, im Frühjahr und
im Herbst wird gesegelt und im
Winter findet man Hermann auf
der Schipiste. Hermann Raffl ist
heuer 70 Jahre alt geworden.
Bei allen Zielen, die er weltweit
bereist hat, ist ihm dennoch klar,
dass sein Heimatort Haiming im-
mer sein Hauptlandeplatz blei-
ben wird. (Text und 1 Foto: chris;
1 Foto Hermann Raffl)
Der 30jährige Hermann Raffl am Cockpit eines zweimotorigen Fliegers in
Miami.
Herbst 2019
Seite 13
Mit dem Motorsport-Flugzeug nach New York